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Grüne gegen Kompromiss

Das EU-Parlament - genauer der zuständige Umweltausschuss - hat sich vor der Sommerpause in Sachen neuartige Lebensmittel („Novel Food“) auf einen Kompromiss mit der Kommission und den 28 Mitgliedsländern geeinigt. Doch tatsächlich gehen die Meinungen im Parlament weit auseinander.

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Bei einer Diskussionsveranstaltung zum Thema im EU-Parlament Mitte dieser Woche wetterte der französische Grüne Jose Bove über die Verordnung. Er schoss sich dabei vor allem auf die Regeln für die Zulassung von Lebensmitteln mit künstlich hergestellten Nanopartikeln ein: Die Gesundheit der Menschen müsse wichtiger sein als die Industrieinteressen.

Auch die Europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit (EFSA) räumte laut Bove ein, dass man das Ausmaß der Effekte nicht einschätzen könne. Die einzige Lösung sei daher, künstlich hergestellte Nanopartikel in Lebensmitteln ganz zu verbieten. Die Grünen würden daher den jetzt vorliegenden Kompromiss nicht akzeptieren, so Bove.

„Leute, die Zeit steht nicht still“

Eine völlig konträre Position vertrat dagegen Jan Huitema von der liberalen Fraktion ALDE: Es gehe darum, Neuentwicklungen in der Lebensmittelindustrie zu erleichtern - und es gebe eben nicht nur das Vorsorgeprinzip, sondern auch das Innovationsprinzip.

Der Chefverhandler des Parlaments, der britische Konservative James Nicholson, warnte ebenfalls: „Leute, die Zeit steht nicht still.“ Die Entwicklungen würden an Europa vorbeiziehen, wenn die Hürden für Innovationen zu groß seien. Huitema strich zudem die möglichen Vorteile hervor: eine nachhaltigere Produktion mit weniger CO2- und Bodenverbrauch, artgerechtere Tierhaltung, weniger Verschwendung von Lebensmitteln durch längere Haltbarkeit sowie ein geringerer Pestizideinsatz.

„Kein Druck von Industrie“

Druck vonseiten der Industrie auf die Verhandler habe es nicht gegeben, betonte die Verhandlerin der Fraktion der Europäischen Volkspartei, Pilar Ayuso. Sie habe auch NGOs getroffen, die Industrie habe vor allem eine Vereinfachung der Regeln gewollt. Etwas anders klang das aus dem Mund des tschechischen Sozialdemokraten Pavel Poc: Es habe natürlich viel mehr Forderungen von den Produzenten gegeben als von der Zivilgesellschaft - diese wisse aufgrund mangelnder Informationen gar nicht, was sie fordern soll.

Poc hofft eigenen Aussagen zufolge aber, dass es vor der Abstimmung im Plenum, die im Oktober stattfinden soll, noch Änderungen geben wird. Welche das sein könnten, wollte er auf Nachfrage nicht präzisieren. Das Parlament habe aus Sicht der Konsumenten viel mehr gefordert - in den Verhandlungen mit den Mitgliedsländern sei aber nicht mehr zu erreichen gewesen, so der Sozialdemokrat.

Guido Tiefenthaler, ORF.at, aus Brüssel

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