„Missverständnis“
Ungarn hat am Freitag begonnen, den am Tag zuvor aufgestellten Stacheldrahtzaun an der Grenze zu Slowenien und somit innerhalb des Schengen-Raums wieder abzubauen. Laut lokalen Medien begannen ungarische Soldaten damit, den ausgelegten Stacheldraht wieder zu beseitigen. In der Früh hatten sie die Auslegung des Zauns noch fortgesetzt.
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Ungarn hatte am Donnerstag ohne Vorankündigung damit begonnen, auch an der Grenze zu Slowenien einen Zaun zur Abwehr von Flüchtlingen zu bauen. Der slowenische Außenminister Karl Erjavec hatte sich mit „wir verstehen den Grund nicht“ in einer ersten Reaktion mehr als überrascht gezeigt und eine Erklärungen von Budapest gefordert.
Der Staatssekretär des slowenischen Innenministeriums, Bostjan Sefic, reagierte auf die ungarische Kehrtwende bei einer Pressekonferenz in Ljubljana nun mit den Worten: „Das ist ein gutes Zeichen.“ Für die nächsten Tage ist Sefic zufolge ein Treffen der Innenminister beider Länder geplant.
Innenminister entschuldigt sich
Nach Angaben der ungarischen Seite sei es zu einem „Missverständnis“ gekommen, erklärte Erjavec, nachdem die slowenische Botschafterin Ksenija Skrilec am Freitag mit dem ungarischen Innenminister Sandor Pinter zusammengetroffen war. Der Minister habe sich für das Missverständnis entschuldigt und angekündigt, dass Ungarn den Zaun wieder abbauen werde.
Laut dem slowenischen Außenministerium wird Ungarn an den ehemaligen Grenzübergängen zu Slowenien möglicherweise einige mobile Barrieren beibehalten. Diese würden für den Fall, dass Ungarn wieder Grenzkontrollen einführt, zur Regelung des Verkehrs dienen.
Grenzzaun zu Kroatien und Rumänien
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban kündigte unterdessen an, die Grenze zu Kroatien komplett abzuriegeln. Die Errichtung eines Zaunes und damit eines „Schutzes an der Grenze zu Serbien hat unsere Ziele erfüllt“, sagte Orban am Freitag bei einem Besuch in Wien.
Der Bau eines 41 Kilometer langen Zauns an der kroatischen Grenze wird von Ungarn bereits seit Tagen angekündigt. Die ungarisch-kroatische Grenze ist insgesamt 329 Kilometer lang und wird vor allem durch die Flüsse Drau und Mur markiert. Geplant ist zudem ein 70 Kilometer langer Zaun an der insgesamt 448 Kilometer langen rumänisch-ungarischen Grenze.
Nachdem Ungarn die 175 Kilometer lange serbische Grenze bereits durch einen Zaun abriegelte, kommen viele Flüchtlinge über den Umweg Kroatien nach Ungarn. Ungarns Regierung befürchtet offensichtlich, dass auch Slowenien und Rumänien als Umweg für die Flüchtlinge infrage kommen könnten.
Budapest verdoppelt Ausgaben für Zaunbau
Ungarn verdoppelte mittlerweile die Ausgaben für den Bau von Grenzzäunen. Die Regierung habe per Verordnung weitere fast 35 Milliarden Forint (112,57 Mio. Euro) dafür zur Verfügung gestellt, berichtete die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI am Donnerstagabend unter Berufung auf das ungarische Gesetzblatt. Das Geld soll den Ministerien für Verteidigung und Inneres zur Verfügung gestellt werden. Bereits im Laufe des Sommers hatte der Staat für diese Zwecke rund 30 Milliarden Forint bereitgestellt.
Ungarn hatte bereits einen Zaun an der EU-Außengrenze mit Serbien errichtet, um sich von Flüchtlingen abzuschotten. Danach war auch ein Teil der Grenze zum EU-Nachbarland Kroatien mit Stacheldraht versehen worden. Slowenien wiederum nahm wegen der Flüchtlingskrise die Grenzkontrollen zum Schengen-Partnerland Ungarn wieder auf.
Die Aktivitäten der ungarischen Seite seien erstmals in der Nacht auf Donnerstag bemerkt worden, als man den Stacheldraht und anderes Baumaterial an die Grenze gebracht habe, sagte der Staatssekretär im slowenischen Innenministerium, Bostjan Sefic. Medienberichten zufolge war am ehemaligen Grenzübergang Pince eine mobile Straßensperre errichtet worden, flankiert von einem 200 Meter langen Stacheldrahtzaun durch die umliegenden Felder. Stacheldraht wurde auch am früheren Grenzübergang Dolga Vas ausgelegt.
10.000 Flüchtlinge in Ungarn angekommen
Ungarn verzeichnete indes bei der Zahl der ankommenden Flüchtlinge erneut einen Rekord: Wie die Polizei am Donnerstag mitteilte, kamen am Vortag über 10.000 Schutzsuchende ins Land - und damit erneut so viele wie noch nie an einem einzigen Tag. Die meisten Flüchtlinge kommen seit der Grenzschließung zu Serbien über Kroatien nach Ungarn, von dort werden sie Richtung österreichische Grenze gebracht.
Rund hundert der insgesamt 10.046 am Mittwoch gezählten Flüchtlinge kamen über die serbische Grenze nach Ungarn, alle anderen über Kroatien. Zuvor hatte Ungarn am 14. September - einen Tag, bevor die verschärften Einwanderungsgesetze in Kraft traten - einen Rekord verzeichnet, als an einem Tag knapp 9.400 Asylsuchende angekommen waren.
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