Wahlgericht für Ermittlungen
Für die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff wird es in dem Korruptionsskandal um den halbstaatlichen Erdölkonzern Petrobras eng. Bisher wurde vor allem gegen enge Vertraute von ihr ermittelt. Nun steht sie selbst im Visier der Justiz. Der Oberste Wahlgerichtshof entschied am Mittwoch mit 5:2 Stimmen, Ermittlungen aufzunehmen.
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Es sei das erste Mal, dass die Behörde gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt wegen derartiger Vorwürfe nachgehe, so die Erklärung. Es sollen Vorwürfe der Oppositionspartei PSDB untersucht werden, dass Rousseff ihren Wahlkampf illegal mit Spenden von Zulieferern des Energiekonzerns Petrobras finanziert habe. Zudem soll Rousseff auch Geld von staatlichen Finanzgruppen verwendet haben, um Sozialprogramme für Arme zu finanzieren - auch das ist in Brasilien illegal.
Diese Vorwürfe sind nicht neu. Doch bisher sah die Justiz keinen ausreichenden Verdacht, mögliche Verwicklungen der Präsidentin zu untersuchen. Nun wurde eine frühere Entscheidung des Wahlgerichts schließlich überstimmt und der Weg zu Ermittlungen geebnet.
Rousseff droht Amtsenthebungsverfahren
Schon im Sommer gab es heftige Proteste gegen die Präsidentin. Hunderttausende gingen wegen der verbreiteten Korruption, der erlahmten Wirtschaft und des harten Sparkurses der Regierung auf die Straßen. Inzwischen sind Rousseffs Zustimmungswerte auf zehn Prozent gesunken. Angetreten war sie mit dem Slogan: „Mehr Wandel, mehr Zukunft.“ Nun droht ihr ein Amtsenthebungsverfahren.
Erst vor wenigen Tagen hatte sie ihr Kabinett völlig umgebildet und acht Ministerien geschlossen. Damit wollte sie wieder in die politische Offensive gelangen. Zudem erhoffte sie sich offenbar, dadurch notwendige Wirtschaftsreformen durch das Parlament zu bringen und das Amtsenthebungsverfahren zu verhindern. Mit den Justizermittlungen dürfte dieser Vorstoß nun ziemlich gebremst sein.
Millionen auf Schweizer Konten
Rousseffs Arbeiterpartei PT steht schon länger in Verdacht, bis zu 200 Mio. Dollar (rund 177 Mio. Euro) an Bestechungsgeldern von Petrobras erhalten zu haben. Rousseff war von 2003 bis 2010 im Aufsichtsrat des Konzerns. Sie habe ihren Angaben zufolge davon aber nichts gewusst. Seit Ende 2014 zieht sich der Korruptionsskandal bis in höchste Politikkreise. Unternehmer, 13 Senatoren und 22 Abgeordnete werden verdächtigt. Insgesamt geht es in der Affäre um rund 3,5 Milliarden Euro.

Reuters/Ueslei Marcelino
Der Politiker Cunha soll über Millionen Dollar auf Schweizer Konten verfügen
Anfang Oktober etwa fanden Schweizer Behörden auf Konten, die Eduardo Cunha, Präsident des brasilianischen Abgeordnetenhauses, seiner Frau und seiner Tochter zugeordnet waren, rund fünf Millionen US-Dollar, berichtete die Zeitung „O Globo“. Der inhaftierte Bauunternehmer Julio Camargo hatte ausgesagt, Cunha habe fünf Millionen Dollar Schmiergeld im Zusammenhang mit Aufträgen für den Ölkonzern Petrobras bekommen - Cunha bestreitet die Verwicklung in illegale Machenschaften. Cunha ist zugleich auch eine der Führungspersonen von Rousseffs größtem Koalitionspartner, der Partido do Movimento Democratico Brasileiro (PMDB).
Zuvor wurde der frühere Schatzmeister der regierenden Arbeiterpartei, Joao Vaccari, zu mehr als 15 Jahren Haft verurteilt - wegen Korruption, Geldwäsche und Verschwörung. Der Politiker, der bis April Schatzmeister seiner Partei war, erhielt demnach Bestechungsgelder in Höhe von umgerechnet 957.734 Euro von Geschäftspartnern des Staatskonzerns Petrobras und leitete sie an andere Mitglieder der Regierungspartei weiter. Vaccari möchte in Berufung gehen.
Spenden von Unternehmen „verfassungswidrig“
Erst Mitte September bezeichnete der Oberste Gerichtshof die Finanzierung von Wahlkämpfen durch Unternehmen als „verfassungswidrig“. Medienberichten zufolge stammten mehr als 80 Prozent der Wahlkampfspenden bei der Präsidentschaftswahl 2014 von Unternehmen. „Wir geraten in einen vollkommen chaotischen Rahmen, in dem die wirtschaftliche Macht unerlaubt die politische Macht an sich reißt“, begründete der in dem Fall federführende Richter Luis Fux die Gerichtsentscheidung. Das Urteil wird spätestens bei den nächsten geplanten Präsidentschaftswahlen 2018 schlagend.
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