Über Jahrzehnte hinweg medial präsent
Jahrelang hat Hellmuth Karasek mit Marcel Reich-Ranicki und weiteren Kritikern in der TV-Sendung „Das literarische Quartett“ über neue Bücher diskutiert. Mit seinen wortgewandten Auftritten in dem TV-Format wurde Karasek einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Die Neuauflage des Fernsehklassikers nach 14 Jahren Pause im deutschen ZDF am Freitag konnte er nicht mehr miterleben.
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Karasek war Autor, Kritiker, Moderator und Journalist. Und er liebte das Publikum. Selbst nachdem das „Quartett“ (1988-2001) nach 77 Folgen und 375 besprochenen Büchern eingestellt worden war, tauchte der umtriebige Kulturkritiker immer wieder auf dem Bildschirm auf, was ihm bisweilen Kritik einbrachte. „Ich kann an solchen Fernsehauftritten nichts Ehrenrühriges finden“, lautete sein Kommentar dazu.
Schreiben als harte Arbeit
Als Journalist schrieb Karasek für diverse Zeitungen, er war Theaterkritiker bei der Wochenzeitung „Die Zeit“ und Kulturressortchef beim „Spiegel“. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher und verfasste unter dem Pseudonym Daniel Doppler Theaterstücke. Dabei war das Schreiben für ihn harte Arbeit, wie er zu seinem 75. Geburtstag vor sechs Jahren erzählte.
Sein Romandebüt hatte er 1998 mit „Das Magazin“ gegeben - über das intrigante Innenleben eines Hamburger Nachrichtenmagazins. Meist wurde das Buch verrissen, aber vereinzelt auch trotz Übertreibungen als wahre Schilderung anerkannt. Zwei Jahre zuvor hatte es zwischen ihm und dem „Spiegel“ das Aus gegeben. Seine Umtriebigkeit hatte bei seinem Arbeitgeber für Argwohn gesorgt. Über einen abgelehnten Artikel zu Helmut Dietls Film „Rossini“ kam es 1996 zum vorläufigen Bruch.
„Ich habe in zwei Diktaturen gelebt“
Geboren wurde Karasek 1934 als eines von fünf Kindern im mährischen Brünn. Ende des Zweiten Weltkrieges floh die Familie vor der Roten Armee nach Bernburg/Saale in Sachsen-Anhalt. Nach dem Abitur übersiedelte Karasek 1952 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik und studierte in Tübingen Germanistik, Geschichte und Anglistik. „Ich habe in zwei Diktaturen gelebt. Die erste habe ich gemocht und erst später gemerkt, dass das ein Schweineregime war. Die zweite habe ich von Anfang an gehasst.“
Ihn habe seine Kindheit im „Dritten Reich“ am meisten geprägt, erzählte er. „Durch den Krieg hat man gelernt, dass kein Stein auf dem anderen steht, nichts Bestand hat und man immer misstrauisch bleibt.“ Der Schliff und Drill, der ihm als Bursch in der Hitlerjugend und in einer Nazi-Eliteschule vermittelt worden sei, habe bei ihm weniger nachhaltig gewirkt.
Vergebliche Warnungen vor Künstlerleben an Kinder
Seine künstlerischen Gene gab Karasek, vierfacher Vater und in zweiter Ehe mit der Kulturredakteurin Armgard Seegers verheiratet, an seine Kinder weiter: Sohn Daniel aus erster Ehe ist Intendant am Theater in Kiel, Tochter Laura hat ihren ersten Roman („Verspielte Jahre“) veröffentlicht. „Sie wollte einen künstlerischen Beruf ergreifen, aber ich habe zu ihr gesagt: Lerne was Anständiges - und da hat sie Jura studiert.“ Als sie ihm die ersten 100 Seiten ihres Romans vorgelegt habe, war er jedoch überzeugt: „Das musst Du unbedingt weitermachen!“
Dorit Koch, dpa
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