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Verdacht auch bei Kleintransportern

Unter den weltweit elf Millionen Fahrzeugen aus dem Volkswagen-Konzern mit manipulierten Abgassystemen stammen rund fünf Millionen von VW. Das teilte der Konzern am späten Freitagabend im deutschen Wolfsburg unter Berufung auf eine interne Überprüfung mit.

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„Wir arbeiten mit Hochdruck an einer technischen Lösung, die wir so rasch wie möglich dem Handel, unseren Kunden und der Öffentlichkeit präsentieren werden“, sagte VW-Markenchef Herbert Diess. Es gehe unter anderem um den Golf VI, den Passat in siebenter Generation und die erste Generation des Geländewagens Tiguan mit einem bestimmten Dieselmotor (Typ EA 189).

„Unzulässige Beeinflussung“ bei Nutzfahrzeugen

VW manipulierte offenbar auch die Dieselmotoren von leichten Nutzfahrzeugen. Neben Pkws seien auch „leichte Nutzfahrzeuge von der unzulässigen Beeinflussung der Emissionen der Dieselmotoren betroffen“, gab der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt in Berlin bekannt.

2,8 Millionen Fahrzeuge sind in Deutschland insgesamt betroffen. Das deutsche Kraftfahrtbundesamt habe VW aufgefordert, zu erklären, ob die eingestandenen Manipulationen zu beheben seien, sagte Dobrindt im Deutschen Bundestag weiter. Die Behebungen dürften nicht zulasten der Kunden gehen.

Spur führt in Konzernzentrale

Die Manipulation der Abgastests soll nach einem Medienbericht die Sache von Ingenieuren aus der VW-Konzernzentrale in Wolfsburg gewesen sein. Die Messergebnisse von VW- und Audi-Modellen seien vor der Weitergabe an die US-Umweltbehörde EPA erfasst und nach Wolfsburg geschickt worden, berichtete am Freitag die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf drei mit den Vorgängen Vertraute.

Wenn ein Fahrzeug die Emissionsgrenzwerte überschritten habe, sei ein Team von Ingenieuren aus der Konzernzentrale oder der Audi-Zentrale in Ingolstadt eingeflogen. Diese hätten bis zu eine Woche an den Wagen gearbeitet, die dann die Limits eingehalten hätten. In den USA seien keine VW-Ingenieure gewesen, die das hätten bewerkstelligen können. Ebenfalls am Freitag bestätigte das US-Justizministerium offiziell, Ermittlungen gegen VW aufgenommen zu haben.

Pkws in Europa betroffen

Von den Manipulationen bei Abgasmessungen an Dieselfahrzeugen bei VW seien nicht nur Autos in den USA, sondern auch in Europa betroffen, hatte Dobrindt schon am Donnerstag in Berlin bestätigt. Das sei der von ihm eingesetzten Untersuchungskommission am Mittwoch bei ersten Gesprächen in Wolfsburg mitgeteilt worden. „Es wurde uns mitgeteilt, dass auch in Europa Fahrzeuge mit 1,6- und 2,0-Liter-Dieselmotoren von den in Rede stehenden Manipulationen betroffen sind“, so Dobrindt, der offen ließ, ob diese Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen werden müssten.

„Wir werden deswegen auch weiterhin intensiv daran arbeiten, gemeinsam mit Volkswagen genau herauszufinden, um welche Fahrzeuge es sich im Detail handelt, um auch die Öffentlichkeit weiter darüber zu informieren“, so Dobrindt weiter. Zugleich kündigte er an, die angeordneten Abgasnachprüfungen würden auch auf andere Marken als VW ausgedehnt.

EU-Kommission verlangt volle Aufklärung

Die EU-Kommission verlangte indes eine vollständige Aufklärung der Affäre von den nationalen Behörden. Diese sollten genau herausfinden, wie viele Fahrzeuge in der EU mit manipulativer Software ausgestattet worden seien, so die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel. Die europäischen Abgasnormen müssten eingehalten werden.

Die zuständige EU-Binnenmarktkommissarin Elzbieta Bienkowska sagte laut Mitteilung: „Unsere Botschaft ist klar: null Toleranz bei Betrug und absolute Einhaltung der EU-Regeln.“ Die EU-Kommission möchte, dass die für Wettbewerb zuständigen EU-Minister bei ihrem nächsten Treffen am 1. Oktober in Luxemburg über das Thema sprechen.

Auch Skoda und Seat betroffen

Von den Problemen mit manipulierten Abgaswerten bei VW sind neben Audi noch weitere Konzerntöchter betroffen. Innerhalb des Konzerns teilen sich die Unternehmen etliche Bauteile, darunter auch Motoren und Getriebe. Ein Sprecher der VW-Tochter Skoda bestätigte am Donnerstag, Modelle der Reihen Fabia, Roomster, Octavia und Superb aus den Jahren 2009 bis 2013 seien teilweise mit den betroffenen Dieselmotoren ausgerüstet worden. Bei aktuellen Modellen gebe es keine Probleme. Das Verkehrsministerium in Prag leitete eine Untersuchung ein und will bei einer eventuellen Rückrufaktion behilflich sein, wie ein Sprecher mitteilte.

Auch Seat hatte am Donnerstag bestätigt, dass in dem Werk der spanischen VW-Tochter Fahrzeuge mit der manipulierten Dieseltechnologie montiert wurden. Die genaue Zahl sei nicht bekannt, hieß es aus Unternehmenskreisen. Eine Untersuchung solle nähere Aufschlüsse bringen. Die spanische Zeitung „El Pais“ (Donnerstag-Ausgabe) berichtete, dass seit 2009 bei Seat eine halbe Million Autos mit der manipulierten Abgastechnologie montiert worden seien. Als Quelle wurden inoffizielle Kreise genannt, die mit dem Unternehmen in Verbindung stünden.

Bekannt ist bereits, dass auch vier Modellreihen der Tochter Audi unter die Lupe genommen werden. Der fragliche Motor vom Typ EA 189 sei auch in Fahrzeugen der Modellreihen A1, A3, A4 und A6 verbaut worden, sagte ein Audi-Sprecher am Donnerstag in Ingolstadt. Die genauen Baujahre und die Anzahl der Fahrzeuge könnten aber noch nicht genannt werden. Ob die Autos von den Softwaremanipulationen betroffen seien, könne er ebenfalls noch nicht sagen.

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