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Urgestein kommt ÖVP abhanden

Die derzeitige ÖVP-Bezirksvorsteherin in Wien-Innere Stadt, Ursula Stenzel, tritt als unabhängige Kandidatin auf der FPÖ-Liste bei der Wiener Gemeinderatswahl am 11. Oktober an. Das teilte die FPÖ Dienstagfrüh in einer Aussendung mit.

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Stenzel kandidiert nicht nur bei der Bezirksvertretungswahl für die FPÖ, sie wird auch auf dem dritten Platz der freiheitlichen Liste für die Gemeinderatswahl sowie auf Listen in Regionalwahlkreisen stehen: Das kündigten Stenzel und FPÖ-Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstagvormittag an.

Die derzeitige Bezirksvorsteherin für den ersten Bezirk in Wien, Ursula Stenzel

APA/Herbert Pfarrhofer

Ursula Stenzel und FPÖ-Chef Heinz Christian Strache bei ihrem Auftritt

„Ich bin ein Signal für die Menschen dieser Stadt, dass die FPÖ wählbar ist und sein muss“, erklärte Stenzel ihre Entscheidung. Denn die „Ausgrenzungspolitik“ gegenüber der FPÖ habe sie immer schon als „schweren demokratiepolitischen Fehler“ erachtet. Deshalb wolle sie nun zusammen mit den Freiheitlichen einen Machtwechsel in Wien herbeiführen.

Stenzel auf FPÖ-Liste

Ursula Stenzel wechselt von der ÖVP auf die FPÖ-Liste bei der Wien-Wahl und kritisiert ihre alte politische Heimat ÖVP schwer.

„Rot-grüne Dominanz brechen“

„Ich tue das, weil ich die rot-grüne Dominanz in Wien brechen möchte und weil ich Rot-Grün in der Inneren Stadt verhindern möchte“, sagte sie. Trotz nun fixen Gemeinderatsmandats möchte sie weiter im ersten Bezirk, wo sie blaue Spitzenkandidatin wird, tätig sein: „Wenn ich gewählt werde, bleibe ich Bezirksvorsteherin“, sagte sie. Sie trete für die FPÖ an, um die „rot-grüne Dominanz zu brechen“, so Stenzel - mehr dazu in wien.ORF.at.

Die Bezirksvorsteherin war von der ÖVP für die kommende Wahl in Wien nicht mehr nominiert worden. Seither wurde darüber spekuliert, ob die prominente Politikerin und ehemalige Fernsehmoderatorin mit einer eigenen Liste ins Rennen geht. Für die ÖVP wird Markus Figl - seines Zeichens Großneffe des einstigen Bundeskanzlers Leopold Figl - antreten.

Herbe Kritik an ÖVP

Sie habe ihr „Outing“ lange „mit reiflicher Überlegung vorbereitet“, sagte Stenzel. Ihr Wechsel zu den Freiheitlichen geschehe nicht aus „persönlichem Ressentiment“, sondern aus politischen Überlegungen. Sie werde ihre Unabhängigkeit auch jetzt wahren, meinte die City-Chefin: „Menschen ändern sich nicht.“

Mit Kritik an der ÖVP, die Stenzel nicht mehr nominiert hatte, sparte die Bezirksvorsteherin dennoch nicht: „Im Schlepptau der SPÖ hat die Wiener ÖVP ihr Profil verloren.“ Sie sehe die ÖVP daher derzeit nicht in der Lage, die rote Dominanz in Wien zu brechen: „Die FPÖ hat in gewisser Weise bereits jetzt die Volkspartei mit einer starken sozialen Kompetenz abgelöst“, so Stenzel.

"Signal gegen Ausgrenzung der FPÖ

Warum sie nicht mit einer eigenen, unabhängigen Liste kandidiere, begründete Stenzel folgendermaßen: „Ich habe die erfolgversprechendste Variante vorgezogen.“ Zudem wolle sie über die Bezirksgrenzen hinaus politisch denken. Ihre Kandidatur auf der Landesliste und in den Regionalwahlkreisen solle das Signal gegen die Ausgrenzung der FPÖ noch verstärken.

Denn gerade in Umbruchszeiten wie diesen brauche es neue Ansätze, lobte Stenzel die Asylpolitik der FPÖ. „Die FPÖ hat, gerade was die Asylproblematik betrifft, einfach Realitätssinn bewiesen.“ Denn alle bisherigen Ansätze in der Asylpolitik seien gescheitert. Zu ihrem Verständnis als „glühende Europäerin“ stehe die Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen jedenfalls in keinem Widerspruch: „Das geht sich tadellos aus.“ Sie befinde sich damit zudem in guter Gesellschaft: Von Fred Sinowatz bis Hans Niessl zählte sie Politiker auf, die mit der FPÖ kooperiert hatten.

Strache-Rosen für Stenzel

Strache lobte die Bezirksvorsteherin als „prononcierte Konservative und progressive Politikerin“ sowie als „mehrfachen Gewinn“: Sie sei ein klares und deutliches Signal gegen Ausgrenzung sowie eine bürgerliche, wertkonservative und liberale Ansage. „Frau Stenzel hat jetzt die Chance, in der Innenstadt wie eine Löwin gegen rot-grüne Politik zu kämpfen“, sagte Strache. Sie sei eine „Ergänzung zur bürgerlichen Revolution im friedlichen Sinn, die wir vorhaben“, so der FPÖ-Spitzenkandidat.

„Ich war sehr passiv“, meinte Stenzel auf die Frage, wer auf wen zugekommen sei. Strache präzisierte: Man habe schon in den vergangenen Jahren gut zusammengearbeitet und sich immer wieder im Vestibül getroffen und inhaltlich ausgetauscht, so Strache. Es sei daher logisch gewesen, dass er der Bezirksvorsteherin nach der fehlenden Nominierung durch die ÖVP ein Angebot gemacht habe. Nach vielen Gesprächen im Hotel Sacher sei man sich dann einig geworden, Montagabend habe der Parteivorstand die Liste für die Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen offiziell bestätigt.

Mitterlehner: Das ist es

Äußerst knapp äußerte sich ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner zum Wechsel von Stenzel. „Ich bedaure die Entscheidung, nehme sie zur Kenntnis, und das ist es“, sagte er im Pressefoyer nach dem Ministerrat. ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka zeigte sich bemüht, den Wechsel von Stenzel zur FPÖ herunterzuspielen. „Das ist eine Sache des ersten Bezirks in Wien. Das tue ich nicht überbewerten“, sagte er vor dem Ministerrat gegenüber Journalisten. Fraktionswechsel seien nichts Ungewöhnliches.

Gut gelaunt gab sich Lopatka, der sich zuletzt selbst durch das mehrfache Abwerben von Mandataren des Teams Stronach für die ÖVP hervorgetan hatte, dennoch nicht. „Ich habe es lieber, wenn jemand zu uns kommt“, sagte er zu den beharrlich nachfragenden Journalisten. „Das wissen Sie, und jetzt gehe ich.“ „Schockiert“ reagierte hingegen Manfred Juraczka, Landesparteiobmann der ÖVP Wien - mehr dazu in wien.ORF.at.

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