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Unterschiedliche Standpunkte

Die Entwicklungen in der Flüchtlingskrise belasten das Koalitionsklima, das ist am Sonntagabend in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ klargeworden. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) etwa pochte auf rasche Grenzkontrollen, Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) redete zwar ebenfalls einem Gleichklang mit den deutschen Nachbarn das Wort, plädierte aber dafür, das Treffen zwischen Kanzler Werner Faymann (SPÖ) und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abzuwarten.

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Kurz warnte vor einer Überforderung. „Wir müssen im Gleichklang mit Deutschland agieren. Alles andere führt zu Überforderung“, so Kurz zur „Grenzschließung“ Deutschlands. Kurz sprach im ORF-Fernsehen davon, dass Österreich mit seinem Vorgehen mit den vielen Flüchtlingen bisher eher „solidarisch im Weiterwinken nach Deutschland“ gewesen sei. Wenn sich zeige, dass Deutschland nun eher verzögernd vorgehe, müsse das auch Österreich tun. Gleiches gelte auch, wenn Deutschland bei einem ganz strengen Vorgehen bleibe. „Wir müssen ident vorgehen wie Deutschland“, sagte der Außenminister, demzufolge zur Stunde Polizeikräfte im Burgenland verstärkt werden.

Der Schritt des Nachbarn sei vorhersehbar gewesen, meinte Kurz. Nur wann dieser erfolgen würde, sei offen gewesen. Für Österreich werde eine „absolute Notsituation, die wir in den nächsten Tagen erleben werden“ ausgelöst. Nicht nur der Grenzort Nickelsdorf im Burgenland werde überfordert, sondern das ganze Land.

Alle Augen auf Merkel

Hundstorfer betonte, in erster Linie werde ein Treffen mit Merkel (CDU) am Dienstag in Berlin mit Faymann (SPÖ), Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (beide ÖVP) entscheiden. „Das ist ein bewusster Termin, hier gibt es eine weitere Entscheidung“, sagte Hundstorfer. Gleichgang habe zwischen Deutschland und Österreich am Beginn des Vorgehens geherrscht, und am Ende der Kette werde das neuerlich so sein. Eine gewisse Entscheidung erwartete der Sozial- und Arbeitsminister mit Verweis auf eine komplexe europäische Thematik auch vom morgigen Treffen der EU-Innenminister.

Eine europäische Lösung hält Kurz auch für nötig, aber man müsse auch genauer einen Blick in die Herkunftsländer werfen. Es brauche einen Systemwechsel „weg vom Aufnehmen hin zu mehr vor Ort tun“. Auch brauche es für eine europäische Lösung eine Kooperation mit Ungarn. Der Außenminister sagte auch, dass „nicht nur Kriegsflüchtlinge“ unterwegs seien. Zuletzt hätten sich auch immer mehr Menschen auf den Weg gemacht, die nur behaupteten, Syrer zu sein, aber in Wahrheit aus Pakistan, Algerien oder Palästina stammten. Hinsichtlich eines impliziten NS-Vergleichs Faymanns gegenüber Ungarn, sagte Kurz, mit solchen Vergleichen sei „Vorsicht“ geboten, „da muss man schon aufpassen“.

„Stichprobenartige Kontrollen“

Mikl-Leitner hatte sich auch in der Krisensitzung der Regierungstaskforce für dasselbe Vorgehen wie in Deutschland ausgesprochen, bestätigte ihr Sprecher auf APA-Anfrage. Durchgesetzt hat sie sich damit allerdings nicht. Ihr Ansinnen für einen Assistenzeinsatz des Bundesheeres gelte nur für diesen Fall, wurde betont. Kurz hatte in der ORF-Sendung „Im Zentrum“ erklärt, Mikl-Leitner habe einen solchen angefordert.

Ein wenig Licht kam am späten Sonntag auch in die Frage, wie genau nun SPÖ und ÖVP den Begriff „verstärkte Grenzkontrollen“ interpretieren. Faymann hatte durchgehende Grenzkontrollen und somit ein Aussetzen des Schengen-Abkommens abgelehnt, Mitterlehner hatte bei der Pressekonferenz nach der Sitzung der Taskforce von „verstärkten Grenzkontrollen“ gesprochen.

Ergebnis sei gewesen, dass man die „stichprobenartigen Kontrollen im Grenzraum“ gemäß Schengen verstärken werde, wurde dazu im Innenministerium auf APA-Anfrage erläutert. Dafür würden auch die Polizeikräfte an der Grenze aufgestockt. Der Einsatzstab tagte am späten Abend weiterhin.

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