Großer Andrang aus Ungarn
Der österreichich-ungarische Grenzübergang Nickelsdorf ist gesperrt worden. Die Polizei sperrte am Montag um 8.45 Uhr den Grenzübergang auf der Ostautobahn (A4) in Fahrtrichtung Ungarn. Das berichtete die ASFINAG. Die Autobahn in Richtung Wien wurde auf ungarischer Seite ebenfalls gesperrt. Gleiches galt für die Bundesstraße 10.
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Die A4-Sperre wurde am Vormittag für einige Stunden zwar wieder aufgehoben - seit dem frühen Nachmittag ist die Autobahn aber wieder gesperrt. Ein ASFINAG-Sprecher begründete die Vorgangsweise damit, dass immer wieder Flüchtlinge die Fahrbahn querten. Wie lange die Sperre aufrecht bleiben sollte, war zunächst unklar.

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Nickelsdorf am Montag in der Früh
Nickelsdorf: Schätzungen kaum noch möglich
In Nickelsdorf kommen weiterhin viele Flüchtlinge von Ungarn an: „Wir bringen die Leute von hier leider nicht im gewohnten Tempo weg. Es stockt sozusagen“, sagte Polizeisprecher Gerald Pangl Montagvormittag vor Journalisten. Man traue sich fast schon nicht mehr, Schätzungen über die Anzahl der wartenden Menschen abzugeben. Mittlerweile dürften es mehr als 7.000 sein. Wann der Bustransport in vollem Umfang wieder aufgenommen wird, war vorerst nicht absehbar.
„Es kommen dauernd neue Flüchtlinge“
Die Lage in Nickelsdorf hat sich laut ORF-Korrespondent Franz Renner „etwas“ beruhigt - nach wie vor kommen allerdings „dauernd neue Flüchtlinge“ über die österreichisch-ungarische Grenze.
„Es laufen ständig Gespräche, und man versucht, in allen möglichen Richtungen Unterkünfte freizubekommen oder eben Plätze, wo man die Leute wenigstens einmal fürs Erste unterbringen kann.“ Die wartenden Menschen seien trotz stundenlanger Wartezeiten immer noch sehr diszipliniert. Aus Ungarn sei weiterhin nur zu hören, wenn ein weiterer Sonderzug ankomme, und das nur sehr kurzfristig. Welche Lager jetzt wirklich geleert oder geöffnet würden und wie groß die zu erwartende Zahl an Flüchtlingen sei, dazu habe man bis jetzt keine offiziellen Informationen. Wann der Andrang seinen Höhepunkt erreiche, lasse sich derzeit nicht sagen, so Pangl.

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Flüchtlinge übernachteten in Nickelsdorf in Zelten
Ungarische Flüchtlingspolitik als Auslöser
Im Laufe des Montags erwartet man rund 20.000 Flüchtlinge im Burgenland. Nicht bestätigten Informationen zufolge räumt Ungarn derzeit unter anderem seine Lager bei Röszke und bringt die Menschen zur Grenze nahe Nickelsdorf beziehungsweise Heiligenkreuz, wo am Montag die Lage ebenfalls eskalierte - mehr dazu in burgenland.ORF.at.

