Bis auf ÖVP alle „zufrieden“
Nach den ersten Hochrechnungen für die Wien-Wahl scheint die Erleichterung in fast allen Parteien auch auf Bundesebene zu dominieren. Während sich die SPÖ über einen klaren ersten Platz freut, ist die FPÖ mit einem Plus von rund fünf Prozent zufrieden. Die Grünen können die Koalition mit der SPÖ fortsetzen, NEOS wird den Einzug in den Gemeinderat schaffen. „Enttäuscht“ zeigte sich am Wahlabend einzig die ÖVP.
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Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich über das Abschneiden seiner Partei erfreut. „Es ist ein tolles Ergebnis“, sagte er am Sonntagabend vor Journalisten im Bundeskanzleramt. Dass die SPÖ Verluste erlitt, führte er darauf zurück, dass es europaweit eine Verunsicherung gebe, die Arbeitslosigkeit in ganz Europa hoch sei und die Flüchtlingskrise in einem „friedlichen Europa“ auch eine Rolle spiele. Das Ergebnis der SPÖ zeige, „Anständigkeit zahlt sich aus“, so Faymann.
In Flüchtlingsfrage „weiter Haltung zeigen“
In Bezug auf die Bundesebene bedeute das Ergebnis, dass man weiterhin auf sozialen Zusammenhalt sowie auf eine Bildungsreform setzen werde. „Wir werden in der Frage der Flüchtlinge weiter Haltung zeigen“, so Faymann. Feiern will der Kanzler das Ergebnis jedenfalls noch gemeinsam mit Häupl: „Ich werde dann ins Zelt gehen und ihm sagen - wovon ich überzeugt bin -, dass er ein guter Bürgermeister für die Stadt ist“, sagte er. „Umarmt habe ich ihn schon.“

ORF.at/Peter Pfeiffer
Für Faymann ist das Abschneiden der SPÖ in Wien „ein tolles Ergebnis“
SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder zeigte sich zuversichtlich: „Wenn das Ergebnis so bleibt, zeigt der klare Abstand zwischen SPÖ und FPÖ, dass sich Haltung und eine klare Linie auszahlen“, meinte er vor Journalisten. Er halte auch eine Fortsetzung von Rot-Grün für wahrscheinlich: „Wenn es sich mandatsmäßig ausgeht, ist das sicher die erste Option, an die man denkt.“
Das würden jedoch die Gremien am Montag diskutieren. „Die Bürger dieser Stadt haben ein klares Signal gesetzt“, freute er sich. Zwar sei es immer ein Wermutstropfen, wenn ein Minus vor dem Ergebnis stehe, angesichts der Ausgangslage in den Umfragen habe man sich aber gesteigert. Es gelte nun mit diesem Ergebnis behutsam umzugehen und weiter jene Politik zu betreiben, für die sich die Wähler mit der SPÖ entschieden hätten. Von einem „deutlichen Wählervotum“ und einer „klaren Bestätigung, wer die Nummer eins in Wien wird“, sprach auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerhard Schmid.
Strache: „Das kann man nicht kleinreden“
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich trotz des deutlichen Abstands zur SPÖ recht zufrieden. Man habe den ersten Platz nicht erreicht, aber das historisch beste Resultat eingefahren. „Das kann man nicht kleinreden“, so Strache vor Journalisten. Er sei keineswegs enttäuscht.
Der blaue Parteiobmann und Wiener Spitzenkandidat rechnete außerdem mit der Sperrminorität im Landtag (ab 34 von 100 Mandaten, Anm.). Damit könnte die FPÖ etwa Änderungen der Stadtverfassung blockieren. Strache freute sich auch darüber, dass seiner Partei dank Proporzsystem der (nicht amtsführende, Anm.) Vizebürgermeister zustehen werde. Es wäre schön gewesen, wenn es zu einem rot-blauen Kopf-an-Kopf-Rennen gekommen wäre, so Strache. Angesichts der ersten Hochrechnung prophezeite er allerdings eine „rot-grüne Leidensverlängerung“.
