Themenüberblick

Kritik an FPÖ in Asylfrage

Die Asylfrage sei nicht einfach zu lösen, hat ÖVP-Chef und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner am Montag beim fünften ORF-„Sommergespräch“ gesagt. Es brauche unter anderem deutlich mehr Anstrengungen auf EU-Ebene und fixe Verteilungsquoten. In Österreich soll der frühere Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad als Koordinator der Regierung in Flüchtlingsfragen helfen.

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Es werde immer suggeriert, dass es einfache Lösungen gebe, so Mitterlehner im Gespräch mit Hans Bürger, etwa von der FPÖ. Man könne aber nicht durch Zäune erreichen, dass Menschen nicht mehr nach Österreich kommen. Es sei eine „Schande“, wenn Menschen als Flüchtlinge als „Material“ behandelt würden, als könne man „abstimmen, ob wir sie nehmen oder nicht“. Wer verfolgt werde, müsse aufgenommen werden, das Asylproblem könne auch nur mit den Gemeinden gemeinsam gelöst werden.

Konrad soll Kontakt mit Gemeinden verstärken

Dabei soll in Zukunft Konrad als Koordinator helfen, kündigte Mitterlehner an. Das sei mit dem Koalitionspartner abgesprochen und soll ihn den kommenden Tagen entsprechend finalisiert werden. Ein eigener Koordinator solle die gesellschaftspolitische Wichtigkeit zeigen, er solle managen, wenn Österreich öffentliche Flächen brauche, den Kontakt mit NGOs verstärken sowie den Kontakt mit dem Gemeinden, da es hier auch viele Positivbeispiele gebe. Konrad habe sich im Non-Profit-Bereich viel bemüht und sei ein ausgewiesener Manager. Er könne sich zudem operativ auch mehr bewegen als die Regierung.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner im ORF-Sommergespräch

ORF/Milenko Badzic

Mitterlehner zitierte mehrfach aus Zeitungen

Es brauche allerdings Lösungen auf EU-Ebene, die angedrohte Klage wegen der Dublin-Regeln sei ein gutes Druckmittel, meinte Mitterlehner. Die EU müsse mehr tun, einerseits den Schutz der Außengrenzen, andererseits seien aber auch Sicherheitszonen und Erstaufnahmezentren in Syrien möglich, zudem brauche es eine Aufteilung nach fixen Quoten. Wegen Griechenland sei schließlich auch nächtelang um jeden Euro verhandelt worden. Mitterlehner plädierte in diesem Zusammenhang auch für mehr Solidarität. Der Weg sei aber mühsam, ein Ziel erst in einiger Zeit zu erreichen.

ÖVP will Christian Konrad als Asylkoordinator

Der Ex-Bankmanager habe „ohne viel zu reden“ im Non-Profit-Bereich schon viel getan, streut Mitterlehner Konrad Rosen. Man brauche sich vor gar nichts fürchten - Österreich habe schon größere Probleme bewältigt.

ÖVP mit „Luft nach oben“

Die ÖVP sei stabil, so Mitterlehner auf die Frage nach dem Zustand seiner Partei, und stehe als Gemeinschaft zusammen. Dass die Partei in Umfragen nicht mehr wie zu Beginn seiner Führung zulege, liege an der „schärferen“ Themenlandschaft wie dem Asylthema. Die ÖVP habe bisher auch keinen Euro in Werbung investiert, hier gebe es noch „Luft nach oben“. Volksparteien hätten es außerdem derzeit nicht einfach. Es gebe aktuell keine Wahlen, aber er gehe davon aus, dass die ÖVP einen „sehr guten“ Wahlkampf machen könne. „Wir werden schon noch kommen“, so Mitterlehner.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner im ORF-Sommergespräch

ORF/Milenko Badzic

Mitterlehner im Gespräch mit Hans Bürger

In Wien gehöre die Alleinherrschaft der SPÖ beendet, machte Mitterlehner dann doch kurz Wahlkampf auf Bundesländerebene, eine andere Mischung wäre nicht schlecht, so der ÖVP-Chef: „Wien sollten wir umdrehen.“ Die ÖVP habe thematisch „etwas anzubieten“, etwa in Sachen Wirtschaftspolitik und Verkehr, die die ÖVP ansprechen werde.

