Auch Bulgarien schickt Soldaten zur Grenze
Tausende Flüchtlinge sind am Freitag an der Grenze zu Mazedonien gestrandet. Die mazedonische Regierung will ab sofort nur noch „verletzliche“ Flüchtlinge ins Land lassen, hieß es in einer Mitteilung. Nach Ausschreitungen konnten 500 Menschen, meist Familien und Schwangere, am Freitag doch noch die Grenze passieren.
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Mehr als 3.000 Menschen stecken teils seit Tagen im Niemandsland zwischen Griechenland und Mazedonien fest. Bisher hatte die Regierung in Skopje täglich im Schnitt 1.300 Flüchtlinge ins Land gelassen und mit Papieren für die Zugfahrt nach Serbien ausgestattet, von wo es weiter in EU-Länder wie Deutschland oder Schweden gehen sollte. Am Donnerstag hatte die Regierung dann den Ausnahmezustand verhängt und Bereitschaftspolizisten an die Südgrenze geschickt.

APA/EPA/Georgi Licovski
Eine Frau umzingelt von mazedonischen Soldaten
Als Hunderte Flüchtlinge, darunter Frauen und Kinder, über die nur mit Stacheldraht befestigte Grenze klettern wollten, feuerten Bereitschaftspolizisten Blendgranaten auf sie ab und setzten Schlagstöcke ein. Mindestens acht Menschen wurden verletzt, wie Hilfsorganisationen und Reporter berichteten. Ein Sprecher des mazedonischen Innenministeriums bestritt die Angaben.
500 Familien durften passieren
Wenig später ruderte die Regierung zurück. Einwanderer würden hereingelassen und versorgt, soweit das die Kapazitäten des Landes zuließen, teilte das Innenministerium am Freitag mit. Kurz nach der Erklärung des mazedonischen Innenministeriums durften etwa 500 Menschen, meist Familien und Schwangere, die Grenze passieren. In den vergangenen 24 Stunden seien 181 Einwanderern „aus verletzlichen Kategorien“ Reisepapiere ausgehändigt worden, teilte das Ministerium mit. Die meisten von ihnen kamen demnach aus Syrien.
Vor wenigen Monaten hatte Mazedonien mit einer Novelle des Flüchtlingsgesetzes den Migranten ermöglicht, innerhalb von 72 Stunden einen Asylantrag zu stellen und dadurch auch das Recht auf die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu erhalten. Das wurde zur Weiterreise durch Mazedonien nach Serbien und in die EU genutzt. Dadurch war die Schlepperkriminalität seit Mitte Juni deutlich zurückgegangen.
NGOs kritisieren Vorgehen der Beamten
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen verurteilte das Vorgehen der Sicherheitskräfte. Die Schließung von Grenzen und der Einsatz von Gewalt seien keine Lösung, „sondern führen zu einer humanitären Krise auf der anderen Seite der Grenze“. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte den „paramilitärischen“ Einsatz der Sicherheitskräfte gegen Flüchtlinge.
UNO bietet Hilfe an
Die Vorgänge an der Grenze riefen auch die Vereinten Nationen auf den Plan. Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Antonio Guterres, rief die Regierung Mazedoniens auf, an der Grenze zu Griechenland für einen ordentlichen und sicheren Umgang mit Flüchtlingen zu sorgen. Die UNO sei bereit, den Staat bei der Schaffung ausreichender Kapazitäten zur Betreuung der aus Griechenland kommenden Flüchtlinge zu unterstützen. Guterres habe von Mazedonien „Zusicherungen erhalten, dass die Grenze künftig nicht geschlossen sein wird“, erklärte er nach einem Gespräch mit dem mazedonischen Außenminister, Nikola Poposki.
Zugleich appellierte Guterres an Griechenland, die Registrierung der dort ankommenden Flüchtlinge zu beschleunigen und die Einrichtungen für deren zeitweilige Unterbringung zu verbessern. Zudem sollten die Behörden „dringende Hilfe für auf der griechischen Seite der Grenze gestrandete Menschen leisten und sie dabei unterstützen, sich zu Aufnahmeeinrichtungen zu begeben, die nicht an der Grenze liegen“.
Europa müsse seine Einstellung zur Einwanderung überdenken, forderte Guterres. Europa müsse erkennen, dass es angesichts niedriger Geburtenraten auf Zuwanderung angewiesen sei, sagte er der Nachrichtenagentur AFP im UNO-Sitz in Genf. „Diejenigen, die von dieser Situation des Leugnens profitieren, sind die Schmuggler und Schleuser.“
Auch Bulgarien rüstet auf
Nach der Schließung der mazedonischen Südgrenze erwägt nun auch Bulgarien, den Schutz seiner Grenze durch die Entsendung von Soldaten zu verstärken. „Die Streitkräfte würden gemeinsam mit der Grenzpolizei die Grenzkontrollen verstärken“, teilte das Verteidigungsministerium am Freitag in Sofia mit. Noch sei kein „ernsthafter Anstieg“ der Flüchtlingszahlen verzeichnet worden, erklärte Innenministerin Rumjana Baschwarowa. Gleichwohl sei gemeinsam mit Ministerpräsident Boiko Borissow über zusätzliche Vorkehrungen beraten worden.
In Sofia wird befürchtet, die Flüchtlinge würden nach der Abriegelung der mazedonischen Grenze nun versuchen, weiter östlich über die bulgarische Grenze zu gelangen. Die meisten Flüchtlinge kamen bisher über die Türkei nach Bulgarien. Dort wird derzeit ein 30 Kilometer langer Grenzzaun ausgebaut, tausend zusätzliche Polizisten sichern die Grenze ab.
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