Mehrere Zusammenstöße
Zwischen 15.000 und 20.000 Anhänger der fremden- und islamfeindlichen Organisation PEGIDA haben in Dresden an einer Kundgebung anlässlich des ersten Jahrestages der Gruppe teilgenommen. Zwischen 15.000 und 19.000 Menschen fanden sich gleichzeitig zu Gegendemonstrationen ein.
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Teilweise standen beide Lager einander in der Dresdner Altstadt in Sicht- und Hörweite gegenüber. Die Polizei sprach von einer „emotionsgeladenen“ Situation. Über fast drei Stunden wandten sich Redner der fremdenfeindlichen Bewegung vor der Semperoper gegen Asylwerber und demokratische Parteien. Bei einer Rede von Mitorganisator Lutz Bachmann skandierten zahlreiche Teilnehmer der Kundgebung „Merkel muss weg“, „Volksverräter“ oder auch „Abschieben“. Nach einer Stunde sprachen Redner von der PEGIDA-Bühne noch davon, dass Angehörige anderer Länder angeblich besser behandelt werden als Einheimische. Die Anhänger skandierten „Widerstand“.

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Tausende versammelten sich vor der Rednerbühne
Videos wurden gezeigt. Neben vielen Deutschland-Fahnen sichteten Reporter Flaggen, die ein Philippuskreuz in Schwarz-Rot-Gold zeigen. Die Fahne war ein Entwurf für eine künftige deutsche Nationalflagge nach dem Ende des NS-Regimes, erdacht von dem Christdemokraten Josef Wirmer. Ein Demonstrant führte ein Plakat mit einer Fotomontage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer naziähnlichen Militäruniform mit.
Viele gegen PEDIGA auf der Straße
Bereits vor Beginn der Kundgebung hatten sich unter der Leitung des Bündnisses „Herz statt Hetze“ Tausende Menschen zu Gegendemonstrationen zusammengefunden. Von verschiedenen Richtungen zogen vier Demonstrationszüge - Schätzungen der Studenteninitiative „Durchgezählt“ zufolge zwischen 14.000 und 19.000 Menschen - sternförmig in die Altstadt, wo die Kundgebung stattfand.

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Die Polizei trennt PEGIDA und Gegendemonstranten
Ein Schwerverletzter
Die angespannte Situation zwischen den sich gegenüberstehenden Parteien entlud sich in Rangeleien, bei denen unter anderem Böller geworfen wurden. Wer sie geworfen hatte, war zunächst unklar. Laut Polizeiangaben wurde ein Mann schwer verletzt. Der Mann sei auf dem Weg zur Kundgebung der islamfeindlichen Bewegung am Theaterplatz angegriffen worden, sagte ein Polizeisprecher. Dass dabei eine Eisenstange benutzt wurde, wie es in einem Bericht der „Sächsischen Zeitung“ hieß, schloss er aus.
Es habe mehrere Angriffe von Gegendemonstranten auf Polizeibeamte gegeben, sagte der Sprecher. Die Polizisten hätten daraufhin Pfefferspray eingesetzt. Als die Polizei versuchte, eine Demonstration von PEGIDA-Gegnern zurückzudrängen, wurde sie von hinten mit Pyrotechnik angegriffen, wie dpa-Reporter beobachteten. Mehrere Böller wurden auf Polizisten geworfen. Ob es Verletzte gab, war zunächst unklar. Auch ein Journalist wurde nach einem Bericht der „Sächsischen Zeitung“ angegriffen.
Polizei fuhr mit Wasserwerfern auf
Trotz massiver Präsenz hatte die Polizei Mühe, die Menschenmengen getrennt zu halten. Schwer geschützte Beamte führten PEGIDA-Anhänger am Landtag entlang an der Elbe raus aus dem Zentrum. Wasserwerfer waren aufgefahren, kamen aber zunächst nicht zum Einsatz. Die sächsische Polizei war nach den Worten des sächsischen Innenministers Markus Ulbig (CDU) auf einen Großeinsatz vorbereitet. „Wir sind mit mehr als 1.000 Beamten im Einsatz, wir haben die Hilfe von sechs Bundesländern und der Bundespolizei“, sagte Ulbig. Er zeigte sich erfreut über die vielen Gegendemonstranten. Die sächsische Staatsregierung hatte alle Demonstrationsteilnehmer zu Gewaltlosigkeit aufgerufen.
Deutsche Politiker bei Gegendemonstration
Mehrere Mitglieder der deutschen Regierung beteiligten sich an den Gegenprotesten. Die Grünen-Chefin Simone Peter rief bei einer Kundgebung auf dem Altmarkt dazu auf, die Flüchtlinge in Deutschland als Bereicherung zu sehen. „Wir wollen ein weltoffenes Deutschland“, sagte sie. Ein Vertreter der Gruppe „Chemnitz Nazifrei“ erklärte: „PEGIDA lässt auch andere rechte und rechtsextreme Gruppen erstarken.“ Die Situation für Flüchtlinge und ihre Unterstützer werde immer gefährlicher. Zuvor hatten Politiker über Parteigrenzen hinweg vor Hass in der Asyldebatte gewarnt. Justizminister Heiko Maas (SPD) begrüßte die Gegenproteste im Kurznachrichtendienst Twitter als „wichtiges Zeichen für Demokratie“.
Die Semperoper, vor der sich am Abend über hundert Anhänger der Bewegung versammelt hatten, empfing das PEGIDA-Bündnis mit einer elektronischen Leinwand. Im Wechsel hieß es dort: „Wir sind kein Bühnenbild für Fremdenhass“ und „Wir sind keine Kulisse für Intoleranz“.

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Zahlreiche kamen mit Flaggen und Schildern
Proteste auch in München
Mehrere 100 Menschen haben auch in München gegen einen Aufmarsch von Anhängern der fremdenfeindlichen PEGIDA-Bewegung protestiert. Nach Angaben der Polizei gingen rund 600 Gegendemonstranten auf die Straße. Auf PEGIDA-Seite hätten sich rund 250 Teilnehmer versammelt, teilte ein Polizeisprecher weiter mit.
Unter lauten Pfiffen der Gegendemonstranten zogen die PEGIDA-Anhänger auch zum Platz für die Opfer des Nationalsozialismus und legten dort einen Kranz nieder. Ein massives Polizeiaufgebot von rund 370 Beamten trennte die beiden Lager voneinander.
Ermittlungen wegen Galgenattrappe
Die PEGIDA-Demonstrationen starteten vor einem Jahr. Der Name steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Seit der Zuspitzung der Flüchtlingskrise verzeichnen die Organisatoren wieder einen stärkeren Zulauf.
Für Aufsehen sorgten in der vergangenen Woche zwei Galgenattrappen, die bei der Demonstration gezeigt wurden und für Kanzlerin Angela Merkel und Vizekanzler Sigmar Gabriel bestimmt waren. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt deswegen unter anderem wegen einer mutmaßlichen Aufforderung zu Straftaten.
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