Spur zu regierungsfeindlicher Gruppe
Nach dem Bombenanschlag in Bangkok, bei dem am Montag mindestens 20 Menschen in den Tod gerissen und über 100 verletzt wurden, gibt es offenbar eine erste Spur. Der Chef der thailändischen Militärjunta, Prayut Chan-O-Cha, sagte am Dienstag, auf Bildern von Überwachungskameras sei ein männlicher Verdächtiger zu sehen, nach dem nun gefahndet werde.
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Der Mann sei mit einem Rucksack zum Tatort gegangen und habe das Gelände kurz vor der Detonation ohne Gepäck verlassen, berichtete ein Militärsprecher. Das sei auf dem Video einer der Überwachungskameras zu sehen, berichtete ein Militärsprecher. Der Mann habe nicht wie ein Thailänder ausgesehen, hieß es.
Prayut, der als Regierungschef fungiert, sagte, der Verdächtige gehöre vermutlich einer regierungsfeindlichen Gruppe im Nordosten Thailands an, einer Hochburg der Rothemden-Bewegung. Der Anschlag vom Montag sei „der schlimmste Angriff“ in der Geschichte des Landes, so Prayut.
Weiterer Sprengsatz explodiert
Am Dienstag ereignete sich in der Nähe einer belebten Bahnstation erneut eine Sprengstoffexplosion. Dabei gab es nach ersten Polizeiinformationen aber weder Tote noch Verletzte. Beamte seien an Ort und Stelle, um herauszufinden, um was für einen Sprengsatz es sich handelte, sagte ein Polizeivertreter. Der Sprengsatz sei auf Passanten geworfen worden. Anderen Meldungen zufolge fiel der Sprengkörper in einen Kanal und explodierte im Wasser.
„Ausländer“ Ziel des Anschlags
Am Montagabend (Ortszeit) hatte sich am Erawan-Schrein in Bangkoks zentralem Viertel Chidlom eine gewaltige Explosion ereignet. In dem Viertel befinden sich auch mehrere große Einkaufszentren und teure Hotels. „Die Bombe hatte das Ziel, so viele Menschen wie möglich zu töten,“ sagte Polizeisprecher Prawut Thavornsiri. Schließlich sei der Schrein am Abend üblicherweise gut besucht.
Die thailändischen Behörden korrigierten ihre Angaben über die Opferzahlen am Dienstag: 20, nicht 22 Menschen seien ums Leben gekommen, 125 verletzt worden. Identifiziert wurden zunächst fünf Thailänder, vier Chinesen, zwei Malaysier und ein Singapurer, wie Regierungssprecher Sansern Kaewkamnerd sagte.

APA/AP/Mark Baker
Die Bombe detonierte mitten in einem beliebten Einkaufsviertel der Metropole
Für den Anschlag wurden dem Sprecher zufolge vermutlich drei Kilogramm Sprengstoff verwendet. Das Verteidigungsministerium erklärte, dass „Ausländer“ das Ziel des Anschlags gewesen seien, um der für Thailand äußerst wichtigen Tourismusbranche zu schaden. Nach ersten Erkenntnissen sind keine Österreicher betroffen. Man stehe aber weiterhin mit den lokalen Behörden in Kontakt, erklärte der Sprecher des Außenministeriums, Martin Weiss, am Montag.
Weitere Bombe von Polizei gesprengt
Auf Fernsehbildern war vor dem Schrein eine Art Bombenkrater zu sehen. Hunderte Polizisten durchkämmten die Umgebung auf der Suche nach weiteren Sprengsätzen. Nur wenig später wurde eine weitere Bombe in der Gegend um die Skytrain-Station Ratchaprasong entdeckt und zur Explosion gebracht. Das meldete die „Bangkok Post“ auf Twitter.

Reuters/Athit Perawongmetha
Durch das Eingreifen der Polizei konnte die Detonation einer zweiten Bombe verhindert werden
Am Anschlagsort bot sich ein Bild der Verwüstung. Glassplitter lagen über die Straße verstreut, verkohlte Mopeds waren neben Teilen aus dem Schrein zu sehen. Auf den Stufen vor dem Schrein lagen zwei leblose Körper. Noch mehrere Kilometer vom Anschlagsort entfernt waren Fensterscheiben durch die Wucht der Explosion erschüttert worden.
Hunderte Schulen geschlossen
Der Anschlagsort blieb am Dienstag abgeriegelt. Bei Sonnenaufgang machten Sprengstoffexperten auf der Suche nach Hinweisen Fotos vom Tatort, wie ein AFP-Reporter beobachtete. Die Polizei errichtete überall in Bangkok Kontrollpunkte ein. Hunderte Schulen blieben geschlossen.

