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„Weder Rechts- noch sonstiger Ruck“

Das Schlagwort „Asyl auf Zeit“ steht im Raum, ansonsten sind die Details für eine weitere Reform des Asylwesens noch offen. Aufseiten der Regierung ist man sich offenkundig noch uneins, was genau ein solcher befristeter Asylstatus im Einzelfall bedeuten soll. Insbesondere strittig ist die Frage, ob die Betroffenen etwa ihre Familien aus der Heimat nachholen dürfen.

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Zu einigen zentralen Fragen müssen gemeinsame Antworten noch verhandelt werden. Das betrifft etwa Integrationsmaßnahmen und die Frage, ob ausnahmslos alle, bei denen nach drei Jahren der Asylgrund nicht mehr besteht, weggeschickt werden. Erst am Montag hatte der wahlkämpfende oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) noch davon gesprochen, dass es in der Frist von drei bis fünf Jahren keinen Familiennachzug geben soll. Zwischen einem befristeten Asyltitel und einem Familiennachzug sah Kanzler Werner Faymann (SPÖ) keinen direkten Zusammenhang.

„Signal an Flüchtlinge und Bevölkerung“

Für Faymann steht fest, dass bei bereits Zugelassenen nach drei bis fünf Jahren geprüft werden soll, ob der Betroffene wieder abgeschoben wird oder ob der Fluchtgrund noch weiterbesteht, etwa wie im Falle des Krieges in Syrien. „Wenn ein Krieg aus ist, egal, ob die Familie nachgeholt worden ist oder nicht, ist eigentlich innerhalb der ersten fünf Jahre vorgesehen, dass jemand in sein Land zurückgeht“, so Faymann am Dienstag.

Sowohl der SPÖ-Chef als auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sprachen von einen „Signal“, wonach Flüchtlinge nicht mehr unbefristet in Österreich bleiben könnten. Auch sei es ein Signal an die eigene Bevölkerung. Liege ein Fluchtgrund nicht mehr vor, betonte auch Mitterlehner, sollen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückkehren. Generell ging er jedoch davon aus, dass das für viele syrische Flüchtlinge, die derzeit nach Österreich kommen, gelten könnte.

„Das ist weder ein Rechts- noch ein sonstiger Ruck und hat auch weniger mit Wahlen zu tun als mit der Zuspitzung der Situation“, verteidigte Mitterlehner die Diskussion. Er plädierte dafür, das Thema nicht zu „dramatisieren“, natürlich müsse man nach den Lebenssituationen der Betroffenen „differenzieren“. Der Vizekanzler geht ohnehin davon aus, dass es aufgrund der „Dynamik“ der Flüchtlingssituation weitere Diskussionen geben werde - letztlich auch über „Höchstzahlen“.

„Keine gemeinsame Gesprächsgrundlage“

Der Schutz von anerkannten Flüchtlingen werde „automatisch“ nach drei Jahren erneut überprüft, wiederholte Mitterlehner den ÖVP-Standpunkt. Aber bei den generellen Fragen sei noch alles unklar: „Was den Familiennachzug, Sozialleistungen und die Finanzierung anbelangt, haben wir noch keine entsprechende Regelung oder eine gemeinsame Gesprächsgrundlage“, so Mitterlehner.

Faymann hielt fest: Jeder rechtsgültige Asylbescheid, „egal, wie lange er gilt“, müsse stets dieselben Rechte und auch (Integrations-)Pflichten beinhalten. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) werde nun einen Entwurf ausarbeiten und „versuchen, sich mit dem Koalitionspartner ins Einvernehmen zu setzen“, sagte der Vizekanzler. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ), Mikl-Leitners Koalitionsgegenüber, zeigte am Dienstag Bereitschaft für Gespräche und eine „gemeinsame Lösung“.

„Aufwand bei ‚Asyl auf Zeit‘ gerechtfertigt“

„‚Asyl auf Zeit‘ soll ein ganz wichtiges Signal sein“ - nämlich, „dass wir uns auf den Kern des Asylsystems konzentrieren“, erklärte Mikl-Leitner. „Jedes Signal zeigt Wirkung“, sagte sie mit Blick auf Deutschland, wo Meldungen, das Dublin-System für syrische Flüchtlinge werde ausgesetzt, als Mitgrund für verstärkte Flüchtlingsbewegungen gesehen wurden.

„Gerade diese Ansage, dieses Signal, hat wohl zur größten Migrationswelle in der jüngeren Geschichte Europas geführt“, so die Ministerin. Dass eine generelle Überprüfung des Asylgrundes nach drei Jahren zu erhöhtem Verwaltungsaufwand führen könnte, stritt Mikl-Leitner nicht ab: „Ja, es mag ein Aufwand sein, aber ich bin fest davon überzeugt, dass er gerechtfertigt ist.“

Ostermayer: Recht auf Familiennachzug bleibt

Kanzleramtsminister Josef Ostermayer (SPÖ) unterstrich Dienstagabend per Aussendung, dass es keinen direkten Zusammenhang zwischen einem Asylrecht auf Zeit und dem Familiennachzug gebe. Solange das Asylrecht bestehe, bestehe auch das Recht auf Familiennachzug, erklärte er.

Diese Position habe auch der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes bestätigt. „Wenn der Asylgrund wegfällt, beispielsweise weil ein Bürgerkrieg zu Ende ist, kann auch derzeit schon die Aufenthaltsberechtigung aufgehoben und das Asylrecht aberkannt werden“, so Ostermayer. Das gelte dann auch für die nachgezogenen Familienmitglieder, erläuterte ein Sprecher des Ministers auf Nachfrage der APA.

„Reine Placebodiskussion“

Als „reine Placebodiskussion“ bezeichnete FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den Vorstoß für eine neue Regelung zu „Asyl auf Zeit“. Es sei schon jetzt möglich, den Asyltitel zu entziehen, wenn der Grund wegfällt. Und die von der ÖVP vorgeschlagene diesbezügliche Überprüfung nach drei Jahren hält er für zu spät: „Zeitnah“, also nach einem Jahr, müsse geschaut werden, ob noch ein Schutzbedürfnis gegeben ist. Für sinnvoll hält es Strache, die Flüchtlingslager in der Nähe der Krisengebiete zu unterstützen.

EVP-Innenminister tragen Modell nach Brüssel

Indes macht der Vorschlag eines „Asyls auf Zeit“ auf EU-Ebene Schule. Die Innenminister der Europäischen Volkspartei (EVP) erstellten ein 14-Punkte-Papier, in dem dieses temporäre Asyl enthalten ist. Allerdings ist es beim Sonderrat selbst vorerst kein Thema, hieß es am Dienstag am Rande der Sitzung.

In dem EVP-Papier heißt es, es könnte der „neue Status eines temporären Asyls“ eingeführt werden. Dieses würden Flüchtlinge aus Kriegsgebieten erhalten, bis die Lage in ihren Heimatländern wieder sicher geworden ist und sie zurückkehren können.

Weitere Inhaltspunkte des Schreibens sind die Forderung nach einer gemeinsamen und umfassenden europäischen Aktion, die auch Maßnahmen für Herkunfts- und Transitländer von Flüchtlingen enthalte. Das schließe auch eine stärkere Kohärenz der Innen- und Außenpolitik der EU ein, vor allem der Sicherheits-, Entwicklungs- und Migrationspolitik.

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