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Wilde Kreuzungen als Problem

Wilde Kreuzungen und die starke Trockenheit in diesem Sommer dürften die Gründe dafür sein, dass heuer besonders viele Personen Vergiftungen durch den Bitterstoff Cucurbitacin erleiden. Experten raten, besser keine bitter schmeckenden Zucchini, Kürbisse und auch Gurken zu essen und dem „gesunden Geschmackssinn“ zu trauen.

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In Bayern mussten in diesem Sommer bereits mindestens fünf Personen nach dem Verzehr bitterer Zucchini oder Kürbisse ärztlich behandelt worden. Bei allen Patienten seien Cucurbitacin-Vergiftungen festgestellt worden, berichtete das bayerische Landesamt für Gesundheit- und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Freitag in Erlangen. Am Donnerstag wurde bekannt, dass in Baden-Württemberg ein 79-jähriger Mann nach dem Genuss einer selbst angebauten Zucchini sogar gestorben ist.

Darmschäden bei hohen Mengen

Die Cucurbitacine können Durchfallerkrankungen, beim Verzehr größerer Mengen lebensgefährliche Darmschäden auslösen. In der Natur produzieren Kürbis-, Zucchini-, Gurken- und Melonenpflanzen das Toxin zur Abwehr von Fressfeinden, so das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart. Es kann in den Wurzeln, Blättern, Früchten und Samen der Gewächse enthalten sein. Das Toxin wird durch Kochen nicht zerstört.

Zwar würden die Giftstoffe durch Züchtungen nur noch in sehr geringem Umfang in Kürbisgemüse vorkommen, so das LGL, durch Rückkreuzungen, etwa mit Zierkürbissen, die noch viel Cucurbitacin enthalten, könnten Pflanzen auch cucurbitacinhaltige Früchte tragen. Die starke Trockenheit könnte diesen Effekt noch verstärken, hieß es.

Hohe Dunkelziffer möglich

In Österreich wurden laut der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) bisher keine derartigen Fälle bekannt. Allerdings sei unklar, wie hoch die Dunkelziffer bei Vergiftungen nach dem Verzehr cucurbitacinbelasteten Gemüses sei, erklärte etwa das LGL. Nicht jeden Durchfall brächten Betroffene oder Ärzte mit dem Verzehr von bitterem Kürbisgemüse in Zusammenhang.

Bitterkeit zeigt Gefährlichkeit an

Bitteres Gemüse, das eigentlich nicht so schmecken sollte, sollte grundsätzlich gemieden werden, so Reinhard Länger von der AGES gegenüber ORF.at. Für eine schwere Vergiftung müsse ein Gemüse allerdings schon richtig bitter schmecken - der verstorbene 79-Jährige hatte berichtet, dass der von ihm verzehrte Zucchiniauflauf besonders bitter geschmeckt hat.

Giftiges Gemüse

In Deutschland starb ein Pensionist an einer Vergiftung durch eine Gartenzucchini. Der natürliche Bitterstoff Cucurbitacin könnte der Auslöser gewesen sein.

Gerade in Kürbisgemüse sei der Bitterstoff Cucurbitacin fast positiv zu bewerten, weil er die mögliche Gesundheitsgefährdung leicht erkennbar mache, so Länger. Allerdings bedeute ein bitterer Geschmack nicht immer, dass etwa auch eine Gewürzpflanze tatsächlich giftig ist.

Das Problem sei, dass viele Gartenbesitzer auch Pflanzen pflegen würden, die auf dem Komposthaufen wild aufgehen und von denen man nicht wisse, aus welchen Kreuzungen sie stammen, so Carlo Baumeler, Leiter des Schaugartens des auf den Erhalt alter Kultursorten spezialisierten Vereins Arche Noah, gegenüber ORF.at. Es reiche oft, wenn der Nachbar Zierkürbisse anbaut, damit die Pflanzen im eigenen Garten davon bestäubt werden.

Sortenreine Züchtung nicht einfach

Um Pflanzen tatsächlich sortenrein weiterzüchten zu können, würden diese in der Arche Noah händisch bestäubt, sagte Baumeler. Mögliche Rückmutationen der Pflanzen könnten mitunter nur mit einer großen Zahl von Pflanzen als verfügbarem Genpool vermieden werden. Früher seien öfter Samen zwischen Nachbarn getauscht worden. Weil in vielen Gärten angebaut wurde, habe es auch mehr Möglichkeiten gegeben.

Baumeler rät ebenfalls, bei Gemüse auf den „gesunden Geschmackssinn“ zu achten und bei Pflanzen und auch Samen für den eigenen Garten aus kontrolliertem und vertrauenswürdigem Anbau zu verwenden. Das gelte auch für den Kauf von Obst und Gemüse im Supermarkt oder am Bauernmarkt, denn bitteres Gemüse könne auch dort nicht völlig ausgeschlossen werden.

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