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Notquartiere haben sich geleert

Durchatmen in der Flüchtlingskrise in Österreich: Aufgrund der Sperren der ungarischen Grenzübergänge zu Serbien ist der Andrang der schutzsuchenden Menschen in Österreich stark zurückgegangen. Auch die Notquartiere leerten sich. Für die Helfer und Sicherheitskräfte könnte es sich allerdings nur um eine Verschnaufpause handeln.

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Weil die Flüchtlinge wegen des Grenzzauns zwischen Ungarn und Serbien nun nach Kroatien und Slowenien ausweichen, erwartet die Polizei, dass demnächst eine größere Zahl von Flüchtlingen auf dem Weg nach Deutschland vom Süden her auf Österreich zukommt.

Deutschland holt Tausende Flüchtlinge ab

In Salzburg, wo immer noch Hunderte Flüchtlinge auf die Weiterreise nach Deutschland warten, bleibt die Lage angespannt. Um Chaos zu vermeiden, sollen Flüchtlinge mit Sonderzügen von der deutsch-österreichischen Grenze abgeholt und direkt in verschiedene deutsche Städte gebracht werden. Das sagte ein Sprecher des bayerischen Innenministeriums am Donnerstagabend. Nicht bestätigt wurden Berichte, wonach Flüchtlinge auch direkt in Österreich abgeholt werden sollen.

Den Angaben des bayerischen Innenministeriums zufolge waren drei Züge am Abend unterwegs, um je etwa 500 Flüchtlinge vom Grenzort Freilassing abzuholen. Für die Nacht sei eine weitere Fahrt von Freilassing nach Berlin sowie eine von München nach Dortmund geplant. Insgesamt sollten etwa 2.500 Flüchtlinge auf diese Weise weiterreisen können.

Rotes Kreuz: Großteil weitergereist

Österreichweit verbrachten die vergangene Nacht rund 6.800 Flüchtlinge in Notquartieren. Waren am Mittwoch noch ungefähr 15.000 im Land gewesen, seien es Donnerstagfrüh noch rund 7.700 gewesen, sagte Gerry Foitik, Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, der APA. „Fast alle werden das Land am Donnerstag verlassen und großteils nach Deutschland weiterreisen“, so Foitik.

Grenzübergang Nickelsdorf ohne Flüchtlinge

APA/Herbert Neubauer

Beim Grenzübergang im burgenländischen Nickelsdorf ist kaum mehr etwas von den eilig errichteten Zelten zu sehen

„Wir sind jedenfalls darauf vorbereitet, wenn sich der Flüchtlingsstrom auf die südliche Route zur slowenischen Grenze verlagert“, sagte der Bundesrettungskommandant. Bereits am Mittwoch wurde damit begonnen, Material von Nickelsdorf nach Kärnten und in die Steiermark zu verlagern. In den beiden südlichen Bundesländern gebe es ständig Evaluierungen, um die Betreuung ankommender Flüchtlinge sicherzustellen.

80.000 Menschen versorgt

Nach 13 Tagen im Einsatz zog das Rote Kreuz am Donnerstag eine Zwischenbilanz. „In den vergangenen Tagen haben Mitarbeiter des Roten Kreuzes - die meisten davon Freiwillige - 80.000 Menschen auf der Flucht versorgt“, sagte Gerald Schöpfer, Präsident des Roten Kreuzes. 80 Notunterkünfte mit bis zu 12.000 Personen täglich wurden betrieben. Die Helfer verteilten Essen und Getränke, Kranke und Verletzte wurden medizinisch versorgt. Insgesamt waren bis Donnerstag rund 9.000 Helfer im Einsatz.

