Mitterlehner: „Stimmige Neuaufstellung“
ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel ist Montagnachmittag vom Landesparteivorstand der Wiener Volkspartei mit 95,7 Prozent der Stimmen zum geschäftsführenden Obmann gewählt worden. Das gab der scheidende Parteichef Manfred Juraczka nach der Sitzung gemeinsam mit Blümel bekannt.
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Formal vollzogen wird die Übergabe Anfang 2016 beim Landesparteitag, Blümel führt aber ab sofort die Geschäfte. „Das ist eine große Aufgabe. Ich freue mich“, sagte er in einer Pressekonferenz nach der Sitzung.
Blümel sieht großes Potenzial
Blümel versprühte in der Pressekonferenz Zuversicht. „Das Schöne an der Aufgabe ist: Das Einzige, was man falsch machen kann, ist, zu wenig Mut zu haben.“ Das Potenzial für die ÖVP in Wien sei, wenn sie eine echte bürgerliche Politik betreibe, „wirklich groß“. Das sei auch notwendig, denn wenn die ÖVP im Bund wieder erfolgreich sein wolle, müsse sie das auch in Wien sein. Dafür müsse sich nicht nur personell, sondern strukturell etwas in der Landespartei ändern.
Für programmatische Überlegungen war es Blümel noch zu früh. Mehrmals verwies er darauf, dass er ja erst seit einigen Minuten seinen neuen Posten innehabe. Zur Frage, ob es sich bei seinem neuen Job nicht um eine Strafversetzung oder ein Himmelfahrtskommando handle, meinte er: „Das ist genau der Punkt, der mich so reizt.“ In Sachen Koalition oder Opposition in Wien merkte Blümel an, dass es immer um die eigenen Inhalte gehe. Verbiegen werde man sich nicht.
Neuer Generalsekretär gesucht
ÖVP-Bundesparteiobmann Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hatte zuvor bestätigt, dass Blümel die Wiener Landespartei übernehmen wird. „Wir brauchen eine stimmige Neuaufstellung der Wiener Landespartei. Blümel hat den Evolutionsprozess der Bundespartei sehr gut aufgesetzt. Das ist eine Basis und ein Modell für die Neuaufstellung der Wiener Partei“, so Mitterlehner in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA.
Zur Frage, ob Blümel Generalsekretär der Bundespartei bleibt, hieß es: „Wien braucht jetzt jemanden, der sich hauptberuflich für die Partei einsetzen kann. Das kann Blümel.“ Blümels größte Herausforderung bisher war der Erneuerungsprozess der Volkspartei, der dieses Jahr im Mai bei einem Reformparteitag seinen Höhepunkt fand - mehr dazu in wien.ORF.at.
Rot-Grün wahrscheinlichste Variante
Nach der Gemeinderatswahl am Sonntag in Wien geht es jetzt um eine neue Stadtregierung. Trotz der Verluste der SPÖ konnte diese den ersten Platz gegenüber der FPÖ mit Abstand verteidigen. Da Bürgermeister Michael Häupl eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen von Heinz-Christian Strache kategorisch ausschloss, bleiben als realistische Koalitionsvarianten eine Neuauflage von Rot-Grün oder Rot-Schwarz, wobei die ÖVP katastrophal abstürzte.
Verluste musste auch der bisherige Koalitionspartner der SPÖ hinnehmen. Rechnerisch wäre allerdings eine Weiterführung der rot-grünen Koalition möglich. Die grüne Spitzenkandidatin Maria Vassilakou sprach sich bereits am Sonntag auch dafür aus: „Wir stehen auf alle Fälle bereit, die gute Zusammenarbeit auch in den kommenden fünf Jahren fortzusetzen.“
Grüne: Bleibt Vassilakou doch?
Vassilakou hatte vor der Wahl mehrfach angekündigt, bei einem Minus vor dem Ergebnis zurückzutreten. Einen solchen Schritt ließ sie am Wahlabend vorerst offen. Viele Grün-Wähler seien dem „Scheinduell“ auf den Leim gegangen: Die SPÖ habe von den Grünen Stimmen „geliehen“ bekommen, so Vassilakou weiter. Die Grünen zeigten sich am Montag bemüht, die ursprüngliche Rückzugsankündigung von Vassilakou für den Fall eines Wahlverlusts vergessen zu machen. Diese Personalie sei nicht nur derzeit, sondern überhaupt kein Thema, so Klubchef David Ellensohn gegenüber der APA: „Mary wird uns in diese Koalitionsverhandlungen führen.“ Vassilakou selbst hat sich in der Sache ihres Verbleibs noch nicht klar geäußert - mehr dazu in wien.ORF.at.
Häupl will mit allen reden
Auch eine Koalition der SPÖ mit der ÖVP wäre möglich. Rot-Schwarz wäre mit 51 Mandaten und damit nur einem Mandat Überhang eine Wackelkoalition - mehr dazu in wien.ORF.at. Häupl will mit allen Parteien im Gemeinderat reden. „Dann werden wir weitersehen.“ Auch mit den Freiheitlichen will der SPÖ-Chef sprechen - „aber nicht über eine Regierungsbeteiligung“. Das Wahlergebnis sei „kein Auftrag, so weiterzumachen wie bisher“. Die SPÖ müsse verändert werden - mehr dazu in wien.ORF.at.
Studiogespräch mit Peter Filzmaier
Der Politologe Peter Filzmaier analysiert die Koalitionsmöglichkeiten nach dem Wahlausgang.
Nach der Wien-Wahl steht allerdings bereits fest, dass sich der Stadtsenat ändern wird. Die FPÖ hat Anspruch auf einen Vizebürgermeister-Sessel in Wien. Doch laut dem Politologen Peter Filzmaier wird es ein Amt „ohne Kompetenzen“ sein - mehr dazu in wien.ORF.at.
