Themenüberblick

Sorge vor niedrigeren Schutzstandards

Der European Council on Refugees and Exiles (ECRE), ein Dachverband von 90 europäischen Asylhilfsorganisationen, warnt angesichts des uneinheitlichen Vorgehens vor einem Wettrennen der Staaten zur Absenkung der Schutzstandards für Flüchtlinge. Die Flüchtlinge seien in einer „europäischen Solidaritätskrise gefangen“.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

ECRE-Generalsekretär Michael Diedring forderte bei der Präsentation des Asyl-Jahresberichts in Brüssel von den EU-Innenministern, bei ihrem Treffen nächste Woche endlich entschieden zu handeln. Und er hob den moralischen Appell von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in dessen Rede zur Lage der Union positiv hervor.

Konkret unterstützt der Dachverband eine Umverteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU, um den Druck von Ländern wie Griechenland, Ungarn und Italien zu nehmen. Um effektiv zu sein, müssten aber mindestens 200.000 umverteilt werden - und das müsse auch rascher geschehen, konkret: innerhalb eines Jahres und nicht über zwei Jahre, wie derzeit geplant.

„Politische Bewegung“

Diedring sieht jedenfalls „politische Bewegung“ in Richtung einer verpflichtenden Quote. Er verwies insgesamt darauf, dass die Zivilgesellschaft jene „Lücke“ fülle, die die Regierungen und Behörden offen ließen, weil sie nicht handeln würden. Das sei ein „dunkles offizielles Europa“, so Diedring. Als positives Gegenbeispiel erwähnte der ECRE-Generalsekretär die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Lob gab es aber auch für Österreich und Schweden.

Gegen Zwang

ECRE fordert, dass alle EU-Staaten sich an der Umverteilung beteiligen - und dass diese nur mit Zustimmmung der betroffenen Flüchtlinge stattfindet und deren Wünsche weitestmöglich berücksichtigt werden. Das erhöhe deutlich den Erfolg der Umverteilung, so ECRE unter Verweis auf frühere ähnliche Projekte. Zwang dürfe auf keinen Fall ausgeübt werden. ECRE lehnt in diesem Zusammenhang auch Anhaltelager ab, da sie gegen die EU-Grundrechtecharta verstoßen würden.

Sichere Korridore

Einmal mehr fordert ECRE sichere Korridore für Flüchtlinge nach Europa. Allein heuer seien bisher 2.600 Menschen auf dem Weg über das Mittelmeer gestorben. So sollten humanitäre Visa in den Botschaften der Herkunftsländer ausgestellt oder die Visabestimmungen gelockert werden.

Die EU müsse mehr Geld zur Verfügung stellen, um in den besonders stark betroffenen Ländern - allen voran Griechenland - dabei zu helfen, ein faires und funktionierendes Asylsystem aufzubauen. Das Dublin-System sei „sinnlos“ geworden und müsse grundlegend überarbeitet werden. Das habe nicht zuletzt der Marsch Tausender Flüchtlinge von Ungarn nach Österreich gezeigt.

Gegen Drittlandregelung

Der Flüchtlingshilfedachverband warnt die EU zudem davor, die Westbalkanländer nun zu sicheren Drittstaaten zu erklären, wie das EU-Kommissionspräsident Juncker vorgeschlagen hat. Die Lage sei dort zwar nicht mit jener etwa in Syrien vergleichbar, trotzdem gebe es Minderheiten wie die Roma, die noch immer diskriminiert würden. ECRE steht dem Drittlandprizip insgesamt ablehnend gegenüber. Zu befürchten sei, dass damit Flüchtlinge unterschiedlich behandelt würden - je nachdem, aus welchem Land sie stammten. Das sei eine „sehr gefährliche Entwicklung“, so Diedring.

Link: