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Parlamentarier gespalten

Im Rat hat sich Österreich ursprünglich lange für eine kleine Lösung ausgesprochen, also zwölf zusätzliche Richter. Wie das Bundeskanzleramt auf Nachfrage von ORF.at betonte, habe man lediglich auf einer Gleichbehandlung aller 28 Mitgliedsländer bestanden - also, dass nicht „Große“ ständig nominieren können, „Kleine“ aber nur zeitweise.

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Da die große Mehrheit der anderen EU-Länder auf einem eigenen zweiten Richter bestanden habe, habe Österreich letztlich im Rat der Verdoppelung der Richter zugestimmt. In Österreich hätte man das jedenfalls nicht so gemacht, umso mehr, als in der Zwischenzeit die Erledigungszahlen stark gestiegen seien, hieß es aus dem Bundeskanzleramt.

Die Aufstockung wird in drei Stufen und über mehrere Jahre verteilt erfolgen. Dabei hatte Österreich quasi „Pech“: Per Los wurde die Reihenfolge ermittelt - Wien ist unter den letzten Hauptstädten, die einen zweiten Richter beziehungsweise eine Richterin nominieren dürfen. Genau genommen ist es auch keine Verdoppelung: Denn im Gegenzug wird das ebenfalls am EuGH angesiedelte Gericht für den Öffentlichen Dienst der EU in das Europäische Gericht integriert und deren werden sieben Richter übernommen.

„Augen nicht verschließen“

Wenig dramatisch sieht der ÖVP-Europaabgeordnete Heinz Becker die Verdoppelung. Binnen drei Jahren sei die Arbeitsbelastung um etwa ein Drittel gestiegen. Auch wenn Mehrkosten stets unpopulär seien, dürfe man „die Augen nicht verschließen“ angesichts der großen Bedeutung des EuGH. Langfristig seien der Bedarf an 28 zusätzlichen Richtern jedenfalls „nicht unrealistisch“. Die ÖVP unterstützt auch die verpflichtende Frauenquote.

Für die SPÖ-Abgeordneten machte deren Delegationsleiterin Evelyn Regner klar, dass sie dem Kompromiss zustimmen werden. Auch die Grünen werden mit Ja votieren, auch wenn deren Delegationsleiterin, Vizepräsidentin Ulrike Lunacek die Verdoppelung als überhöht ansieht. Den Ausschlag dafür habe vor allem die 50:50-Quote gegeben, „die auch in allen anderen EU-Institutionen eingeführt und umgesetzt“ gehöre. Das „28-fache Schachern der EU-Mitgliedsstaaten um Posten und Positionen“ gehöre dagegen „schleunigst abgeschafft“.

„Verdoppelung nicht nötig“

Die Delegation der Freiheitlichen lehnt dagegen sowohl die Verdoppelung der Richter als auch eine verpflichtende Quote ab. Der Rückstau an Fällen sei schon größtenteils abgearbeitet, eine Verdoppelung daher nicht nötig. Eine verpflichtende Quote lehnen die freiheitlichen EU-Abgeordneten ab, weil es „nicht sein kann, dass man die Richter nach rein geschlechtsspezifischen Merkmalen wählt“. Hier sollten ausschließlich Fähigkeiten und Kompetenzen den Ausschlag geben.

Angelika Mlinar, EU-Abgeordnete von NEOS und Mitglied der ALDE-Fraktion, wird ebenfalls gegen die Verdoppelung stimmen: Diese sei sachlich nicht zu rechtfertigen und würde „nur nationalstaatliche Befindlichkeiten berücksichtigen“. Die Quote betreffend betonte Mlinar: „Ich unterstütze die Forderung nach mehr Frauen und sehe hier dringenden Handlungsbedarf.“ Allerdings zweifelt sie daran, dass die verpflichtende Quote mehr als eine Absichtserklärung sein wird. Die juristischen Dienste des Parlaments und der Kommission hätten diese nämlich als mit dem Diskriminierungsverbot nicht vereinbar eingestuft.

Guido Tiefenthaler, ORF.at, aus Brüssel

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