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Flüchtlinge stauen sich an den Grenzen

Nach der partiellen Schließung der Grenzen durch Slowenien und Kroatien hat sich am Montag die Lage auf der Balkan-Route dramatisch zugespitzt. Tausende Menschen mussten sich im Dauerregen vor den Grenzübergängen in Serbien Richtung Kroatien und in Kroatien Richtung Slowenien gedulden. Die Sprecherin des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) sprach von einem „Vorhof zur Hölle“.

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Rund 2.000 Flüchtlinge mussten am Montag am serbischen Übergang Berkasovo ganz im Westen des Landes an der Grenze zu Kroatien in strömendem Regen auf freiem Feld ausharren, weil Kroatien die Grenze dichtgemacht und nur wenige Menschen durchgelassen hatte. Der Grund: Bei der Ausreise aus Kroatien in Richtung Slowenien warteten schon andere Tausende, weil Slowenien auch nur einen kleinen Teil von ihnen in Richtung Österreich weiterreisen ließ.

Flüchtlinge im serbischen Dorf Berkasovo

APA/AFB/Andrej Isakovic

Tausende harren an den Grenzen aus

Auf den matschigen Feldwegen versuchten die durchgefrorenen und durchnässten Menschen, sich mit Planen und Decken vor Regen und Kälte halbwegs zu schützen. Entweder lasse man die Flüchtlinge die Grenze passieren, oder in Serbien müssten Unterkünfte für sie gefunden werden, wurde Sunjic von Medien in Belgrad zitiert. An der Grenze würden unvorstellbare Zustände herrschen, Hilfsorganisationen wären gar nicht in der Lage, die Flüchtlinge entsprechend zu versorgen, sagte die UNHCR-Sprecherin.

UNHCR warnt vor Verschlimmerung

Und die Lage könne noch viel schlimmer werden, warten das UNHCR. Denn am Vortag waren aus Griechenland und Mazedonien rund 10.000 neue Flüchtlinge nach Serbien eingereist. Dass einige Staaten ihre Grenze vorübergehend schließen, erzeuge einen „Flickenteppich“ und „Flaschenhälse“, so Sunjic: „Es muss eine geordnete europäische Lösung her.“

Flüchtlinge im Regen

APA/AFP

Durchgefrorene und durchnässte Menschen warten auf die Weiterreise

Davon war am Montag jedoch nicht viel zu spüren. Die slowenische Innenministerin Vesna Györkös Znidar kritisierte Kroatien, deutlich mehr Flüchtlinge an die gemeinsame Grenze zu transportieren, als das Land verkraften könne. Ljubljana könne nicht mehr als 2.500 Flüchtlinge am Tag nach Österreich durchschleusen. Kroatien hingegen kritisierte Slowenien, nur einen Teil der täglich im Schnitt 5.100 Flüchtlinge durchzulassen. Als „Hauptschuldigen“ bezeichnete der kroatische Innenminister Ranko Ostojic Griechenland.

Flüchtlinge vor der slowenischen Grenze

APA/AP/Darko Bandic

In Slowenien und Kroatien verschärft sich die Lage

Kroatien kündigte unterdessen an, auch weiterhin ankommende Flüchtlinge Richtung Slowenien zu bringen. Premier Zoran Milanovic wies die Kritik der slowenischen Innenministerin zurück und sagte, dass er mit seinem slowenischen Amtskollegen Miro Cerar regelmäßig kommuniziere und alles mit Slowenien abgesprochen sei. „Ich habe von Anfang an gesagt, dass Kroatien kein Hotspot wird“, so Milanovic laut Nachrichtenagentur HINA. Slowenien, das in der Rolle eines Transitlands noch neu sei, werde „begreifen, dass man die Menschen aufnehmen und weiterleiten muss, andernfalls werden die Menschen beginnen, unkontrolliert einzureisen“.

Wieder Hunderte in der Steiermark angekommen

Das slowenische Innenministerium hatte zudem in der Nacht auf Montag mitgeteilt, dass Österreich bis auf Weiteres keine Flüchtlinge mehr aufnehme. Das wurde von österreichischer Seite umgehend dementiert. An den „laufenden Grenzübertritten“ werde sich nichts ändern, hieß es aus dem Innenministerium. Tatsächlich trafen am Montag Hunderte Flüchtlinge aus Slowenien in Spielfeld und Bad Radkersburg ein. Im burgenländischen Nickelsdorf kamen indes seit Sonntag keine Flüchtlinge mehr aus Ungarn ein, das die Grüne Grenze zu Kroatien geschlossen hatte.

Grenzkontrollen bis 4. November verlängert

Laut einer Verordnung des Innenministeriums werden die Grenzkontrollen in Österreich mindestens bis 4. November andauern. In einem Schreiben an die EU-Kommission wurde betont, dass sich die Intensität der Kontrollen weiterhin „auf das für die Sicherheit notwendige Ausmaß“ beschränken werde. Die Maßnahme sei aufgrund des „enormen Zustroms“ von Drittstaatenangehörigen notwendig, um nicht eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit sowie eine Überlastung der Exekutive, der Rettungsdienste und der öffentlichen Infrastruktur zuzulassen.

Karte zu Flüchtlingsrouten

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Zwischen 5. September und 8. Oktober seien an der südöstlichen Landesgrenze 238.485 Personen aufgegriffen worden, von denen 9.017 einen Antrag auf öffentlichen Schutz gestellt hätten, werden die Grenzkontrollen auch mit Zahlen verteidigt. Erstmals war eine entsprechende Verordnung am 16. September in Kraft getreten. Diese wurde nach zehn Tagen um weitere 20 Tage verlängert, womit die Kontrollen ohne Verlängerung Mitte Oktober ausgelaufen wären. Nach der Entscheidung Deutschlands, die eigenen Kontrollen fortzusetzen, zog Österreich kurz danach nach.

Appell der EU-Kommission

Die EU forderte Slowenien Kroatien und Ungarn am Montag zur Zusammenarbeit beim Grenzmanagement auf. Eine Sprecherin von EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos sagte am Montag in Brüssel, die EU-Behörde prüfe, ob diese Länder europäische Asylregeln auch einhalten würden. So müssten Verpflichtungen wie die Registrierung und Abnahme von Fingerabdrücken erfüllt werden.

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