Vorwürfe gegen Orban
Die Grünen haben sich angesichts der chaotischen Zustände in Ungarn für eine Gewährung von Botschaftsasyl durch Österreich und andere EU-Staaten in Budapest ausgesprochen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) solle einen entsprechenden Vorstoß unternehmen, sagte Grünen-Chefin Eva Glawischnig am Freitag vor Journalisten in Wien.
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„Das kann der Außenminister vorschlagen: Machen wir die Botschaft in der nächstgelegenen Krisenregion auf, und das ist der Budapester Bahnhof“, sagte Glawischnig. „Ungarn ist kein sicheres Land für Flüchtlinge mehr.“ Die Grünen-Chefin warf dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban vor, in der jetzigen Krise auf die europäischen Werte vergessen zu haben. Bei der jetzigen Situation am Budapester Bahnhof gehe es nicht nur um Chaos, „sondern um das Instrumentalisieren von Menschen in Not“.
Daher sollen nun die EU-Botschaften in Budapest geöffnet werden, wo sich die Flüchtlinge registrieren und dann weiterreisen können, sagte Glawischnig. Mit Blick auf die Dublin-Zuständigkeitsregeln im Asylbereich meinte sie, es sei „nicht die Zeit, um über juristische Details zu diskutieren“.
Vassilakou: Wien kann mehr Flüchtlinge aufnehmen
Wenn Österreich seine Botschaft öffne, würden auch andere Staaten wie Deutschland und Frankreich folgen, gab sich die Wiener Grünen-Chefin Maria Vassilakou bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Glawischnig überzeugt. Vassilakou sagte, dass Wien noch mehr Flüchtlinge aufnehmen könne. „Wir haben ausreichend Raum, Menschen unterzubringen.“ Konkret sprach sie von drei Objekten im von den Grünen regierten Bezirk Neubau, wo Hunderte Flüchtlinge aufgenommen werden könnten. Außerdem gebe es „eine hohe Bereitschaft von Bauträgern, Objekte zu öffnen“, unterstrich die für Stadtentwicklung zuständige Wiener Vizebürgermeisterin.
Warnung vor „Fluchthilfe auf eigene Faust“
Vassilakou zeigte sich beeindruckt von der „extremen Hilfsbereitschaft“ der Bevölkerung, sprach sich aber gegen Fluchthilfe auf eigene Faust aus. Sie verwies auf Facebook-Aufrufe, mit Autos nach Ungarn zu fahren, um Flüchtlinge nach Österreich zu bringen. „Ich kann nur warnen vor so einer Aktion“, sagte die grüne Politikerin. Ungarn sei „kein sicheres Land“, Fluchthelfer würden dort mit bis zu acht Jahren Gefängnis bedroht. Sie möchte nicht haben, dass sich der Außenminister „auf die Beine machen muss, um Österreicher und Österreicherinnen aus den Gefängnissen zu holen“.
Glawischnig betonte, dass es aktuell darum gehe, „die Notsituation in Ungarn zu beenden“. Mittelfristig brauche es aber einen „Masterplan“ zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, etwa durch die Möglichkeit, in der Krisenregion legal Asyl zu beantragen, und durch Quotenregeln innerhalb Europas. Auf Nachfrage räumte sie ein, dass Ungarn von einer solchen Quotenregelung wohl nicht erfasst werden sollte, weil dort derzeit „weder die Bereitschaft noch die Fähigkeit gegeben“ sei, Flüchtlinge aufzunehmen.
Faymann für EU-Sondergipfel
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach sich unterdessen für einen EU-Sondergipfel zum Thema Flüchtlinge noch im September aus. Als es um Griechenland ging, hätten einander die Staats- und Regierungschefs „laufend getroffen und jetzt nicht“, so Faymann am Freitag in einer Aussendung. Gleichzeitig sprach sich der Kanzler erneut für faire, verpflichtende Flüchtlingsquoten innerhalb der EU aus.
„Die Diskussion zur Lösung der Flüchtlingsfrage muss auf EU-Ebene genauso intensiv geführt werden, wie wir sie über die Bankenrettungspakete (für Griechenland, Anm.) geführt haben“, so Faymann. Das Asylrecht verlange einen menschlichen Umgang mit Flüchtlingen, und „das hat jedes europäische Land ernst zu nehmen“, betonte er nach einem Gespräch mit dem ungarischen Botschafter Janos Perenyi. Gerade Ungarn müsse ein Interesse an der Erfüllung der Quoten haben.
Kurz: Kritik an EU
Ungarn wird wegen seines Umgangs mit Flüchtlingen international heftig kritisiert. Faymann zitierte deshalb Perenyi ins Kanzleramt. „Ungarn hat eine Registrierungspflicht, es soll Flüchtlinge menschlich behandeln und es soll sich dafür einsetzen, dass es eine verpflichtende Quote gibt, denn diese ist die Grundlage für ein kontrolliertes Verfahren und die faire Verteilung auf ganz Europa“, so der Bundeskanzler.
Außenminister Kurz übte Kritik am langsamen Agieren der EU in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise. Es brauche dringend eine europäische Antwort, „sonst werden immer mehr Staaten versuchen, Einzelmaßnahmen zu setzen“, warnte Kurz am Freitag vor einem EU-Außenministerrat in Luxemburg.
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