Bedrohungslage „sehr niedrig“
Der Einsatz der deutschen Bundeswehr in der Türkei wird beendet. Das Mandat laufe zum 31. Jänner 2016 aus, bestätigte ein Sprecher des deutschen Verteidigungsministeriums einen Bericht des Magazins „Der Spiegel“ (Onlineausgabe). Hintergrund der Entscheidung ist dem Ministerium zufolge, dass die Bedrohung der Türkei durch Raketenangriffe aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien inzwischen als gering bewertet wird.
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Deutsche Soldaten sind seit Jänner 2013 mit Systemen für „Patriot“-Flugabwehrraketen in der Türkei im Einsatz, um den NATO-Bündnispartner vor Beschuss aus Syrien zu schützen. Das Mandat gilt für bis zu 400 Soldaten, derzeit sind etwa 250 an Ort und Stelle. An der NATO-Mission beteiligten sich auch die USA, die Niederlande und Spanien.
Fokus liegt auf IS
Im Juni stufte die NATO die Bedrohungslage allerdings lediglich als „sehr niedrig“ ein, wie das deutsche Verteidigungsministerium am Samstag mitteilte. Vor diesem Hintergrund soll nun der Bundeswehreinsatz nicht mehr verlängert werden. Wie genau der Bundeswehrabzug abläuft und wann er abgeschlossen sein wird, ist laut dem Ministeriumssprecher noch unklar. Der Einsatz sei „aus militärischer Sicht erfolgreich“ verlaufen, erklärte das Verteidigungsministerium.
„Die Bedrohung in dieser krisengeschüttelten Region hat jetzt einen anderen Fokus erhalten“, erklärte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). „Sie geht heute von der Terrororganisation Islamischer Staat aus.“ Die Bundeswehr bleibe in der Region präsent, um zur Stabilisierung beizutragen. Unter anderem unterstützen laut Ministerium derzeit fast hundert deutsche Soldaten die Ausbildung von kurdischen und irakischen Sicherheitskräften, die gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) kämpfen.
Einsatz in Kritik geraten
Am Einsatz der Bundeswehr in der Türkei war zuletzt Kritik laut geworden. Grund dafür ist das Vorgehen der türkischen Armee gegen militante Kurden. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth begrüßte deswegen am Samstag die Entscheidung für den Abzug der Bundeswehr. „Das ist ein richtiger und notwendiger Schritt gegenüber einem NATO-Partner Erdogan, der mehr und mehr außer Kontrolle gerät“, erklärte die deutsche Bundestagsvizepräsidentin. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betreibe „eine in jeder Hinsicht gefährlich falsche Politik mit seiner Strategie, die Kurden zu schwächen, anstatt den IS zu bekämpfen“.
NATO respektiert Entscheidung
Die NATO übt offiziell keine Kritik am Abzug der deutschen „Patriot“-Raketenabwehrsysteme aus der Türkei. „Die Entscheidung der deutschen Regierung wird von uns natürlich voll und ganz respektiert“, sagte ein NATO-Sprecher der dpa am Samstag in Brüssel. Der deutsche „Patriot“-Einsatz habe entscheidend geholfen, die Bevölkerung und das Gebiet der Türkei vor der Bedrohung durch ballistische Raketen aus Syrien zu schützen.
Ob der NATO-Einsatz in der Türkei im Jänner 2016 komplett eingestellt wird, ist nach Angaben des Sprechers noch nicht entschieden. „Die Militärs prüfen derzeit die künftigen Einsatzanforderungen und die Verfügbarkeit von anderen Raketenabwehrsystemen, um eine angemessene Lösung zu finden“, sagte er.
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