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Scharfe Kritik Faymanns an Ungarn

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat angekündigt, Flüchtlinge künftig in ihre Heimatländer zurückschicken zu lassen. Der deutschen „Bild“-Zeitung vom Samstag sagte Orban, die Flüchtlinge sollten „dorthin, wo sie herkommen“. Zugleich kündigte er einen eigenen Plan zur Lösung der Flüchtlingskrise an.

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Die Flüchtlinge kämen ja nicht aus dem Kriegsgebiet, sondern aus Lagern in Nachbarländern Syriens, so Orban. „Dort waren sie in Sicherheit. Diese Menschen fliehen also nicht vor der Gefahr, sie sind bereits geflohen und mussten nicht mehr um ihr Leben fürchten.“ Die Menschen kämen nach Europa, weil sie ein besseres Leben wollten. Das könne er verstehen, sagte Orban. „Aber fest steht: Es gibt kein Grundrecht auf ein besseres Leben, nur ein Recht auf Sicherheit und Menschenwürde.“

Faymann: „Weckt Erinnerungen an dunkelste Zeit“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) verglich unterdessen das harte Vorgehen Orbans im deutschen Magazin „Spiegel“ mit der NS-Rassenpolitik. „Flüchtlinge in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woandershin fahren, weckt Erinnerungen an die dunkelste Zeit unseres Kontinents“, so Faymann. „Menschenrechte nach Religionen zu unterteilen ist unerträglich.“ Orban betreibe „bewusst eine Politik der Abschreckung“.

Faymann brachte gegenüber dem „Spiegel“ erneut finanzielle Sanktionen für EU-Staaten wie Ungarn ins Gespräch, die sich einer Quotenregelung für die Aufteilung der Flüchtlinge in der EU verweigern. „Zur Bewältigung der Flüchtlingsbewegung brauchen wir Strafen gegen Solidaritätssünder“, sagte der SPÖ-Chef. Als Beispiel nannte er die Kürzung der Mittel aus den Strukturfonds, von denen vor allem die östlichen EU-Staaten profitierten. Die Quotenregelung könne in der EU auch mit qualifizierter Mehrheit durchgesetzt werden.

„Eines führenden Politikers unwürdig“

Ungarns Außenminister Peter Szijjarto wies Faymanns Anschuldigungen am Samstag scharf zurück: „Dies weisen wir entschieden zurück und verbitten es uns“, übermittelte Szijjarto der staatlichen ungarischen Nachrichtenagentur MTI. Faymanns Worte seien „eines führenden Politikers im 21. Jahrhundert unwürdig“. Österreichs Regierungschef betreibe seit Wochen eine „Lügenkampagne“ gegen Ungarn, obwohl das Land alle EU-Regeln beachte und eine effiziente gemeinsame europäische Lösung für die Flüchtlingskrise suche.

Erschwert werde das dadurch, dass Politiker wie Faymann mit verantwortungslosen Äußerungen bei „Wirtschaftsflüchtlingen“ Illusionen und „Träume ohne Grundlage“ weckten. Faymanns „Amoklauf“ sei unerträglich und offenbare seine Unfähigkeit. Angaben von Diplomaten zufolge sei zudem der österreichische Botschafter in Ungarn für Montag ins Außenministerium in Budapest zitiert worden.

Orban: Drei Mrd. Euro für Syrien

Der ungarische Regierungschef kündigte zudem an, einen eigenen Plan für die Lösung der Flüchtlingskrise vorzulegen. Laut diesem sollen die Nachbarstaaten Syriens - die Türkei, Libanon und Jordanien - massive Finanzhilfen erhalten. Die Hilfen für Syrien bezifferte er auf rund drei Milliarden Euro.

„Ich schlage vor, dass jedes Land ein Prozent zusätzlich in den Haushalt der EU einzahlt. Zugleich senken wir die Ausgaben für andere Zwecke generell um ein Prozent.“ Sollte mehr Geld nötig sein, „stocken wir die Hilfen auf - so lange, bis der Flüchtlingsstrom versiegt“, sagte Orban weiter. Er werde den Plan seinen EU-Kollegen bei ihrem nächstem Treffen vorlegen, kündigte Orban an.

„Deutsche Regierung schuld an Chaos“

Orban griff in der Zeitung zudem erneut die deutsche Regierung an. Die Ankündigung vom vergangenen Wochenende, Flüchtlinge aus Ungarn unregistriert nach Deutschland reisen zu lassen, habe in seinem Land „eine Revolte ausgelöst“. Migranten seien aus Unterkünften ausgebrochen und hätten Polizisten angegriffen. „Sie verweigerten, sich registrieren zu lassen, wie es das EU-Recht vorschreibt“, sagte Orban.

„Zuvor hatten unsere Behörden die Lage - wenn auch mit Mühe - im Griff. Erst als die deutsche Regierung ankündigte, EU-Regeln ‚vorübergehend‘ außer Kraft zu setzen, brach bei uns das Chaos aus.“ So etwas geschehe, wenn man „Regeln nicht einhält“.

Deutscher Vizekanzler: „An EU-Recht halten“

Der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel konterte Orbans Vorwürfe seinerseits mit Kritik: „Er ist an europäisches Recht gehalten und muss politischen Flüchtlingen Schutz bieten“, so der SPD-Vorsitzende am Samstag. „Er kann nicht einfach die Flüchtlinge in so schlechten Verhältnissen lassen und sie zurückschieben.“

Die meisten Flüchtenden kommen auf der Balkan-Route aus der Türkei über Griechenland und Ungarn nach Österreich und wollen dann weiter nach Deutschland reisen. Menschenrechtler kritisieren, dass der ungarische Staat die Flüchtlinge unzureichend versorgt. Die deutsche Regierung rechnet allein an diesem Wochenende mit 40.000 Neuankömmlingen.

Pröll kritisiert Faymann

Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) kritisierte in einem Interview mit der Tageszeitung „Österreich“ Faymann für seine Aussagen über Orban. „Was ich für gar nicht hilfreich halte, ist, dass der Kanzler in dieser Situation die Konfrontation mit dem ungarischen Ministerpräsidenten gesucht hat, statt das Miteinander zu pflegen. Ich fürchte, da haben ihn gewisse Spindoctoren in eine falsche Richtung gedrängt, die eines Staatsmannes nicht würdig ist und die Situation schwieriger macht“, sagte Pröll.

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