Abgeordnetenwechsel „überbewertet“

Den Wechsel der Abgeordneten vom Team Stronach (TS) zur ÖVP werde „überbewertet“, so Mitterlehner weiter. Er verstehe, wenn jemand lieber in der ÖVP in Ausschüssen mitarbeiten möchte, wenn es woanders „so katastrophal zugehe“. Die ÖVP habe niemanden abgeworben oder bezahlt. Nicht alles, was jemand in einem bestimmten Zusammenhang sage, würde er später auch wieder so sagen, meinte Mitterlehner angesprochen etwa auf den „Po-Grapscher“-Sager des damaligen TS-Abgeordneten Marcus Franz. Die neuen Abgeordneten würden sich alle einbringen, die Parteilinie würden sie aber nicht ändern. Mitterlehner sagte, er gehe davon aus, dass niemand mehr zur ÖVP stoße, die ÖVP habe auch nicht vor, auf diesem Weg machtpolitisch etwas zu ändern.

Angesprochen auf die jüngst ausgewiesenen hohen Umfragewerte für FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagte Mitterlehner, Umfragen sollten nicht überschätzt werden, die Themenlage spiele der FPÖ aktuell auch in die Hände. Die FPÖ würde auch durch die Selbstauflösung der zweiten Protestpartei TS zulegen. Mitterlehner kritisierte die FPÖ dafür, zu simple Lösungen für die Asylfrage vorzuschlagen - abseits davon biete die FPÖ politisch nichts an. Es sei auch möglich, Stimmen von der FPÖ zurückzugewinnen, das habe Wolfgang Schüssel einst vorgezeigt.

„Bewegung“ bei Bundesländern gefordert

In der Bildungsfrage müsse man mit dem Koalitionspartner, den Gewerkschaften und den Lehrern gemeinsam etwas entwickeln, bis 17. November solle das Thema „einigermaßen“ gelöst sein - einigermaßen, weil es auch viele andere Meinungen in den Bundesländern gebe, die man alle mitnehmen müsse, sagte Mitterlehner. Im Prinzip gehe es aber um mehr Autonomie. Entscheidend sei, dass das Kind im Mittelpunkt stehe. Österreich müsse sich auf alle Fälle bewegen und erneuern, nicht zuletzt in Wirtschaftsfragen. Auch die Bundesländer müssten sich bei einigen Themen bewegen, sagte Mitterlehner.

ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner im ORF-Sommergespräch

ORF/Milenko Badzic

Mitterlehner zeigte diverse Medienberichte statt Taferln

Pensionsalter soll früher steigen

Er selbst hoffe 2030, im Alter von 75 Jahren, „einige Jahre“ in Pension zu sein, so Mitterlehner weiter. Bis dahin gebe es aber noch viel zu tun, etwa das Pensionsalter für Frauen bereits früher hinaufzudrehen, bereits ab 2019 bzw. 2020. Österreich habe jahrelang „ganz leicht geschwindelt“ und mit Frühpensionen eine niedrigere Arbeitslosenquote erkauft, erklärte Mitterlehner die konstant steigende Arbeitslosenzahl. Das falle Österreich nun „statistisch gesehen“ auf den Kopf.

Hypo „in anderem Land“ passiert

Europa habe aber als Gesamtes ein Problem, so Mitterlehner zu den Rankings, in denen Österreich zuletzt ebenfalls zurückgefallen ist, man habe sich zu sehr ausgeruht auf dem Erreichten. Es brauche Reformen wie mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und eine bessere Verwaltung. Die Hypo habe Österreich zusätzlich belastet, sonst hätte die Steuerreform „dreimal ohne Gegenfinanzierung“ umgesetzt werden können. Der Hypo-Fall sei aber in einem „anderen Land“ geschehen, nämlich in Kärnten. Ein Sparpaket schloss Mitterlehner für das kommende Doppelbudget aus.

Filzmaier: „Notorischer Optimist“

Für den Politologen Peter Filzmaier sind Mitterlehners Aussagen zu Asyl eine „reichlich späte Selbsterkenntnis“ der ÖVP, dass man das Flüchtlingsthema „als gesellschaftliche Herausforderung“ annehmen müsse. Filzmaier bezeichnete Mitterlehner außerdem als „notorischen Optimisten“, was die Einschätzung zur Stärke seiner Partei betreffe. Die ÖVP ist aus Sicht des Experten auf Bundesebene keine Volkspartei mehr. Für „gefährlich“ hält er aber auch den Begriff „Wirtschaftspartei“ - das komme rüber wie eine Partei für Unternehmer, so Filzmaier. Und das seien nun einmal weniger als zehn Prozent. „Egal, wie viel davon ÖVP wählen - das geht sich nicht aus“ - damit lasse sich eine Wirtschaftskammer- aber keine Nationalratswahl gewinnen.

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