Satellitenbilder belegen Zerstörung
Neben mehreren Tempeln hat die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im antiken syrischen Palmyra auch drei berühmte Grabtürme gesprengt. Es habe sich um „die am besten erhaltenen, die schönsten“ der Türme gehandelt, sagte der Leiter der syrischen Antikenverwaltung, Maamun Abdelkarim, am Freitag.
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Gerüchte über die Sprengung der Grabtürme seien vor zehn Tagen aufgetaucht, so Abdelkarim. Satellitenbilder vom 2. September, auf denen auch die Zerstörung der weltberühmten Baal- und Baal-Schamin-Tempel zu sehen ist, hätten die Sprengungen bewiesen. Gesprengt wurde nach Abdelkarims Angaben auch der besonders berühmte Elahbel-Turm, der in der UNESCO-Liste der Weltkulturerbestätten besonders hervorgehoben wird.
IS eroberte Oasenstadt im Mai
Der IS hatten die Oasenstadt Palmyra Ende Mai erobert. Zunächst plünderten die Dschihadisten mehrere Mausoleen, zerstörten Skulpturen und verminten die größeren Ruinen, bis sie schließlich mit der Sprengung der 2.000 Jahre alten Tempel und Türme weitermachten. Von der UNO veröffentlichte Satellitenbilder zeigen, dass die antiken Stätten dem Erdboden gleichgemacht wurden.

UNITAR-UNOSAT via AP
Die Satellitenbilder zeigen die Zerstörung (nach und vor der Sprengung)
„Wir können die Zerstörung des Hauptgebäudes des Baal-Tempels sowie einer Säulenreihe in der unmittelbaren Nachbarschaft bestätigen“, hieß es vom UNO-Forschungs- und Ausbildungsinstitut (UNITAR). Das Institut stützt sich auf Satellitenaufnahmen, die die Tempelanlage vor und nach einer Explosion zeigen. Auf der Aufnahme sind von dem imposanten Tempel nur noch einige Säulen erkennbar.

Reuters/Social Media
Die Sprengung einer Säulenreihe
„Der Baal-Tempel war das schönste Symbol von ganz Syrien. Es war der schönste Ort für einen Besuch. Und wir haben ihn für immer verloren“, sagte Abdelkarim, „sie haben Palmyra getötet, nun terrorisieren sie es. Es ist die letzte Warnung vor der vollständigen Zerstörung Palmyras.“ Er warnte, auch die verbleibenden Ruinen wie das römische Theater und die Grabmäler der Nekropole seien nun bedroht.
UNESCO: Verbrechen gegen Zivilisation
Die UNESCO-Chefin Irina Bokowa bezeichnete die Zerstörung des Baal-Tempels als „unerträgliches Verbrechen gegen die Zivilisation“. Jeder dieser Angriffe fordere dazu auf, das Erbe der Menschheit in Museen, Schulen, Medien und zu Hause zu teilen. „Die Energie der Kultur ist stärker als jeder Fanatismus - und nichts kann sie ersticken“, so Bokowa. Der weltberühmte Baaltempel aus römischer Zeit bildet den größten Komplex in dem UNESCO-Weltkulturerbe.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/BBC NY Times
Sheikhmous Ali von der Vereinigung zum Schutz der Syrischen Archäologie warnte, die Zerstörung der Ruinen sei ein Versuch, in den Schlagzeilen zu bleiben. „Je mehr wir den brutalen Aktionen des IS mediale Aufmerksamkeit widmen, desto öfter werden sie das wiederholen“, sagte Ali. Auch Charlie Winter vom Londoner Politikinstitut Quilliam Foundation sagte, die IS-Miliz genieße nichts so sehr wie die Verurteilung ihrer Taten, da ihr das eben Aufmerksamkeit sichere.
IS kündigt Zerstörung bis zum letzten Gebäude an
In der radikalen Interpretation des Islam der Dschihadisten seien die antiken Tempel „Symbole der Vielgötterei“, sagte Winter. „Sie sind vorislamisch und werden vom IS als nicht existenzwürdig betrachtet.“ Er verwies auch darauf, dass sich die Regierungstruppen Palmyra näherten. Je weiter die Armee bei der Rückeroberung der Stadt vorrücke, desto wahrscheinlicher sei wiederum, dass die Extremisten die verbliebenen Ruinen zerstörten.
Die IS-Terrormiliz kündigte an, weitere Tempel und andere einzigartige Altertümer in Schutt und Asche zu legen. Die Zerstörung gehe bis zum letzten Gebäude weiter, zitierte die syrische Oppositionsseite Masar Press einen Anhänger der Extremisten. Die Mehrheit der bis zu 100.000 Einwohner in der Neustadt bei Palmyra ist seit dem Fernbleiben von Touristen ohne Arbeit.
Römisches Handelszentrum
Der Name Palmyra bedeutet Stadt der Palmen und wurde erstmals im 19. Jahrhundert vor Christus erwähnt. Damals war die Stadt eine Station für Karawanen auf der Seidenstraße nach Asien und der Handelsstraße zwischen Mittelmeer und Persischem Golf. Ihr eigentlicher Aufstieg begann nach der Eroberung durch die Römer im ersten Jahrhundert vor Christus. Bald schon entwickelte sich die Stadt dank dem Handel mit Gewürzen, Seide und Duftstoffen aus dem Osten sowie Statuen und Glaswaren aus Phönizien zu einer luxuriösen Metropole.

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Palmyra im Jahr 2010
Im Jahr 129 nach Christus erklärte der römische Kaiser Hadrian Palmyra zur „freien Stadt“ innerhalb seines Reiches. In dieser Epoche entstand der berühmte Tempel zu Ehren des babylonischen Gottes Baal, Äquivalent zu Zeus bzw. Jupiter. Vor der Verbreitung des Christentums wurde die Dreifaltigkeit Baal, Jarhibol (Sonne) und Aglibol (Mond) angebetet. Einer der zerstörten Tempel war dem phönizischen Himmelsgott Baal Schamin gewidmet. Mit dem Bau wurde im Jahr 17 begonnen, von Kaiser Hadrian wurde er 130 erweitert und verschönert.
Als das Römische Reich im dritten Jahrhundert zu bröckeln begann, erklärte sich die Oasenstadt Palmyra für unabhängig. Römische Truppen im Westen und persische Truppen im Osten wurden in einer Revolte Zenobias zurückgeschlagen, die dann Königin wurde. Bis zum Jahr 270 eroberte Zenobia ganz Syrien und Teile Ägyptens und stand vor der Schwelle Kleinasiens. Doch als der römische Kaiser Aurelian die Stadt wieder einnahm, wurde die mächtige Königin nach Rom gebracht, und Palmyra verlor wieder an Bedeutung.
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