Chamenei-Vorwürfe an Saudi-Arabien
Der oberste geistliche Führer des Iran, Ali Chamenei, hat Saudi-Arabien für die Massenpanik in Mina nahe Mekka am Donnerstag mit über 700 Toten verantwortlich gemacht. „Schlechte Koordinierung und unüberlegtes Handeln haben diese Katastrophe verursacht“, sagte Chamenei laut einer Presseerklärung am Freitag.
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Daher sollte die saudische Regierung dafür auch die Verantwortung übernehmen, fügte er hinzu. Es kam auch zu Demonstrationen nach dem Freitagsgebet in Teheran. Geplant waren auch Proteste vor der saudischen Botschaft. Der schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien sind Erzrivalen in der Region.

APA/EPA/Supreme Leader Office
Der oberste geistliche Führer des Iran, Ajatollah Ali Chamenei
Bei dem Unglück mit mehr als 700 Toten kamen über 130 iranische Pilger ums Leben. Weitere Todesopfer waren aus Indien, Indonesien, der Türkei und Pakistan. Der iranische Präsident Hassan Rouhani, derzeit wegen der UNO-Vollversammlung in New York, rief drei Trauertage aus.
Saudische Presse macht Iraner verantwortlich
Die saudische Presse machte hingegen iranische Pilger für die Massenpanik verantwortlich. Eine große Gruppe von Iranern sei entgegen den Vorgaben in eine falsche Richtung gegangen und dort mit anderen Pilgern zusammengestoßen, zitierte die Nachrichtenwebsit al-Sabk am Freitag nicht näher genannte Augenzeugen.
Der Iran hatte bereits vor der Erklärung Chameneis Saudi-Arabien die Mitschuld an dem Unglück gegeben. Die Saudis hätten ohne Grund einen Teil der Pilgerroute blockiert, sagte der Leiter des Auswärtigen Ausschusses im iranischen Parlament. Der saudische Gesundheitsminister Chaled al-Falih hatte Pilgern am Donnerstag vorgeworfen, sie hätten zeitliche Vorgaben missachtet. Um den Massenstrom der Gläubigen in und um Mekka zu steuern, gibt es für Pilgergruppen einen festen Zeitplan für die fünftägige Wallfahrt.
Überlebende schwärzen Behörden an
Überlebende erhoben unterdessen Vorwürfe gegen die Behörden. „Es gab nicht genügend Raum, um sich zu bewegen“, schilderte der nigerianische Pilger Aminu Abubakar am Freitag. Er selbst überlebte, weil er an der Spitze der Prozession in Mina gegangen war. Der Libyer Ahmed Abu Bakr berichtete, die Polizei habe vor der Massenpanik alle Zuwege zum Zeltlager der Pilger bis auf einen geschlossen. Zudem hätten die zur Absicherung der Pilgerfahrt eingesetzten Polizisten einen überforderten Eindruck gemacht: „Sie kannten sich in der Gegend überhaupt nicht aus.“
Irfan al-Alawi von der Stiftung zur Erforschung des islamischen Erbes in Mekka kritisierte, die Polizisten seien nicht ausreichend vorbereitet und hätten keinerlei Sprachkenntnisse, um mit denen aus aller Welt kommenden Hunderttausenden Pilgern zu kommunizieren. „Sie haben keine Ahnung, wie sie mit den Leuten umgehen sollen“, sagte Alawi. „Die Menschenmenge wird nicht gesteuert.“
Kreuzung löste Panik aus
Zu dem Massengedränge war es während der rituellen Teufelssteinigung in Mina gekommen, bei der Pilger Kieselsteine auf drei Säulen werfen, die den Teufel symbolisieren. Ein Sprecher des saudi-arabischen Innenministeriums sagte, zu dem Unglück sei es gekommen, als zahlreiche Pilger an einer Straßenkreuzung unterwegs waren. Zur großen Zahl an Todesopfern habe zudem die große Hitze mit rund 46 Grad Celsius am Donnerstag beigetragen.
Mehr als zwei Millionen auf Pilgerfahrt
Nach Angaben saudischer Medien haben sich in diesem Jahr mehr als zwei Millionen Menschen auf die Pilgerfahrt nach Mekka gemacht, darunter fast 1,4 Millionen aus anderen Ländern. Die Teilnahme an der jährlichen Wallfahrt zur heiligsten Stätte des Islam in Mekka ist Pflicht für jeden gläubigen Muslim. Gemäß dem Koran muss jeder Muslim, ob Mann oder Frau, der gesund ist und es sich leisten kann, einmal im Leben an der Pilgerreise teilnehmen. Immer wieder kommt es während der Pilgerfahrt zu Unglücken.
In Mina hatte es nach einem schweren Unglück im Jahr 2006 mehrere Baumaßnahmen gegeben, die für einen reibungslosen Strom der Pilger sorgen und einen Massenandrang verhindern sollten. Damals waren bei einer Massenpanik 350 Gläubige gestorben. Deswegen werden die Pilger heute so geleitet, dass sich ihre Wege nicht mehr kreuzen. Außerdem ließen die saudischen Behörden das Gebäude errichten, von dem aus das Ritual der Steinigung des Teufels erfolgt. Erst am Mittwoch hatten mehr als 200 Menschen an einem Bahnhof in Mina in großem Gedränge Schwäche- und Ohnmachtsanfälle erlitten. Dort war der Zugsverkehr wegen eines technischen Defekts gestört.
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