Konsequenzen für Lebenserwartung?
Viele Europäer leben ungesund: Sie trinken im Schnitt mehr als andere Menschen, rauchen relativ viel und sind häufig zu dick. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Europäische Gesundheitsbericht 2015 der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Das könnte Europas Fortschritte bei der Lebenserwartung zunichtemachen, warnt die Organisation.
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„Wenn die Raten bei Rauchen und Alkoholkonsum und Fettleibigkeit nicht zurückgehen, könnten wir die erzielten Zuwächse bei der Lebenserwartung aufs Spiel setzen - was bedeutet, dass die nächste Generation kürzere Leben führen könnte als wir“, sagte WHO-Vertreterin Claudia Stein am Mittwoch in London. Die WHO hatte für ihren Gesundheitsbericht 39 europäische Länder untersucht, darunter die EU-Staaten und ehemalige Sowjetrepubliken - zusammengefasst in der WHO-Region Europa.
Große Unterschiede
53 Staaten dieser europäischen WHO-Region, darunter Österreich, wollen bis 2020 die Sterblichkeit senken und die großen Unterschiede zwischen den Ländern reduzieren. Bis 2020 sollen die vorzeitigen Todesfälle durch Herz- und Kreislauferkrankungen, Krebs, Diabetes und chronische Atemwegserkrankungen um jährlich 1,5 Prozent sinken. Dieses Ziel ist fast erreicht. Nach wie vor gibt es große Unterschiede bei der durchschnittlichen Lebenserwartung - die Differenz zwischen den Staaten mit den besten und den schlechtesten Zahlen liegt bei elf Jahren.
Riesige Unterschiede
In der Lebenserwartung liegen bei den Männern Israel und die Schweiz mit jeweils 80,4 Jahren an der Spitze (Österreich: 78,4 Jahre). Bei den Frauen sind die Spanierinnen mit einer Lebenserwartung von mittlerweile 85,5 Jahren ganz vorn (Österreich: 84 Jahre). In Russland werden Männer nur 63,1 Jahre alt, Frauen 75 Jahre, in Turkmenistan Männer 62,5 Jahre und Frauen 69,8 Jahre).
Fortschritte gebe es insbesondere dort, wo die Mortalität (Sterblichkeitsrate) am höchsten und die Lebenserwartung am geringsten sei, so die WHO. Dennoch bleiben die Warnsignale aufrecht. „Raten von Alkohol- und Tabakkonsum sowie Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit, Anm.), die zu den Hauptrisikofaktoren für vorzeitige Mortalität zählen, bleiben alarmierend hoch“, so die WHO-Experten.
Bis zu 14,4 Liter reiner Alkohol pro Jahr
Obwohl der Alkoholkonsum in den vergangenen Jahren auch aufgrund zahlreicher Kampagnen zurückgegangen ist, führen die Europäer weltweit beim Konsum von alkoholischen Getränken. Im Schnitt trinkt ein Europäer elf Liter reinen Alkohol pro Jahr. Weltweit werden pro Person und Jahr 6,2 Liter Alkohol getrunken, in Nord- und Südamerika sind es durchschnittlich 8,4 Liter, in Afrika sechs, in den Staaten östlich des Mittelmeeres nur 0,7 Liter.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/WHO/Europäischer Gesundheitsbericht
Die durchschnittlichen Mengen variieren aber auch in Europa stark von Land zu Land und reichen von 0,32 bis 14,4 Liter reinen Alkohol pro Einwohner. Besonders viel getrunken wird in Weißrussland und Litauen, am wenigsten kulturgemäß in islamisch geprägten Ländern wie der Türkei und Aserbaidschan. Die Österreicher liegen mit zwölf Liter reinem Alkohol pro Einwohner im Jahr im oberen Feld.
30 Prozent rauchen
Auch beim Rauchen gibt es Erfolgsmeldungen mit Schönheitsfehlern. Der Rückgang beim Tabakkonsum ist verantwortlich dafür, dass die Rate der vorzeitigen Todesfälle insgesamt gesunken und die Lebenserwartung insbesondere von Männern gestiegen ist. Allein von 2010 bis 2012 wurde in 39 von 41 Ländern weniger geraucht. Trotzdem ist die Quote mit 30 Prozent Rauchern weiterhin relativ hoch. Am meisten geraucht wird in Russland, Georgien und Griechenland. Die Dänen und die Isländer sind am zurückhaltendsten.
Mehr als jeder Zweite zu dick
Stetig im Steigen sei auch die Zahl der Übergewichtigen, so die WHO. Mehr als jeder Zweite ist mittlerweile zu dick. Hier liegt die von der WHO untersuchte Europaregion mit 58,6 Prozent übergewichtigen und fettsüchtigen Menschen nur noch geringfügig hinter der Region Gesamtamerika (61 Prozent). Die USA haben bisher die höchste Übergewichtsrate der Welt. Europa holt allerdings auf. Der Anteil Übergewichtiger ist zwischen 2010 und 2014 gestiegen. Der Anteil der Übergewichtigen und Fettleibigen in Österreich ist vergleichsweise gering mit rund 53 Prozent.
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