Zelte vom Bundesheer

APA/Herbert Neubauer

Die Notquartiere sind so gut wie leer

Das Rote Kreuz setzte 350 Tonnen Hilfsgüter aus seinen Lagerbeständen ein, darunter 700 Zelte, 25.000 Feldbetten, 80.000 Decken, Schlafsäcke, Besteck, Badetücher und Hygieneartikel für 15.000 Personen. Schöpfer wies darauf hin, dass es sich nur um eine Zwischenbilanz handelt. „Auch wenn sich die Situation an der burgenländischen Grenze entspannt, ist unser Einsatz noch lange nicht zu Ende“, sagte der Präsident. „Wir bereiten uns jetzt intensiv darauf vor, ankommenden Flüchtlingen in anderen Regionen Österreichs zu helfen.“

Gute Zusammenarbeit herausgestrichen

Foitik unterstrich die gute Zusammenarbeit aller operativ am Einsatz beteiligten Organisationen und Unternehmen. „Dafür möchte ich mich bedanken“, sagte Foitik. „Außerdem möchte ich mich bei Österreichs Polizisten bedanken, die eine sehr gute Balance zwischen klarer Durchsetzung der Rechtsstaatlichkeit und einer humanen Behandlung von Menschen auf der Flucht gefunden haben.“

Entspannung in Oberösterreich

Auch in Oberösterreich ging das Flüchtlingsaufkommen zuletzt zurück. Es wird allseits von Entspannung gesprochen - mehr dazu in ooe.ORF.at. Die Volkshilfe kündigte indes an, sich ab Freitag aus der Betreuung der Flüchtlinge im Notquartier auf dem Bahnhof in Linz teilweise zurückzuziehen. Grund sei, dass sich die Organisation um ihren eigentlichen Auftrag, fixe Unterkünfte für Asylwerber zu finden und zu adaptieren, widmen wolle. Für die Betreuung der Übergangsquartiere habe das Rote Kreuz mittlerweile Unterstützung vom Team Österreich bekommen, hieß es in einer Aussendung. Die Versorgung der Flüchtlinge mit Kleidung und Schuhen durch die Volkshilfe bleibe aber aufrecht.

Aus dem für zwei Tage geplanten Engagement der Volkshilfe seien zwei Wochen geworden, bilanzierte Christian Schörkhuber, zuständig für die Flüchtlingsbetreuung. Mehr als 5.000 Menschen seien in der Linzer Tabakfabrik und danach im ehemaligen Postverteilzentrum auf dem Bahnhof versorgt worden, ebenso viele Pakete mit Hygieneartikeln ausgegeben und Tonnen an Kleidung sortiert worden. Denn die Flüchtlinge seien teilweise nur mit leichten Sommersachen oder in Sandalen unterwegs gewesen.

Flüchtlinge auch in Kärnten weitergereist

Die Kärntner Polizei kann Flüchtlinge an der slowenischen Grenze zurückweisen. Das sagte Polizeisprecher Rainer Dionisio am Donnerstag im Gespräch mit der APA. Es komme dabei aber auf die Verhältnismäßigkeit an, jeder Einzelfall müsse an Ort und Stelle gesondert betrachtet werden. Zurückgewiesen können Menschen werden, wenn sie keinen Ausweis dabeihaben und nicht um Asyl in Österreich ansuchen wollen. - mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Seit Beginn der Grenzkontrollen am Mittwoch sind keine Flüchtlinge mehr an der steirischen Staatsgrenze angekommen - und so sind die beiden großen Notquartiere in Graz-Webling und am Schwarzlsee derzeit so gut wie leer - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Nickelsdorf: Zurück zum Alltag

In den vergangenen Wochen zogen mehr als 60.000 Flüchtlinge durch Nickelsdorf. Nun normalisierte sich die Lage wieder. In Nickelsdorf war man bemüht, den Normalzustand wiederherzustellen. Langsam kehrte in dem Ort mit knapp 1.700 Einwohnern wieder Ruhe ein. Helfer waren am Mittwoch damit beschäftigt, die Spuren, die die Flüchtlinge auf ihrem Weg durch die Ortschaft hinterlassen hatten, zu beseitigen - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

