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Slowenien rückt wieder in den Fokus

Seit Mitternacht ist die Grenze zwischen Ungarn und Kroatien abgeriegelt. Das verlagert die Routen der Schutzsuchenden: Die Regierung in Zagreb erklärte, Flüchtlinge nach Slowenien bringen zu wollen. Erste Busse erreichten am Samstagvormittag die Nordostgrenze. Beide Länder deuteten zuvor an, die Flüchtlinge nicht aufhalten zu wollen, solange sie nach Deutschland und Österreich weiterreisen.

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Am Samstag rechnete man mit der Ankunft von 1.800 Menschen in Slowenien. Slowenien wollte die Flüchtlinge, die seit Samstagmorgen aus Kroatien ankommen, in Unterkünfte in der Nähe zur österreichischen Grenze zu bringen. „Die Flüchtlinge werden heute in den Unterkünften in Sentilj (Spielfeld an der österreichischen Seite, Anm.) und Gornja Radgona (Bad Radkersburg) untergebracht“, sagte der Zivilschutzkommandant Srecko Sestan laut dem Privatsender POP TV.

Die ersten Flüchtlinge kamen am Samstag bereits in Sentilj an und begaben sich laut Berichten zur österreichischen Grenze - mehr dazu in steiermark.ORF.at. Insgesamt rechnet die Polizei in der Steiermark mit bis zu 4.000 Flüchtlingen am Wochenende. Auch in Kärnten ist man vorbereitet, die Grenzkontrollen wurden verstärkt, rund 1.500 Plätze bieten die Notquartiere - kaernten.ORF.at.

Ungarn rechtfertigt Grenzschließung

Unmittelbar vor der Grenzschließung zu Kroatien reisten am Freitag nach Angaben der ungarischen Polizei noch rund 6.300 Flüchtlinge aus dem Nachbarland ein. Seit dem 1. Jänner seien in Ungarn insgesamt 389.779 illegal eingereiste Menschen gezählt worden, von denen die meisten inzwischen nach Westeuropa weitergereist seien, teilte die Polizei am Samstag in Budapest mit.

Ungarn rechtfertigte die Grenzschließung noch in der Nacht auf Samstag: Das Land sei dazu verpflichtet, seine Grenzen und damit zugleich die Schengen-Grenze vor illegalen Übertritten zu schützen, erklärte Regierungssprecher Zoltan Kovacs bei einer Pressekonferenz im ungarisch-kroatischen Grenzort Zakany.

„Mechanismus für Grenzschutz“

Mit diesem Ziel habe Ungarn ab Mitternacht die Grenze zu Kroatien geschlossen und damit einen „Mechanismus für Grenzschutz und Grenzkontrolle“ eingeführt, der sich bereits an der ungarisch-serbischen Grenze bewährt habe, erklärte er. Die illegale Überwindung der Grenzsperre an der kroatischen Grenze und deren Beschädigung gelten seit Mitternacht (wie im Falle der ungarisch-serbischen Grenze) als Straftat und werden ab sofort mit Haftstrafen geahndet.

Ungarischer Regierungssprecher Zoltan Kovacs

APA/AFP/Attila Kisbenedek

Regierungssprecher Kovacs: Ungarn zu Grenzschutz verpflichtet

Kovacs erinnerte an den Beschluss des ungarischen Kabinetts für Nationale Sicherheit, das am Freitagnachmittag angesichts des starken Zuzugs von Flüchtlingen über die Westbalkan-Route die Schließung der ungarisch-kroatischen Grenze angeordnet hatte. Entlang dieser seien zwei Transitzonen eingerichtet worden. Hier würden Migranten registriert und könnten Asylanträge stellen, erklärte er.

György Bakondi, Chefberater von Premier Viktor Orban, erinnerte auf der Pressekonferenz daran, dass am Freitag rund 6.000 Flüchtlinge über die kroatische Grenze nach Ungarn gekommen seien. Die regulären Übergänge an Ungarns Schengen-Außengrenze zu Kroatien sind von der Abriegelung nicht betroffen, dort sollen jedoch strenge Kontrollen erfolgen, hieß es bereits vor der Grenzschließung.

Ungarn führt Grenzkontrollen zu Slowenien ein

Jedoch führe Ungarn vorübergehend erneut Grenzkontrollen an der ungarisch-slowenischen Grenze ein, zitierte die ungarische Nachrichtenagentur MTI am Samstag Außenminister Peter Szijjarto. Diese erneute Kontrolle der Grenze zwischen den beiden Schengen-Staaten erfolge innerhalb des Rahmens, der durch das Schengen-Abkommen geboten werde, so Szijjarto.

Karte zu Flüchtlingsrouten am Balkan

Grafik: Map Resources/ORF; Quelle: iMap

Laut Information der ungarischen Regierung wurde mit dem Transport jener „illegalen Einwanderer“ an die slowenisch-ungarische Grenze begonnen, die wegen der Schließung der ungarisch-kroatischen grünen Grenze um Mitternacht nicht mehr über die kroatische Grenze nach Ungarn gelangen konnten. So begründete der Minister die Entscheidung über die neuen Grenzkontrollen zu Slowenien.

Route „einzige Alternative“ für Flüchtlinge

Slowenien stoppte inzwischen erneut den Personenzugverkehr zwischen den beiden Ländern. Die kroatische Außenministerin Vesna Pusic betonte unterdessen, dass sich Kroatien mit Slowenien darüber absprechen werde, „wie viele Flüchtlinge sie in einem gewissen Zeitraum aushalten können“.

Kroatien habe nicht vor, die Flüchtlinge weiter nach Ungarn zu schicken, das an der Grenze zwei Transitzonen einrichtete, wo Flüchtlinge Asyl beantragen könnten. Ostojic lehnte eine solche Möglichkeit ab: „Wir spielen nicht mit den Menschen“, sagte der Minister. Die Flüchtlinge werde man darauf hinweisen, dass sie an den ungarischen Grenzübergängen Asyl beantragen können, das aber auch bedeute, dass sie dort bleiben müssen.

Nach der Schließung der ungarischen Grenze sei die Route über Slowenien für die Flüchtlinge „die einzige Alternative auf ihrem Weg Richtung Westen“, sagte Pusic am Freitagabend zum öffentlich-rechtlichen Sender HRT. „Solange Deutschland seine Grenze nicht geschlossen hat und diese Menschen durch Österreich gehen können, wird sich das so fortsetzen.“ Sollten aber die beiden Länder ihre Grenzen schließen, dann wird auch Kroatien das machen müssen. „Dann gibt es keine Alternative“, betonte die Außenministerin.

Alles vom Vorgehen Deutschlands abhängig

Slowenien macht damit seine weiteren Handlungen von Deutschland und Österreich abhängig. Das erklärte Außenminister Karl Erjavec zuvor in Ljubljana: Solange die beiden Länder ihre Türen für die Flüchtlinge offen ließen, wolle ihnen auch Slowenien die Durchreise ermöglichen. Vom österreichischen Amtskollegen Sebastian Kurz (ÖVP) habe Erjavec zudem die Bestätigung bekommen, dass Österreich keine Maßnahmen treffen werde, solange Deutschland bei der bisherigen Vorgangsweise bezüglich der Flüchtlinge bleibt.

Im September war Slowenien bereits - für weniger als eine Woche - mit vergleichsweise hohen Flüchtlingszahlen konfrontiert gewesen. Damals war der Großteil der Menschen über den Südosten des Landes eingetroffen. Diesmal scheint die Route eher über den Nordosten Sloweniens zu verlaufen. Von dort ist auch die Entfernung zu Österreich kleiner.

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