Parteigremien tagen bei SPÖ und NEOS
Das vorläufige amtliche Endergebnis liegt zwar vor, darin nicht eingerechnet sind aber rund 160.000 Wahlkarten, die erst am Montag ausgezählt werden. Das genaue Ergebnis wird dann in der Nacht auf Dienstag vorliegen. Aussagekräftiger ist derzeit daher die Hochrechnung, die alle ausgezählten Stimmen und eine Prognose der Wahlkarten enthält.

ORF/SORA
Bei der SPÖ tagen die Parteigremien - mehr dazu in wien.ORF.at. Auch NEOS besprach die Wahl nach. Bei der Sitzung der Landesgruppe am Montagvormittag stellte man die Weichen für ihren künftigen Klub. Neben Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger als Klubobfrau wurden auch der künftige Landesgeschäftsführer und die Klubdirektorin beschlossen - mehr dazu in wien.ORF.at. Die FPÖ macht wie üblich „blauen Montag“.
SPÖ hielt FPÖ deutlich auf Distanz
Die Wien-Wahl am Sonntag ließ die Grenzen zwischen Gewinnern und Verlierern verschwimmen: Mit 39,5 Prozent konnten die Sozialdemokraten die Verluste einigermaßen in Grenzen halten und die FPÖ klar auf Platz zwei verweisen. Die Freiheitlichen mit Spitzenkandidat Strache kamen auf 31 Prozent. Damit hielt die SPÖ die FPÖ deutlich auf Distanz - selbst die Wahlumfrage nach Schließen der Wahllokale hatte noch auf ein viel engeres Ergebnis hingedeutet.
Die Grünen erreichten 11,6 Prozent und verloren damit leicht. Die ÖVP kam nur noch auf 9,2 Prozent. NEOS schaffte mit 6,2 Prozent ein Erfolgserlebnis. Das Bündnis Wien Anders (ANDAS) erreichte 1,2 Prozent, die multikulturelle Liste Gemeinsam für Wien (GFW) 1,0 Prozent. Beide Fraktionen schafften damit erwartungsgemäß nicht den Einzug in den Gemeinderat. Die Wahlbeteiligung stieg leicht auf knapp 75 Prozent.
Die Ergebnisse der ausgezählten Sprengel mit Gewinnern und Zweitplatzierten - ohne Wahlkarten
In Mandaten bedeutet das 44 (minus fünf) für die SPÖ, 34 (plus sieben) für die FPÖ, sieben (minus sechs) für die ÖVP, zehn (minus eins) für die Grünen und fünf für NEOS.
Die Ergebnisse von 2010 und 2015 im Vergleich
Herbe SPÖ-Verluste in „Flächenbezirken“
Selbst wenn die SPÖ doch deutlich als stärkste Kraft aus der Wahl hervorging, musste sie doch in einigen Bezirken herbe Verluste hinnehmen. In Simmering überholten die Freiheitlichen laut Prognose, die die Wahlkarten einberechnet, die SPÖ deutlich, ebenso in Floridsdorf. In Favoriten und in Donaustadt konnten die Sozialdemokraten ihren ersten Platz hauchdünn retten. Kleines Trostpflaster: Der 1. Bezirk wanderte - nach dem Wechsel von ÖVP-Langzeitbezirksvorsteherin Ursula Stenzel zur FPÖ - von der Volkspartei an die SPÖ - mehr dazu in wien.ORF.at.
Diskussion der Spitzenkandidaten
Die Statements der Spitzenkandidaten zum Wahlergebnis.
Diese drei Umfärbungen zeichnen sich auf Bezirksvertretungsebene ab: In Floridsdorf und in Simmering dürfte es in Zukunft einen FPÖ-Bezirksvorsteher geben. In der Inneren Stadt liegt die SPÖ derzeit knapp vor der ÖVP. Während in Simmering das Ergebnis recht klar scheint, könnte sich mit den Wahlkarten in den anderen beiden Bezirken der Wahlausgang noch ändern. Zwei weitere Bezirke könnten eine neue Farbe bekommen: In Favoriten zeichnet sich ein knappes Rennen zwischen SPÖ und FPÖ ab, in Währing greifen die Grünen die ÖVP an.
Häupl und Strache zufrieden
SPÖ-Chef Häupl meinte in einer ersten Reaktion, er freue sich nicht über ein Minus, habe aber „Respekt und Demut vor dem Ergebnis“. Er könne unter diesen Bedingungen gut damit leben. Die Flüchtlingsfrage sei nicht sein Wunschthema gewesen. FPÖ-Chef Strache zeigte sich trotz des laut erster Hochrechnung doch deutlichen Abstands zur SPÖ recht zufrieden. Man habe den ersten Platz nicht erreicht, aber das historisch beste Resultat eingefahren. „Das kann man nicht kleinreden“, so Strache. Er sei keineswegs enttäuscht, er habe eine „ehrliche Freude“.
Er rechnete außerdem mit der Sperrminorität im Landtag. Es wäre schön gewesen, wenn es zu einem rot-blauen Kopf-an-Kopf-Rennen gekommen wäre, so Strache. Angesichts der ersten Hochrechnung prophezeite er allerdings eine „rot-grüne Leidensverlängerung“ - mehr dazu in wien.ORF.at.
NEOS-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich überglücklich. „Wir sind die Gewinner des Abends, weil wir am meisten dazugewonnen haben. Keine leichte Ausgangssituation, kein leichtes Themensetting.“ Mit fünf von 100 Mandaten im Gemeinderat will sie Oppositionspolitik betreiben. „Ich habe im Parlament bewiesen, dass ich das sehr gut kann“ - mehr dazu in wien.ORF.at.
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