Entspannt hat sich die Situation der Flüchtlinge am Donnerstag auch in Wien. Von den insgesamt rund 8.000 Notschlafplätzen war nur noch rund die Hälfte belegt. Das teilte ein Sprecher des Fonds Soziales Wien (FSW) mit. Laut Polizei verbrachten 3.800 Flüchtlinge die Nacht in Wien. Im Ferry-Dusika-Stadion übernachteten beispielsweise etwa 400 Menschen, Platz wäre dort für insgesamt bis zu 1.500 Personen. Dennoch wird sich der FSW auch weiterhin nach Unterkünften umsehen, um für die Zukunft und vor allem für die kalte Jahreszeit gerüstet zu sein. Denn der Bedarf an Schlafplätzen werde sicher nicht geringer werden, so der Sprecher - mehr dazu in wien.ORF.at.

Soldaten an steirische Grenze

Das Bundesheer verlegt eine verstärkte Kompanie an die slowenisch-steirische Grenze, um die Polizei bei der Kontrolle der Übergänge zu unterstützen. Man erhalte die Aufträge von der Polizei, grundsätzlich überwache man das „Angelände“ links und rechts der Grenzübergänge Spielfeld und Sicheldorf, hieß es seitens des Militärkommandos Steiermark am Donnerstag auf APA-Anfrage.

Es handelt sich dabei um eine verstärkte Kompanie des Aufklärungs- und Artilleriebataillons (AAB) 3 aus Mistelbach in Niederösterreich, das heißt über 150 Soldaten des Berufskaders sowie Zeitsoldaten. Sie werden mit etwa 50 Fahrzeugen anrücken und vorerst in der Kaserne Straß bei Spielfeld Quartier beziehen. In weiterer Folge soll ein Zug (20 bis 30 Soldaten) im Bereich Sicheldorf östlich von Bad Radkersburg im südöstlichsten Zipfels des Staatsgebietes in Privatquartieren unterkommen. Es handle sich um gut ausgebildete Berufssoldaten mit Auslandeseinsatzerfahrung und Sprachkenntnissen.

Die Grenze in der südöstlichen Steiermark lässt sich relativ leicht überwachen: Etwas östlich von Spielfeld bildet die Mur die Staatsgrenze bis Bad Radkersburg. Der dortige Straßenübergang und jener in Mureck über Brücken lassen sich relativ leicht von der Polizei kontrollieren, ebenso die kleine Fähre bei Weitendorf. „Es gibt hier eben kein Angelände“, so Oberst Gerhard Schweiger vom Militärkommando. In Sicheldorf beim Übergang der L205 Richtung Murska Sobota in Slowenien sowie um den Übergang Spielfeld ist es anders - hier ist offenes flaches bzw. hügeliges Gelände. Von slowenischer Seite könnte man mit einigen Kilometern Umweg Gornja Radgona (Oberradkersburg) umgehen und über die Murbrücke bei Radenci Sicheldorf erreichen.

Auch Hubschrauber im Einsatz?

Unter Umständen könnten zur Grenzraumüberwachung auch zwei Hubschrauber zum Einsatz kommen, das wird laut Oberst Schweiger aber erst entschieden. Die Fluggeräte würden erst im Großraum Graz und dann im Grenzraum stationiert. Zumindest einer dürfte aus dem obersteirischen Fliegerhorst Aigen im Ennstal kommen. Die dortigen Alouette-III-Maschinen sind mit FLIR (Forward Looking Infrared), einer nach vorne gerichteten Wärmebildkamera, ausgestattet. Das Gerät wurde bereits seinerzeit im Assistenzeinsatz im Burgenland sowie bei Suchaktionen eingesetzt.

Am Freitag soll eine Einweisung für die Soldaten durch die Polizei erfolgen. Bewaffnet dürften die Soldaten mit Glock-Pistolen sein - es sei davon auszugehen, dass die Bewaffnung auf ähnlicher Basis wie bei der Polizei erfolge, hieß es seitens des Heeres. Erst am Dienstag war übrigens die Kaderpräsenzeinheit des Jägerbataillons 17 aus Straß unter anderem nach Salzburg beordert worden.

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