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In Heiligenkreuz kamen allein seit Mitternacht bis zum frühen Vormittag rund 4.000 Menschen über die Grenze. Laut Polizeisprecher Gerald Koller wurden 1.000 Flüchtlinge noch in den Nachtstunden in Quartiere nach Oberwart und Strem (Bezirk Güssing), Fürstenfeld sowie auch nach Nickelsdorf (Bezirk Neusiedl am See) gebracht. Die Lage habe sich im Laufe des Tages zwar beruhigt - die Einsatzkräfte stoßen dennoch zunehmend an ihre Grenzen. Notquartiere für die in Heiligenkreuz ankommenden Flüchtlinge werden derzeit auch in Graz gesucht - mehr dazu in steiermark.ORF.at.
Wien sucht neue Notquartiere
Wo die in Österreich gestrandeten Flüchtlinge untergebracht werden, ist derzeit Thema etlicher Krisensitzungen. In Wien tagte ein Krisenstab am Montagnachmittag darüber, ob Wien weitere Quartiere für Flüchtlinge bereitstellen kann. Derzeit gibt es rund 5.500 Notschlafplätze - mehr dazu in wien.ORF.at.
In Salzburg erkundigten sich Flüchtlinge, wann sie weiterreisen können. Viele haben die Nacht in einem Notquartier in der Bahnhoftiefgarage verbracht - mehr dazu in salzburg.ORF.at. Auch in Oberösterreich sind fast alle Flüchtlinge, die in der Nacht in Notquartieren untergebracht wurden, noch im Land - mehr dazu in ooe.ORF.at.
Zugsverkehr nach Deutschland wieder gestoppt
Unterdessen wurde der Zugsverkehr von Salzburg nach Deutschland ÖBB-Angaben zufolge am frühen Montagnachmittag erneut eingestellt. Grund seien die deutschen Grenzkontrollen in der aktuellen Flüchtlingskrise und damit verbundene „erhebliche Verzögerungen“. Züge aus Wien fahren bis Salzburg, „ab dort ist eine Weiterreise bis auf Weiteres nicht möglich“.
Die Situation könne sich jederzeit wieder ändern, betonte ÖBB-Sprecher Michael Braun. In der Nacht auf Montag war der Bahnverkehr zwischen Deutschland und Österreich ebenfalls eingestellt gewesen. Am Vormittag mussten außerdem Streckenabschnitte gesperrt werden, weil sich immer wieder Menschen auf den Gleisen befanden.

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In Nickelsdorf kamen allein am Sonntag rund 15.000 Flüchtlinge über die Grenze
Grenzkontrollen in Deutschland
In den vergangenen Tagen waren Tausende Flüchtlinge mit Zügen von Österreich nach Deutschland gelangt und hatten vor allem München an den Rand der Aufnahmekapazitäten gebracht. Auch am Wochenende kamen wieder Tausende Flüchtlinge mit Zügen aus Österreich in München an. Wegen des großen Andrangs von Flüchtlingen am Sonntag vollzog die deutsche Regierung am Sonntag einen drastischen Kurswechsel und setzte das Schengen-Abkommen vorübergehend außer Kraft. Laut EU-Kommission ist die Vorgehensweisen regelkonform - offen ist derzeit noch, wie lange es an der deutsch-österreichischen Grenze nun wieder Kontrollen gibt, und offen sind damit auch die Auswirkungen für Österreich.

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Grenzkontrollen in der Nacht auf Montag bei Freilassing
Die deutsche Polizei hat sich nach eigenen Angaben bereits auf einen längeren Einsatz eingestellt. Für die Aufgabe würden nun mehrere hundert Beamte abgestellt, sagte ein Sprecher am Sonntagabend. „Wir haben uns darauf eingestellt, diese Maßnahme nach einer Phase des Aufwachsens über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten“, hieß es in einer Erklärung des deutschen Bundespolizeipräsidiums weiter.
„Es kann nicht mehr jeder kommen“
Laut ORF-Reporter Andreas Jölli will die Regierung in Berlin mit den nun getroffenen Maßnahmen auch sagen: „Es kann nicht mehr jeder nach Deutschland kommen.“
Über 19.000 kamen nach München
Über das gesamte Wochenende kamen fast 20.000 Flüchtlinge in München an. Am Sonntag hätten 7.100 Flüchtlinge die bayrische Landeshauptstadt erreicht, teilte eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern Montagfrüh mit. Wie sich die am Sonntag wiedereingeführten Grenzkontrollen auf die Zahlen auswirken werden, sei noch unklar. Behörden und Helfer seien nach wie vor vorbereitet.
Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) hatte am Sonntag angesichts der großen Zahl von Flüchtlingen über Österreich die vorübergehende Einführung der Grenzkontrollen offiziell angekündigt und damit entsprechende Medienberichte bestätigt.

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Am Sonntag wurde auch der Zugsverkehr nach Deutschland eingestellt
Die Grenzkontrollen sollen auch nach Worten von de Maiziere „eine Weile“ dauern. Einen genauen Zeitrahmen blieb der deutsche Innenminister schuldig: „Das wäre nicht gut, wenn wir vorher sagen würden, wie lange das geht“, sagte De Maiziere gegenüber der ARD.
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