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Ungarn will Zaun an gemeinsamer Grenze

Der diplomatische Streit zwischen Rumänien und Ungarn um den von Ungarn angekündigten Bau eines 70 Kilometer langen Zaunes an der gemeinsamen Grenze wird immer rauer. Nachdem Rumänien vergangene Woche den ungarischen Botschafter Botond Zakonyi offiziell zur Rede gestellt hatte, wurde am Sonntag umgekehrt auch Rumäniens Botschafter Alexandru Micula ins ungarische Außenministerium zitiert.

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Anlass sind die jüngsten Aussagen des rumänischen Außenministers, der den Zaun als „eher autistische und inakzeptable Geste“ kritisiert und erklärt hatte, dass diese Geste gegen den europäischen Geist verstoße. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto reagierte mit dem Hinweis, dass er sich „mehr Bescheidenheit von einem Außenminister erwartet hätte, dessen Ministerpräsident mit einem Prozess konfrontiert ist“.

Rumäniens Premier Victor Ponta verweigerte bisher seinen Rücktritt, obwohl gegen ihn derzeit ein Korruptionsverfahren läuft. „Wir sind ein 1.000 Jahre alter Staat, der entlang seiner Geschichte oft nicht nur sich selbst, sondern auch Europa verteidigen musste. So wird es auch jetzt sein, ob es dem rumänischen Außenminister gefällt oder nicht“ fügte Szijjarto hinzu.

„Extremistische und lügnerische“ Äußerung

Ponta hatte Anfang vergangener Woche erklärt, Rumänien würde nicht wie Ungarn Flüchtlinge mit „Knüppeln und Seriennummern“ empfangen. Das verurteilte Szijjarto wiederum als „extremistische und lügnerische“ Äußerung und beschuldigte Ponta, die „Selbstkontrolle verloren“ zu haben.

Ponta bezeichnete daraufhin Ungarn als „Schande für Europa“ und bemühte mehrmals den Vergleich mit „dem Europa der 30er und 40er Jahre“. Rumänien setze keine antidemokratischen Maßnahmen, die gegen internationale Abkommen verstoßen, mit „Wachhunden, elektrischen Zäunen und Armee“, versicherte Ponta und beschrieb das als „Methoden von vor hundert Jahren“.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban verteidigte am Montag hingegen erneut die Entscheidung, Sperranlagen gegen Flüchtlinge an den Grenzen zu errichten. „Viele sagen, dass Zäune keine gute Lösung seien, weil dann alle einen Zaun bauen müssten. Aber genau das ist die Lösung“, so Orban im ungarischen Parlament.

Ungarn öffnet Grenze zu Serbien wieder

Der Andrang von Flüchtlingen über die sogenannte Westbalkan-Route hält immer noch unvermindert an. Nachdem Ungarn seine Grenze zu Serbien mit Zaun und Stacheldraht abgeriegelt hatte, sind in Kroatien seit Mittwoch nach Angaben der Regierung in Zagreb 25.000 Flüchtlinge angekommen - manche von ihnen zu Fuß über Felder aus Serbien.

Kroatien hatte deshalb damit begonnen, Flüchtlinge an die ungarische Grenze zu bringen, was wütende Reaktionen in Budapest zur Folge gehabt hat. Ungarn stellte nun einen Stacheldrahtzaun auch an der Grenze zu Kroatien fertig, zugleich wurde der Autobahngrenzübergang Röszke - Horgos 1 nach Serbien am Sonntag wieder geöffnet.

Innenminister inszenierten Grenzöffnung

Der Grenzübergang wurde von den Innenministern Ungarns und Serbiens, Sandor Pinter und Nebojsa Stefanovic, kurz vor 11.00 Uhr für den Personen- und Lkw-Verkehr erneut für geöffnet erklärt. Am kleineren, nahe liegenden Grenzübergang Horgos 2 soll künftig das Einreiseverfahren für Flüchtlinge abgewickelt werden, berichtete die serbische Presseagentur Tanjug.

„Die Wiedereröffnung des Grenzüberganges würde davon zeugen, dass Serbien und Ungarn zwei verantwortungsvolle Staaten sind, welche solche Krisen zu meistern wissen“, wurde Serbiens Innenminister Stefanovic zitiert. Der ungarische Innenminister Pinter bezeichnete es als „traurig“, dass der Grenzübergang geschlossen werden musste. In Zusammenarbeit mit dem serbischen Amtskollegen sei nun eine Lösung gefunden worden, so Pinter.

Tränengas und Wasserwerfer

Ungarn hatte vergangene Woche die Grenze nach Serbien durch einen Zaun und Stacheldraht vollständig abgeriegelt, sodass Flüchtlingen die Reise in das EU-Land versperrt worden war. Zudem traten neue Gesetze in Kraft, die mehrjährige Haftstrafen im Fall des illegalen Grenzübertritts vorsehen.

An der Grenze zu Serbien gab es daraufhin am Mittwoch bei Röszke schwere Zusammenstöße zwischen wütenden Flüchtlingen und der ungarischen Polizei, die Tränengas und Wasserwerfer gegen die Menge einsetzte, nachdem Flüchtlinge die Grenzabsperrung eingerissen hatten. Viele Flüchtlinge versuchen seither, über Kroatien in die EU zu gelangen.

Schließt Ungarn Grenze zu Kroatien?

Ein Reuters-Kameramann berichtete unterdessen, dass Ungarn offensichtlich die Schließung der Grenze bei Beremend vorbereite. Bautrupps rammen drei Meter hohe Zaunpfähle in den Boden und errichten ein Tor am Übergang. Über den Grenzübergang hatte Kroatien in den vergangenen Tagen ohne Absprache Tausende Flüchtlinge nach Ungarn abgeschoben, was zu scharfen Protesten des EU-Nachbarlandes geführt hat. Aus dem kroatischen Grenzort Beli Manastir sind noch weitere Busse mit Migranten unterwegs nach Beremend.

Hunderte in Slowenien

Hunderte Flüchtlinge versuchten zudem, von Kroatien aus nach Slowenien zu gelangen. Beim Grenzort Bregana fuhren am Sonntagmorgen bereits die ersten Busse mit Flüchtlingen ab, ein slowenischer Polizist versicherte, dass „stündlich“ hundert Menschen befördert würden. Bei dem Grenzort hatte die slowenische Polizei am Freitag noch Tränengas gegen die Flüchtlinge eingesetzt.

Laut kroatischen Behörden verließen insgesamt mindestens 3.000 Flüchtlinge am Samstag das Land. Die meisten Flüchtlinge wollen von Österreich aus weiter nach Deutschland oder Schweden. Slowenien hatte angeboten, bis zu 10.000 Flüchtlinge aufzunehmen, wenn sie dort Asyl beantragen.

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