Knapp 5.000 Flüchtlinge verteilt
Noch Dienstagabend haben Tausende Flüchtlinge auf den Wiener Bahnhöfen gewartet - 4.000 auf dem Westbahnhof, 1.000 auf dem Hauptbahnhof. In den Nachstunden konnten offenbar nahezu alle in Quartieren untergebracht werden. Beide Bahnhöfe wurden fast vollständig geräumt.
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„Es war eine positive Räumung. Der Großteil ist geordnet in Quartiere gebracht worden“, hieß es Mittwochfrüh vonseiten der ÖBB. Jeweils rund 150 Flüchtlinge seien noch in den beiden Bahnhöfen. Die 150 Schutzsuchenden auf dem Hauptbahnhof hätten sich freiwillig für ein Bleiben entschieden, obwohl sie die Möglichkeit gehabt hätten, mit einem Sonderzug nach Westen weiterzureisen.
Von beiden Bahnhöfen sei in der Nacht ein Sonderzug in Richtung Westen abgefahren, in jenem vom Hauptbahnhof hätten sich rund 250 Personen befunden, sagte der Sprecher. Noch Dienstagnachmittag hatte die Polizei dazu aufgerufen, keine Flüchtlinge mehr zu den Bahnhöfen zu bringen. Denn auch die Weiterfahrt ist schwierig. Am Dienstag fielen wegen der Grenzkontrollen zwei Züge nach Deutschland aus. Polizeisprecher Roman Hahslinger sprach von einem Rückstau.
Eilige Suche nach Notquartieren
Auch der von der Regierung eingesetzte Flüchtlingskoordinator Christian Konrad sieht seine Hauptaufgabe in der Schaffung von Quartieren für Flüchtlinge und die Logistik dazu. Am Dienstag meldete sich Konrad erstmals in seiner Funktion als Koordinator bei einer Pressekonferenz zu Wort. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die für heuer erwarteten 85.000 Flüchtlinge untergebracht werden können. Das Gleiche gelte auch für die Schaffung von bis zu 35.000 weiteren Quartieren - 15.000 entfallen dabei auf den Bund, 20.000 auf die Länder.
Man müsse aber angesichts der aktuellen Notsituation die Standards bei der Unterbringung von Flüchtlingen überdenken, so Konrad. Für eine befristete Zeit sollten daher „Notstandards“ gelten. Der frühere ÖVP-Abgeordnete Ferry Maier, der Konrad unterstützt, verwies hier etwa auf aktuelle Vorgaben wie die Höhe von Handtuchhaltern und die Größe von Oberlichten. Man sei daher im Gespräch über die künftigen Rahmenbedingungen.
„Land hat enorme Kapazitäten“
Stolz zeigte sich der ehrenamtlich tätige Koordinator Konrad über die Hilfsbereitschaft der Österreicher. Diese Spenden - von Kleidung bis zu Wohnungen - gelte es nun zu koordinieren und organisieren. Unterstützung bei der Quartiersuche erhofft er sich auch durch die neue ORF-Plattform „Helfen. Wie wir.“ Dort sollen insbesondere angebotene Privatquartiere gesammelt und koordiniert werden.
„Dieses Land hat enorme Kapazitäten. Man muss sie nur aufspüren und nutzen“, betonte Konrad. „Das Boot ist noch nicht voll.“ Als eines seiner ersten Ziele sieht Konrad die Entlastung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen: „Wir sind dabei, diesen Krisenherd zu entschärfen.“ Insbesondere die Zelte müssten nicht zuletzt aufgrund der Kälte „gegenstandslos“ werden.
Konrad zufolge gibt es keine obdachlosen Flüchtlinge mehr in Traiskirchen. Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte gegenüber der APA, dass das seit vergangener Woche der Fall sei. Insgesamt sind aktuell rund 3.500 Personen auf dem Areal untergebracht.
„Pufferzone“ Österreich
Konrad und sein Mitarbeiter Maier forderten zudem, die Asylverfahren zu beschleunigen. Diese Rechtssicherheit sei eine Frage der Fairness, meinte er. Auch brauche es mehr „Manpower“, so Konrad. Die aktuelle Situation mit den Grenzkontrollen von Deutschland sei herausfordernd. Österreich sei nun eine „Pufferzone“. In den vergangenen 24 Stunden seien 20.000 Flüchtlinge nach Österreich gekommen, so Konrad Dienstagmittag. Dass diese „ohne großen Wirbel“ untergebracht worden seien, sei eine „Meisterleistung“.
Offiziell startet Konrad seine Tätigkeit erst per 1. Oktober. Schon bisher führte er aber zahlreiche Gespräche mit der Bundesregierung, den Landeshauptleuten, Vertretern der Interessenvertretungen und NGOs. Er sieht sich als Koordinator dieser Gruppen und Vertreter der Zivilgesellschaft. Politische Tätigkeit übe er keine aus. Seine Aufgabe sei es auch, zu motivieren und Ideen zu entwickeln. Es brauche eine Bereitschaft zu kooperieren, und diese sei „durchaus gegeben“, so der Ex-Raiffeisen-Manager Konrad.
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