Reuters/Kerek Wongsa
Einsatzkräften bot sich ein schreckliches Bild
In dem südostasiatischen Land hatte das Militär bei einem Putsch im Mai vergangenen Jahres die Macht übernommen. Regierungschefin Yingluck Shinawatra war zuvor bereits abgesetzt worden. Politische Beobachter hatten wegen des Putsches mit neuer Gewalt gerechnet. In den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Bombenanschläge auch in Bangkok gegeben, allerdings noch nie von dem Ausmaß wie am Montag.
Rothemden wiesen bisherige Vorwürfe zurück
Im Nordosten Thailands, wohin die Spur der Ermittler führen soll, sind die Rothemden, die Unterstützer des früheren Regierungschefs Thaksin Shinawatra und dessen Schwester Yingluck, besonders stark. Die Behörden hatten die Rothemden dieses Jahr für einige kleinere Explosionen verantwortlich gemacht. Die Führung der Bewegung wies die Vorwürfe allerdings entschieden zurück. In der Vergangenheit hatten Hardliner der Rothemden Sicherheitskräfte oder Regierungsgebäude angegriffen, aber niemals Menschenmengen ins Visier genommen.
Auch die islamistischen Aufständischen an der Grenze zu Malaysia haben bisher keine Taten wie den Bombenanschlag in Bangkok verübt. Ihre Attacken richteten sich nicht gegen Ausländer und wurden weitgehend in den drei muslimisch dominierten Provinzen im Süden des Landes verübt.
Bereits zuvor hatte der Armeechef und Vizeverteidigungsminister Udomdej Sitabutr in einem Fernsehinterview erklärt, dass der Anschlag nicht die Handschrift der muslimischen Rebellen im Süden des Landes trage. Die Art des Anschlags und die Bauweise des Sprengsatzes in Bangkok passten nicht zu Methoden der Separatisten, so Sitabutr. Bereits im Februar waren vor einem Einkaufszentrum in Bangkok zwei Sprengsätze explodiert und hatten zwei Menschen verletzt. Auf der Touristeninsel Koh Samui explodierte im April eine Autobombe. Auch in diesen Fällen bekannte sich niemand zu den Anschlägen.
Militärregierung seit Putsch im vergangenen Jahr
Im Mai 2014 hatte das thailändische Militär nach jahrelangen politischen Spannungen zwischen verfeindeten Lagern geputscht. Seitdem regiert Putschführer Prayuth Chan-ocha. Das Militär ging davon aus, dass die Bomben im Februar und April die vom Militär eingesetzte Regierung destabilisieren sollten.
Die beiden politischen Lager kämpfen um die Regierungsmacht. Sie haben Massendemonstrationen und Straßenblockaden in Bangkok organisiert und sich teils blutige Straßenschlachten geliefert. Dutzende Menschen sind dabei seit 2010 ums Leben gekommen.
Außenministerium aktualisiert Reisewarnung
Im Gegensatz zum Süden des Landes, für den es Reisewarnungen gibt, galt Bangkok bisher als relativ sicher. Das Außenministerium aktualisierte aber noch am Montagabend seine Reisehinweise. „Es wird empfohlen, sich vor Reiseantritt und während des Aufenthaltes laufend über die aktuelle Sicherheitslage informiert zu halten, die weiteren Entwicklungen genau zu beobachten, den Anordnungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten und sich von Menschenansammlungen fernzuhalten“, heißt es auf der Website des Ministeriums.
Auf der Ministeriumswebsite ist seit Längerem von einem „erhöhten Sicherheitsrisiko“ für Bangkok und andere Landesteile die Rede. Ein „hohes Sicherheitsrisiko“ besteht laut Außenministerium für die südlichen Provinzen Narathiwat, Yala, Pattani und Songhkla sowie für Preah Vihear an der Grenze zu Kambodscha. In den südlichen Regionen kam es in den letzten Jahren auch immer wieder zu Anschlägen. Vor nicht notwendigen Reisen in diese Provinzen wird abgeraten.
Deutschland hatte am Montag seine Reisehinweise für Thailand ebenfalls verschärft. Dort schloss man „weitere Anschläge auch in anderen beliebten Feriengebieten“ nicht aus.
Baht auf tiefstem Stand seit 2009
Der Anschlag in Bangkok zeigte auch an der Börse Wirkung. Der Kurs der Landeswährung Baht fiel am Dienstag auf den tiefsten Stand seit April 2009. Der Aktienkurs in Bangkok ging zu Handelsbeginn um zwei Prozent zurück, Verlierer waren insbesondere die im Tourismus aktiven Unternehmen.
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