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Aktien büßten 70 Prozent an Wert ein

Der weltweit größte Rohstoffkonzern Glencore ist im ersten Halbjahr 2015 tief in die roten Zahlen gerutscht. Der Reinverlust betrug mehr als 611 Mio. Euro. Die Talfahrt auf den Aktienmärkten hat drei von sechs Glencore-Manager viel Geld gekostet und sie aus dem „Klub“ der Milliardäre katapultiert.

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Der Börsengang des schweizerisch-britischen Rohstoffriesen war der größte an der Londoner Stock Exchange des Jahres 2011. Der Wert des Unternehmens wurde damals mit umgerechnet 54 Mrd. Euro beziffert. Dem Glencore-Management bescherten ihre Firmenanteile einen Milliardengewinn. Die Aktienpakete von Glencore-Chef Ivan Glasenberg und fünf weiteren Managern hätten seinerzeit einen Wert von etwa 21 Mrd. Euro gehabt, berichtete die Wirtschaftsnachrichtenagentur Bloomberg.

Glasenbergs Unternehmensbeteiligungen etwa seien im Mai 2011 8,4 Mrd. Euro schwer gewesen; heute seien es nur noch 2,4 Mrd., errechnete Bloomberg. Gary Fegel, ehemaliger Chef der Aluminiumsparte bei Glencore, hat das Unternehmen vor geraumer Zeit verlassen und alle seine Anteile verkauft. Hätte er es nicht getan, wären seine Aktien heute statt 1,6 Mrd. nur noch 344 Mio. wert. Daniel Mate und Telis Mistakidis, die Leiter der Sparten Zink und Kupfer, haben laut Bloomberg große Teile ihres Vermögens eingebüßt, dürfen sich aber immer noch Milliardäre nennen.

Warnende Stimmen schon 2011

Mittlerweile dürften den handelnden Akteuren Zweifel kommen, ob der Börsengang - Glencore hatte sich bis 2011 in Privatbesitz befunden - die richtige Entscheidung war. Die Aktien haben in den vergangenen vier Jahren 70 Prozent ihres Werts verloren. Allein am Mittwoch sanken die Papiere an der Londoner Börse um zehn Prozent. Warnende Stimmen hatte es schon 2011 gegeben. Die US-Bank Goldman Sachs prognostizierte vor dem Börsengang eine Kehrtwende im Rohstoff-Superzyklus, sprich einen Preisrückgang, berichtete der Schweizer „Tagesanzeiger“.

Glencore-Chef Glasenberg

APA/EPA/Ym Yik

Glencore-Chef Ivan Glasenberg verlor mehr als sieben Mrd. Euro

Der Rohstoffkonzern hatte im ersten Halbjahr fast 30 Prozent weniger Gewinn eingefahren. Gründe für das auf rund 4,1 Mrd. Euro eingebrochene Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) seien gesunkene Metall- und Ölpreise, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Im kommenden Jahr wird der Rohstoffhändler und Bergwerksbetreiber deshalb wohl noch weniger investieren: Im Plan seien nur noch 4,5 Mrd. Euro und damit eine Mrd. weniger als 2015. Bereits in diesem Jahr drosselte der Konzern die Kapitalausgaben. Ursprünglich waren Investitionen von 5,8 bis 6,1 Mrd. Euro eingeplant.

Vor allem die Nachfrage in China sei sehr schwer abzuschätzen, teilte das Unternehmen mit. Wachstumsmöglichkeiten sucht Glencore beim Kupfer- und Zinkabbau. Der in London gelistete Konzern erwirtschaftet rund ein Viertel des Gewinns mit dem Handel von Rohstoffen und konnte den Einbruch bei den Öl- und Metallpreisen deshalb bisher besser abfangen als reine Bergwerkskonzerne. In China ist die Nachfrage nach Kupfer, Zink und Kohle stark zurückgegangen, was sich direkt auf das Eregbnis von Glencore auswirkt.

Rundumschlag von Glasenberg

Allerdings scheint die angespannte Lage auf den Rohstoffmärkten vor allem zulasten von Glencore zu gehen. Glencores Hauptkonkurrenten BHP Billiton und Rio Tinto schrieben zwar ebenfalls Verluste - allerdings bei Weitem geringere als der Konzern mit Sitz im Schweizer Baar. Im Jahr 2013 übernahm Glencore den Bergbaukonzern Xstrata; seither ist man sowohl in der Rohstoffförderung als auch im Rohstoffhandel tätig.

Glencore-Chef Glasenberg macht Spekulanten und Hegdefonds für die Kursrally der Unternehmenspapiere verantwortlich. Hedgefonds würden das Business „nicht verstehen“ und die Preise der Glencore-Aktien attackieren, sagte Glasenberg gegenüber der „Financial Times“ („FT“). „Die Preisentwicklung macht keinen Sinn (...), die Fonds und nicht die Nachfrage haben sie dorthin gebracht, wo sie jetzt sind“, so Glasenberg.

Bereits im Mai hatte sich Glasenberg über die Förderpolitik der Konkurrenz beschwert. „Das Überangebot auf den Märkten trotz der sinkenden Nachfrage beschädigt die Glaubwürdigkeit der gesamten Branche“, schimpfte Glasenberg damals in Richtung Rio Tinto, BHP Billiton und des brasilianischen Bergbaugiganten Vale. Die Unternehmen sollten ihre Förderung drosseln.

Angst vor schlechtem Rating

Investoren sorgen sich indes um den hohen Schuldenstand von Glencore. Zum Halbjahr betrug dieser 26 Mrd. Euro, bei Rio Tinto sind es nur 12,3 Mrd. Mit dem Kreditrating BBB hätte Glencore die Handelskosten bis jetzt relativ tief halten können, schrieb der „Tagesanzeiger“. Aufgrund der überraschend schlechten Halbjahreszahlen befürchteten Analysten, dass die Ratingagenturen ihre Einschätzung „BBB mit stabilem Ausblick“ einer Überprüfung unterziehen könnten. Das würde die Geschäfte für Glencore deutlich verteuern.

Glencore hat bereits angekündigt, den Schuldenberg sukzessive abbauen zu wollen. In einem ersten Schritt sollen die Verbindlichkeiten bis Ende 2016 gedrückt werden. Ob das reicht, ist fraglich: Laut einem Bericht der Großbank J. P. Morgan könne Glencore sein Rating nur behalten, wenn der Konzern in den nächsten Jahren fast die Hälfte seiner Schuldenlast abbaut.

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