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„Hätten uns das nicht vorstellen können“

Mit einem Aufruf zu Demut, Veränderungswillen und Durchhaltevermögen hat die Führung des VW-Konzerns am Donnerstag ihre Topmanager auf die Bewältigung des Abgasskandals eingeschworen. Bei dem Treffen in Leipzig ging Vorstandsboss Matthias Müller mit seinem Vorgänger Martin Winterkorn und dessen legendärem Kontrollzwang hart ins Gericht.

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„Was die Produkte selbst betrifft, habe ich definitiv nicht vor, in Details von Produktentscheidungen einzugreifen. Ob eine Frontscheibe ein Grad steiler steht oder nicht - damit will und werde ich mich nicht befassen“, sagte Müller vor 400 Führungskräften, wie Teilnehmer berichteten. Müller war bis zu Winterkorns Rücktritt in der Abgasaffäre an der Spitze der VW-Tochter Porsche gestanden.

„Will Ihnen mehr Verantwortung geben“

Das Ziel für VW sei nun, nicht nur zu alter Stärke zurückzufinden, sondern eben auch zu neuer. Der Skandal müsse von allen als eine Chance zur Veränderung begriffen werden. Demut sei ein Gebot der Stunde. In dem Veränderungsprozess gehe es „darum, die Verantwortung für unser Unternehmen breiter zu verteilen. Ich will Sie als Topmanagement stärken und Ihnen mehr Freiraum für Entscheidungen geben“, sagte Müller. Freiraum heiße dann aber auch Verantwortung.

Müller und VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh schrieben am Donnerstag auch der Belegschaft. „Wir hätten uns nicht vorstellen können, dass es zu solchen absurden Manipulationen kommen kann. Aufsichtsrat, Vorstand und Betriebsrat treiben mit allem Nachdruck die rasche und schonungslose Aufklärung voran. (...) Diese Vorgänge werden lückenlos aufgeklärt - dafür stehen auch wir beide persönlich und gemeinsam ein.“ Das Gebot der Stunde sei es, die Weichen so zu stellen, dass sich ein vergleichbarer Skandal niemals wiederhole.

„Dazu gehört, dass wir Kritik, die jetzt auch öffentlich zum Beispiel an Führungsstrukturen, fehlender Offenheit oder am Umgang mit Problemen geübt wird, zulassen und konstruktiv damit umgehen.“ Gleichzeitig bekannte sich Müller zum Erfolgsfaktor der bei VW ungewohnt starken Arbeitnehmermitbestimmung. Die Sozialpartnerschaft bei Volkswagen infrage zu stellen, „weisen wir strikt zurück“.

Einsparungen für Finanzpolster

Der neue Konzernfinanzchef Frank Witter verdeutlichte in Leipzig die drei großen finanziellen Risikoblöcke, vor denen der Konzern steht: Rückrufkosten, mögliche Strafzahlungen und teure juristische Auseinandersetzungen. Maximalsummen dazu nannte er nicht. Es gelte nun, an allen Ecken mit Einsparungen für Finanzpolster zu sorgen.

Der deutsche Zwölfmarkenkonzern war jahrelang von einem Rekord zum nächsten geeilt und hatte im Sommer den japanischen Konkurrenten Toyota als weltgrößten Autohersteller abgelöst. Ende September musste VW manipulierte Abgaswerte bei Dieselfahrzeugen in den USA einräumen. Die Affäre wuchs sich zum größten Skandal der Unternehmensgeschichte aus. Es drohen Milliardenkosten.

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