Themenüberblick

Datensammeln für Selbstschutz

Die Vergewaltigung einer jungen Frau durch sechs Männer und ihr Tod Ende 2012 hat in Indien viel Empörung ausgelöst. Viele Services versuchen Frauen seitdem zu helfen, erlebte Gewalt zu melden und möglichst zu beenden. Dabei wird unter anderem auf die Vernetzung der Betroffenen und lokale Projekte gegen Gewalt gesetzt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Die Plattform Safecity etwa bietet Mädchen und Frauen in Indien eine einfache und anonyme Möglichkeit, Übergriffe zu melden. Ursprünglich als reine Onlineplattform konzipiert, gibt es mittlerweile eine App und vor allem lokale Projekte und Kampagnen gegen Gewalt. Auch bei Safetipin können Frauen gewalttätige Angriffe und mögliche Gefahren melden. Zudem können Nutzerinnen anderen erlauben, ihre Wege auf einer Karte zu verfolgen.

Lokale Lösungen für mehr Sicherheit

Die Daten aus der App und den Onlineeinträgen würden gezielt für die Lokalisierung besonders gefährlicher Orte genutzt, so Safecity-Gründerin Elsa D’Silva gegenüber dem „Guardian“. Gemeinsam mit lokalen Behörden und Organisationen werden dann Lösungen für mehr Sicherheit gesucht und umgesetzt. Dabei reichten oft kleine Veränderungen, wie ein Gemälde mit starrenden Augen und dem Satz „Schau mit Deinem Herzen und nicht Deinen Augen“ an einem Platz, wo besonders viele Männer Frauen hinterherstarren, erzählt D’Silva.

Berichte bleiben anonym

Betroffene können bei Safecity anonym Berichte über sexuelle Belästigungen und Übergriffe melden. Die Kategorien reichen vom einfachen Starren über eindeutige Kommentare und Berührungen bis hin zu Stalking und Vergewaltigung.

In einem anderen Fall wurden viele Frauen beim frühmorgendlichen oder spätabendlichen Toilettengang im Freien belästigt. Schließlich sei man draufgekommen, dass es in der Gegend zwar Toiletten gibt, allerdings waren diese immer abgeschlossen, weil die Behörden die Reinigung nicht übernehmen wollten. In Gesprächen mit den Verantwortlichen habe Safecity schließlich durchgesetzt, dass die WCs geöffnet und gereinigt werden, dann wurden die Frauen von lokalen Partnern über die neuen Möglichkeiten informiert.

Druck auf Behörden steigt

Es gehe nicht darum, bestimmte Gegenden als besonders unsicher abzustempeln, sagt D’Silva, sondern reale Projekte für mehr Sicherheit umzusetzen. Dazu sei auch der Austausch entsprechender Informationen notwendig. Mit den bei Safecity gesammelten Daten könne der Druck auf die zuständigen Behörden merklich erhöht werden, so D’Silva weiter - und sei es mit der Drohung, nichtkooperative Stellen online entsprechend zu benennen.

In Zeiten von Sozialen Medien sei es viel schwerer, gerade bei entsprechenden Hinweisen etwas zu leugnen, sagt D’Silva. Viele Hinweise bei Safecity könnten zwar nicht direkt verifiziert werden, aber wenn sich einmal ein gewisser Trend abzeichne, könne dieser eben auch nicht ignoriert werden. Neben Onlineeinträgen sammelt Safecity auch an den konkreten Orten notwendige Daten.

Mehr Macht statt Ohnmacht

Im Gegensatz zu ähnlichen Projekten in Europa oder den USA hätten sich aus vieler solche Apps in Indien, Afrika oder Südamerika oft spannende Ansätze zum Thema „Recht auf die Stadt“ entwickelt, meint die Städteplanerin Carolyn Whitzman von der Universität von Melbourne, die dazu ein Buch publiziert hat. Bürger könnten auf diesem Weg viel stärker partizipieren und auch tatsächliche Veränderungen bewirken, so Whitzman gegenüber dem „Guardian“. Das sei nicht nur auf Sicherheit für Frauen beschränkt.

D’Silva sieht Safecity auch als eine Art Tippgeber nach der Art von Urlaubwebsites wie Tripadvisor, die Interessierten helfen soll, ausreichend informiert Entscheidungen zu treffen. Gewalt gegen Frauen sei zudem ein weltweites Problem, nicht nur in Indien, und Apps wie Safecity und Safetipin könnten überall nützlich sein, meint D’Silva. Für Kairo, den Jemen, den Libanon und Ramallah gibt es ebenfalls eigene Apps zum Thema Sicherheit für Frauen. Auf Safecity sind zudem auch Daten für Nepal, Kamerun, Nairobi sowie einigen großen Städten vorhanden.

Links: