Rückenwind für FPÖ
In knapp zwei Wochen wählt Wien - und das Ergebnis der Landtagswahl in Oberösterreich am Sonntag wird vor allem eine Folge haben: Das „Duell“ Rot gegen Blau wird sich weiter zuspitzen. Für die Wien-Wahl bedeute der „Riesenerfolg“ der FPÖ in Oberösterreich eine „Portion Rückenwind“, sind sich Experten einig. Allerdings könnte der „Schock“ der Oberösterreich-Wahl der SPÖ bei der Mobilisierung helfen.
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Die Ausgangslage in der Bundeshauptstadt sei jedoch grundsätzlich eine andere, denn Bürgermeister und SPÖ-Landesparteichef Michael Häupl sei hier deutlicher positioniert als etwa die SPÖ in Oberösterreich, meinte Meinungsforscher Peter Hajek (Public Opinion Strategies). Bis auf den Rückenwind für die FPÖ sieht Hajek aber eine von Oberösterreich unabhängige Wahl in Wien.
Frage der Mobilisierung
Für die SPÖ gehe es „diesmal um alles“, meinte Politikexperte Peter Filzmaier. Das heiße, dass man nicht nur die Funktionäre und Stammwähler ansprechen müsse, sondern auch die Nichtwähler. „Wien hat eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung als Oberösterreich, das heißt, jede Partei kann in Wien vom bisherigen Nichtwähler mehr gewinnen als von einer anderen Partei“, so der Politexperte - mehr dazu in wien.ORF.at.
Appell von Häupl
Häupl selbst appellierte am Montag an die Nichtwähler: „Wir haben noch einiges zu tun, vor allem, was die Mobilisierung von sozialdemokratischen Nichtwählern betrifft. Da haben wir jetzt noch zwei Wochen Zeit, das wird unsere Hauptaufgabe sein.“ Keine Option sei jedenfalls eine Zusammenarbeit mit der FPÖ, stellte er einmal mehr klar: „Ich grenze niemanden aus. Ich stelle einfach fest, dass bei den politischen Inhalten, die wir vertreten, und bei den politischen Inhalten, die die FPÖ vertritt, keine Kompatibilität möglich ist. Da ist keine Übereinstimmung“ - mehr dazu in wien.ORF.at.
Häupls deutliche Positionierung
Allerdings - und das spricht für die SPÖ in Wien - habe Bürgermeister Häupl vor allem in der Flüchtlingsfrage deutlich Stellung genommen. Politberater Thomas Hofer (H & P Public Affairs) sieht Häupl „geschickt für alle Anti-Strache-Wähler positioniert“: „Das kann er mit einem geschickten Wahlkampf für sich nutzen.“
Darauf vertraut man offenbar auch in der SPÖ selbst: „Häupl hat hier von Anfang an klar Stellung bezogen und Leadership gezeigt“, sagte ein Parteisprecher am Montag. Die Wiener Roten sehen jedenfalls keinen Anlass, zwei Wochen vor der Wahl am 11. Oktober noch groß nachzujustieren. Auch, weil man von dem Ergebnis am Wochenende nicht wirklich überrascht wurde, wie unumwunden zugegeben wird: „Es wäre naiv anzunehmen, dass wir uns auf Oberösterreich nicht vorbereitet hätten.“
Strache: „Erstmals seit 70 Jahren stärkste Kraft“
Auch die FPÖ will ihren Wiener Wahlkampf wie geplant fortführen. Möglicherweise werde man in Inseraten auf das Ergebnis in Oberösterreich reagieren, so Landesparteisekretär Toni Mahdalik auf APA-Anfrage. Nötig sei eine Änderung der Kampagne jedoch nicht: „Das Rad werden wir nicht neu erfinden.“
Parteichef Heinz-Christian Strache zeigte sich jedenfalls am Sonntagabend optimistisch. Er sagte wörtlich: „Dann schauen wir mal, was in Wien in 14 Tagen möglich wird. Ich glaube, dass spätestens heute sichtbar geworden ist, dass wir dort erstmals seit 70 Jahren stärkste Kraft werden können“ - Video dazu in tvthek.ORF.at.
Die Aussage sorgte vor allem in Sozialen Netzwerken für Aufregung: Seit der ersten Wahl der Zweiten Republik 1945 stellte immer die SPÖ den Wiener Bürgermeister, davor wurde im Nazi-Regime auch Wien von der NSDAP regiert.
Umfragen sehen Kopf-an-Kopf-Rennen
Die jüngste Umfrage sieht nahezu ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden Parteien: Laut „Kronen Zeitung“ kommt die SPÖ in einer von Unique Research durchgeführten Erhebung auf 38, die FPÖ bereits auf 34 Prozent. Es wird jedoch nicht ausgeschlossen, dass sich die Verhältnisse im Finale noch umdrehen - und die FPÖ letztlich sogar vor den Sozialdemokraten liegen könnte. Ein solches Szenario hatten auch andere, kürzlich veröffentlichte Prognosen, die den rot-blauen Abstand noch geringer sahen, skizziert.
Gefahr für die „Kleinen“
Ein hochstilisiertes „Duell“ schadet jedenfalls den kleineres Parteien: Grüne, ÖVP und NEOS kommen jedenfalls weniger in den Medien vor. Und mit einer Schwäche der SPÖ wird es für sie auch schwieriger, als Koalitionspartner infrage zu kommen, weil sich einer Zweierkoalition mit der SPÖ rechnerisch nicht ausgehen könnte, meinte Filzmaier.
Dementsprechende Botschaften kamen bereits am Sonntagabend: Die Ausgangslage für die Wien-Wahl in zwei Wochen sei jedenfalls „nicht einfacher geworden“, sagte der Wiener ÖVP-Obmann Manfred Juraczka. Er sah nach dem „neuerlichen Scheitern“ von NEOS nur die ÖVP Wien als mögliche Alternative zu Rot-Grün.
Grüne und NEOS warnen
Die Spitzenkandidatin der Grünen, Maria Vassilakou, sagte, mit einem starken grünen Wahlergebnis gelte es die Fortsetzung von Rot-Grün in Wien abzusichern: „Michael Häupl bleibt Bürgermeister, Strache legt zu, wird aber nichts in unserer Stadt.“ Jede Stimme könne den Unterschied machen. Die Grünen müssen sich jedenfalls Sorgen machen, dass potenzielle Wähler zur SPÖ überlaufen, um diese gegen Strache zu stärken.
Ähnliche Ängste gibt es bei NEOS: Wer SPÖ wähle, um Strache zu verhindern, stärke die FPÖ, warnte die Wiener NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger: „Nur eine neue Kraft kann seinen Aufstieg stoppen.“ Das werde man in Wien nun verstärkt propagieren - und die Kampagne entsprechend umstellen, wie ein Sprecher erklärte.
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