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Routen führen über Bürgerkriegsgebiet

Die von Russland im syrischen Bürgerkrieg eingesetzten Marschflugkörper alarmieren einem Medienbericht zufolge Luftfahrtorganisationen und Fluglinien. Das russische Militär feuerte vor wenigen Tagen erstmals von Kriegsschiffen im Kaspischen Meer aus Raketen auf Ziele in dem Bürgerkriegsland.

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Die Europäische Agentur für Luftfahrtsicherheit (EASA) veröffentlichte anschließend eine Sicherheitsinformation für Fluggesellschaften, die den Luftraum über dem Kaspischen Meer, dem Iran und dem Irak nutzen. Einige viel beflogene Routen von Europa in den Mittleren Osten und in den Süden Asiens führten durch dieses Gebiet, berichtete die deutsche Zeitung „Die Welt“.

Im Juli 2014 war eine Passagiermaschine der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 über dem ukrainischen Kriegsgebiet Donbass abgeschossen worden. An Bord waren 298 Menschen. Die Hintergründe der Katastrophe sind noch nicht restlos aufgeklärt. Wie die Zeitung berichtete, habe die EASA in ihrem Hinweis noch keine speziellen Empfehlungen ausgesprochen. Sie werde diese jedoch entsprechend ergänzen, wenn sie weitere Informationen zur Lage in der betroffenen Region erhalte.

Angespanntes Warten

Air France traf auf Empfehlung ihrer eigenen Sicherheitsdirektion bereits spezielle Vorkehrungen für den Überflug des Iran und des Kaspischen Meeres. Aus Sicherheitsgründen wollte die Airline der „Welt“ zufolge jedoch keine weiteren Einzelheiten nennen. Eine Lufthansa-Sprecherin sagte der Zeitung, nach aktuellen Erkenntnissen bestehe keine Erfordernis, auf alternative Routen auszuweichen. Aber grundsätzlich sei die Lage volatil.

Russisches Engagement seit Ende September

Ähnlich äußerte sich Air Berlin. Die Fluglinie überfliegt auf dem Weg nach Abu Dhabi den Iran, ist dort aber nach Angaben einer Sprecherin mit „genügend Flughöhe“ unterwegs. Es gebe „momentan keine Veranlassung“, die Route zu ändern, betonte sie. Das Unternehmen stehe in engem Austausch mit den Behörden und beobachte die Lage „sehr genau“.

Russland engagiert sich seit Ende September militärisch in dem Bürgerkrieg in Syrien. Seitdem greifen vor allem russische Kampfflugzeuge Ziele in dem Land an. Die Regierung in Moskau gibt an, Extremisten wie die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu bombardieren.

Die USA und andere Staaten kritisieren, dass Russlands Luftwaffe weniger den IS als vielmehr andere Regimegegner angreift, um den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad an der Macht zu halten. Russlands Präsident Wladimir Putin warf den USA und den europäischen Mächten vor, sie redeten bloß über den Kampf gegen Terrorismus. Resultate seien aber nicht zu sehen, sagte er in einem Fernsehinterview.

Erfolge gegen Al-Nusra-Front vermeldet

Unterstützt von russischen Luftangriffen erzielte unterdessen die syrische Armee Geländegewinne gegen ihre Gegner. Sie eroberte die strategisch wichtigen Orte Tel Skak und Atschan in der zentralen Provinz Hama zurück, wie die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in England bereits am Samstag mitteilte.

Die Einnahme der Städte sei für die Regierungstruppen wichtig, da sie dadurch näher an die Stadt Chan Scheikun rücken, eine Hochburg des Al-Kaida-Ablegers Al-Nusra-Front in der Provinz Idlib. Die Al-Nusra-Front hatte die Stadt 2014 eingenommen. Dadurch erlangte sie Kontrolle über einen Teil einer Schnellstraße, die die Hauptstadt Damaskus mit der Mitte und dem Norden des Landes verbindet.

Die Regimekräfte setzten auch am Sonntag ihren Vormarsch in Hama fort. Nach Angaben der Beobachtungsstelle eroberten sie zusammen mit Hisbollah-Einheiten aus dem Libanon die Stadt al-Bahsa im Nordwesten der Provinz von islamistischen Rebellen zurück. Die syrische Armee und ihre Verbündeten hatten am Mittwoch eine Großoffensive gegen Rebellen in den Vororten der Provinzhauptstadt Hama gestartet. Unterstützt werden sie von der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah und Russland.

Kurden bilden militärische Allianz

Wie am Montag bekanntwurde, schlossen sich zudem mehrere syrische Milizen zu einem neuen Militärbündnis zusammen. Zu der Allianz Demokratische Kräfte Syriens gehören neben den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) unter anderem Einheiten der moderaten Freien Syrischen Armee (FSA), wie die Beobachtungsstelle am Montag erklärte.

Das Bündnis werde von dem Bündnis westlicher und sunnitisch-arabischer Staaten unterstützt, das unter Führung der USA seit mehr als einem Jahr IS-Ziele in Syrien aus der Luft angreift. Ziel sei es, die nordsyrische Stadt al-Rakka aus den Händen der Extremisten zu befreien. Sie gilt als heimliche Hauptstadt des IS in Syrien. Die kurdischen Volksschutzeinheiten sind die stärkste Kraft des neuen Bündnisses. Die Milizen hatten in den vergangenen Monaten bereits größere Gebiete der Terrormiliz abgenommen. Unter anderem vertrieben sie den IS aus der Grenzstadt Kobane (arabisch: Ain al-Arab).

Dutzende neue Luftangriffe

Das russische Verteidigungsministerium berichtete am Wochenende über Dutzende neue Luftangriffe in Syrien. Mehr als 60 Ziele in den Provinzen Hama, Latakia, Idlib und Rakka seien getroffen worden, sagte Generalmajor Igor Konaschenkow am Sonntag in Moskau. Alle Jets kehrten Moskauer Angaben zufolge heil von ihren Einsätzen zurück. Wie in allen Moskauer Stellungnahmen rechnete Konaschenkow die Angriffsziele dem IS zu. Das von den syrischen Truppen eroberte Atschan nannte er als ein Ziel, dort sei ein Munitionslager getroffen worden.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wurde in Syrien auch hochentwickelte russische Streumunition eingesetzt. Hinweise darauf seien in dem Dorf Kafr Halab nahe Aleppo nach einem Luftangriff vor einer Woche gefunden worden, teilte HRW am Sonntag mit. Unklar sei noch, ob die Munition von russischen oder syrischen Einheiten eingesetzt wurde.

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