Strömung lockt besonders viele Haie an
In den Schutznetzen vor dem australischen Bundesstaat Queensland sind in einem Jahr 621 Haie verendet. Das teilte Fischereiminister Bill Byrne am Freitag mit. Dennoch verteidigte er die Schutzmaßnahmen. So sei in dieser Zeit kein einziger Schwimmer oder Surfer verletzt worden.
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Queensland ist nicht der einzige Bundesstaat, der seine Strände vor Haiattacken schützt. Vor insgesamt 85 Stränden sind solche Vorrichtungen ausgelegt. Die Netze sind mit Leinen samt Angelhaken versehen, an denen Köder angebracht sind, um die Haie zu fangen. Unter den toten Tieren waren 251 Tigerhaie, 173 Bronzehaie, 111 Bullenhaie und acht Weiße Haie.
Kritiker sprechen von gezielter Ausrottung
Kritiker sehen darin jedoch eine bewusste Dezimierung der Haipopulationen vor Australien. Vor Westaustralien wurde im Herbst des Vorjahres ein ähnliches Programm nach Protesten von Tierschützern wieder gestoppt. Das Töten der Tiere mit Köderhaken bringe einen „hohen Grad an wissenschaftlicher Unsicherheit“ mit sich, begründete die Environmental Protection Authority (EPA) ihre Entscheidung.
Fischereiminister Byrne wies die Vorwürfe der gezielten Haiausrottung zurück. Es sei nicht darauf angelegt, die lokalen Haipopulationen zu dezimieren, sondern habe nur zum Ziel, „Haie, die sich in der Nähe von bekannten Stränden aufhalten, zu fangen“. Andere Meerestiere, die versehentlich in die Netze geraten, würden im Internet dokumentiert. „Als Zeichen unserer Bereitschaft zu einer offenen und transparenten Regierung, werden diese Informationen ab sofort erhältlich sein“, erklärte Byrne.
Haiansturm im Süden Australiens
Weiter südlich, im Bundesstaat New South Wales, gibt es bisher keine Netze oder Angelleinen. Die Behörden überlegen noch, wie sie Menschen besser vor Haiangriffen schützen können. In Strandnähe sind dort in diesem Jahr ungewöhnlich viele Haie gesichtet worden. Ein weißer Hai hat vor dem Shelly-Strand in Ballina im Februar einen 41-jährigen Surfer getötet. Im Juli wurde ein 32-Jähriger ganz in der Nähe, am Lighthouse-Strand, lebensgefährlich verletzt.
Kurz darauf wehrte ein 52-jähriger Surfer ein paar Kilometer weiter südlich in Evans Head einen Hai ab, der ihn schon von seinem Board geworfen und ins Bein gebissen hatte. Mehr als 1.500 Kilometer weiter südlich wehrte im Juli ein Surfer einen Bronzehai ab: Der 40-Jährige schlug auf das Tier ein und konnte sich verletzt zum Strand retten. Immer wieder werden Strände vorübergehend geschlossen, wenn Haie gesichtet wurden, zuletzt auch der berühmte Bondi-Strand in Sydney.
14 tödliche Haiattacken seit 2010
Laut Statistik gab es 14 tödliche Haiattacken in Australiens Gewässern von 2010 bis 2014. In den fünf Jahren davor waren es nur sechs. „Es gibt mehr Angriffe, das stimmt, aber es sind auch mehr Menschen im Wasser“, sagte Haiexperte Daniel Bucher von der Southern-Cross-Universität der Deutschen Presse-Agentur. Dennoch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass in diesem Jahr deutlich mehr Tiere gesichtet wurden.
„Wir haben Warmwasserströme voller Beutefische, die die Ostküste entlang Richtung Süden fließen. Dieses Jahr dauern sie länger und sind näher an der Küste als sonst“, sagte Bucher. Das könnte auf schwere Regenfälle an der Küste weiter nördlich in Queensland zurückzuführen sein. Oder auf zyklische Strömungen aus der Tiefe des Meeres. Die Ursachen würden noch erforscht.
Wasserbläschen und Blinkleuchten
Von Methoden, wie sie in Queensland angewandt werden, will Niall Blair, Fischereiminister des Bundesstaates New South Wales, nichts wissen. Vielmehr sollen nun harmlose Abwehrmethoden überprüft werden, darunter die Idee, weitläufig eine Art Vorhang aus Luftbläschen um Strände zu schaffen, die aus Rohren im Meer entweichen. Das wurde im vergangenen Jahr an der Westküste getestet. „In einigen Zonen hat das Haie abgeschreckt, aber nicht lange“, so das Fazit der Wissenschaftler der Universität von Westaustralien. „Sie gewöhnten sich schnell daran und schwammen dann durch den Bläschenvorhang.“
Blinkleuchten schreckten nur einige Haiarten ab. Fußbänder, die ein elektronisches Spannungsfeld um den Menschen erzeugen, werden noch getestet, ebenso, ob Netze die Haie abhalten, oder Sonartechnik das schafft. Surfbord-Hersteller bieten für einige hundert Australische Dollar Geräte an, die ein Kraftfeld erzeugen, das die Orientierung der Tiere stört. Der australische Premier Tony Abbott - selbst ein leidenschaftlicher Surfer - verurteilte die Tötung der Haie als „ärgerlich“, schließlich sei es schwierig, den „wahren Übeltäter“ zu finden.
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