Glawischnig: „Oberstes Ziel“ Koalitionsfortsetzung
Die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, zeigte sich mit dem in der ersten Hochrechnung vorhergesagten Ergebnis für ihre Partei bei der Wien-Wahl ebenfalls zufrieden. „Es ist sehr respektabel, unter diesen Bedingungen das Ergebnis zu halten“, meinte sie vor Journalisten im Klub der Grünen im Rathaus. „Die Fortsetzung von Rot-Grün geht sich aus, das ist auch unser oberstes Ziel.“
Durch den Vorsprung der SPÖ gegenüber der FPÖ zeigte sie sich darin bestätigt, dass das Duell zwischen Rot und Blau um den ersten Platz ein „herbeigeschriebenes Duell“ gewesen sei. Dass die Fortsetzung von Rot-Grün eine Verliererkoalition darstellen würde, wies sie zurück, außerdem gebe es kaum eine Alternative.
Sie wolle jedenfalls, dass erneut Maria Vassilakou die Grünen in eine Koalition führt. Ihre Ankündigung, bei einem Wahlverlust zu gehen, „habe ich ehrlich gesagt nicht verstanden“, so Glawischnig. Vassilakou habe gute Arbeit für Wien geleistet, sie wünsche sich eine Fortsetzung. Der grüne Klubobmann David Ellensohn bedauerte nach der ersten Hochrechnung, dass viele Grün-Wähler diesmal taktisch gewählt hätten. „Leider sind jetzt viele Leihstimmen der Grünen bei der SPÖ geparkt“, meinte er.
Mitterlehner will ÖVP-Wien neu aufstellen
ÖVP-Bundesparteiobmann Vizekanzler Reinhold Mitterlehner kündigte in einer ersten Reaktion eine „vollkommene Neuaufstellung der ÖVP Wien“ an. Als Gründe für die Niederlage seiner ÖVP machte der Vizekanzler das Duell zwischen SPÖ und FPÖ und das Flüchtlingsthema aus.
„Die ÖVP Wien ist nicht erst seit heute das größte Sorgenkind der ÖVP“, stellte Mitterlehner fest. „Als ÖVP werden wir eine neue zielgerichtete Stadtpolitik definieren müssen, wenn wir erfolgreich sein wollen.“ Gleichzeitig betonte der Bundesparteichef aber auch: „Nur der Austausch eines Spitzenkandidaten wäre eine reine Symptomkur. Es braucht eine grundlegende Neuaufstellung.“
Nicht unerwartet, deswegen aber nicht weniger enttäuschend ist das Wahlergebnis für ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel. Die Strategie von SPÖ und FPÖ mit der Zuspitzung auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen sei vor allem für die Sozialdemokraten aufgegangen, so Blümel. Dadurch seien die anderen Parteien nicht nur von den Titelblättern verschwunden, sondern auch aus der Wahrnehmung vieler Wähler, meinte der Generalsekretär in einem schriftlichen Statement. In Richtung Wiener ÖVP urteilte Blümel, dass diese sich im Wahlkampf redlich bemüht habe. Viele Funktionäre hätten in einer schwierigen Stimmungslage enormen Einsatz gezeigt. Ein wenig Hoffnung hat die ÖVP noch auf die Briefwahl. Immerhin hätten rund 15 Prozent per Wahlkarte abgestimmt.
Große Freude bei NEOS
Ganz anders die Stimmung bei NEOS: Bundesparteichef Matthias Strolz war die Freude über das Ergebnis groß. „Ich freue mich, es ist ein wichtiger Schritt für NEOS“, sagte er nach dem Vorliegen der ersten Hochrechung, laut der die Partei in den Gemeinderat einzieht. Im Wahlkampf habe man von den anderen Bundesländern lernen können, außerdem habe Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger einen großartigen Wahlkampf gemacht.
Ob sich NEOS in der Opposition oder in der Regierung und in welchen Koalitionsvarianten sehen, das sei noch zu früh zu sagen und außerdem die Aufgabe Meinl-Reisingers. Es sei wichtig gewesen, eine klare Haltung gegenüber der FPÖ zu haben und Strache nicht zum Bürgermeister machen zu wollen. Meinl-Reisinger habe Mut und Haltung bewiesen. Derzeit rechne er mit fünf bis sechs Mandaten für NEOS.
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