Ägyptische Leistungsschau
Ende Juli haben die ersten Containerschiffe den erweiterten Sueskanal testweise passiert, zehn Tage später wurde die Parallelrinne auch offiziell eröffnet. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi sprach von „einem Geschenk Ägyptens an die Welt“. Doch vorrangig soll das Prestigeprojekt mehr Geld in die Staatskassen spülen und das internationale Ansehen der ägyptischen Militärregierung aufpolieren.
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In nur einjährigen Bauarbeiten - und nicht wie anfangs veranschlagt binnen drei Jahren - wurde das Mammutprojekt von der Regierung durchgepeitscht. Es wurde eine Parallelrinne von 37 Kilometern neu gegraben bzw. die Breite des Kanals auf weiteren 35 Kilometern Länge erweitert. Insgesamt ist der Kanal 193 Kilometer lang. Anfang August wurde die neue Teilstrecke für den Gegenverkehr mit großem Aufwand eröffnet.

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Der Kanal kann nun in beiden Richtungen gleichzeitig befahren werden
Flottenparade und Kampfflugzeuge
Zur Zeremonie in der Stadt Ismailia, gelegen auf etwa halber Strecke des Sueskanals, waren etliche ausländische Staatschefs wie Frankreichs Präsident Francois Hollande, Russlands Ministerpräsident Dimitri Medwedew und der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras geladen gewesen. Insgesamt 5.000 Ehrengäste waren anwesend, Sisi führte an Bord der königlichen Jacht „Mahroussa“, die bereits bei der Eröffnung 1869 zum Einsatz kam, eine Flottenparade an. Über die Köpfe der Gäste donnerten Kampfflugzeuge hinweg.

Grafik: APA/ORF.at
Auch in der Hauptstadt Kairo war das Großereignis angekündigt worden: Dort war die ägyptische Nationalflagge überall zu sehen. Ein großes Sicherheitsaufgebot wurde mobilisiert. Eine Goldmünze wurde eigens geprägt sowie eine Sonderbriefmarke aufgelegt. Reisende bekamen einen Stempel mit dem Logo des neuen Sueskanals in den Pass gedrückt, wie der deutsche „Tagesspiegel“ berichtete.
Durchfahrtszeit wird halbiert
Unter Beteiligung von über 80 einheimischen und einigen internationalen Firmen waren 25.000 Arbeiter 20 Stunden täglich im Einsatz. Über 200 Millionen Tonnen Sand wurden ausgehoben, die Ufer zur Stabilisierung mit Platten aus Steinbrüchen im Sinai verkleidet. Die neue Gegenverkehrspassiermöglichkeit soll die Durchfahrtzeit bei einer Höchstgeschwindigkeit von elf bis 16 km/h von bisher bis zu 22 auf elf Stunden verkürzen. Die Kapazität des Kanals soll sich bis 2023 von heute durchschnittlich 49 auf 97 Schiffe täglich verdoppeln.
Gebühren bei 309.000 Dollar pro Schiff
Bisher war die Wasserstraße nur einspurig befahrbar, in Konvois wurden die Schiffe nach einem genauen Befahrplan durch den Kanal gelotst und mussten vom Mittelmeer kommend zweimal Wartepausen einlegen. 2014 passierten 17.148 Schiffe den Kanal und bezahlten laut Angaben der Suez Canal Authority Transitgebühren von 5,3 Milliarden Dollar (4,8 Mrd. Euro). Das entspricht durchschnittlich 309.000 Dollar pro Schiff. Die Kanalgebühren sind eine der wichtigsten Quellen Ägyptens für Deviseneinnahmen.
Kritik: Nicht automatisch mehr Schiffe
Vom neuen Sueskanal erhofft sich die ägyptische Regierung, dass er noch mehr Geld in die Kassen spült. Bis 2023 sollen das 13,2 Mrd. Dollar (zwölf Mrd. Euro) pro Jahr sein. Experten zweifeln allerdings an der Rechnung. Schon jetzt werde die Kapazität des Kanals nicht zur Gänze ausgenutzt, die Auslastung liegt nach Schätzungen bei etwa 70 Prozent.

AP/Amr Nabil
Fischerboot vor einem Tanker bei Ismailia
Eine Erweiterung des Kanals ziehe nicht automatisch auch mehr Schiffsverkehr nach sich. „Alles hängt von dem Handelsvolumen zwischen West und Ost ab, nicht von der Kapazität des Kanals“, zitierte der „Tagesspiegel“ Xu Zhibin, Chefmanager in Kairo für Chinas staatliche Transportgesellschaft Cosco, die weltweit zu den größten Container-Reedereien gehört.
Weitere Megaprojekte geplant
Ex-General Sisi plant unterdessen weitere Megaprojekte, mit denen die Ökonomie des Landes quasi vom Reißbrett aus angekurbelt und die Durchführungsqualität der Regierung unter Beweis gestellt werden soll. So soll eine neue Hauptstadt östlich von Kairo aus dem Boden gestampft werden. Auch gibt es Pläne für Ägyptens ersten 200-Meter-Wolkenkratzer und das erste Atomkraftwerk des Landes.
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