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Von Metall bis Glas - alles möglich

Der größte europäische Flugzeugbauer Airbus will künftig wieder mehr Bauteile selbst produzieren, anstatt zur Gänze von Zulieferern abhängig zu sein. Die Komponenten sollen - in einem nach und nach breiteren Spektrum - im 3-D-Druck entstehen.

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„Wir stellen den gesamten Produktionsprozess auf den Kopf“, sagte Peter Sander, zuständig für den Bereich Innovation beim europäischen Flugzeugbauer. „Es ist bereits entschieden, dass Airbus künftig zehn Prozent seiner Bau- und Ersatzteile selbst herstellen will“, so Sander, früher Leiter der Produktion des Airbus A380 in Hamburg.

Ein aus einem 3D-Drucker gefertigtes Flugzeugteil

picturedesk.com/dpa/Carmen Jaspersen

„Druck“ eines Airbus-Bauteils: Werkstückaufbau in dünnen Schichten

Airbus, nach dem US-Luftfahrt- und Rüstungskonzern Boeing die globale Nummer zwei in der Branche, schaffte dafür eigene 3-D-Drucker an und will weitere erwerben. „2016 beginnen wir dann mit der Serienproduktion von Bauteilen aus Titan, Mitte 2016 aus Edelstahl und ab 2017 aus Aluminium“, sagte Sander. Er sah sich gerade einen neuen Druckertyp in Südafrika an: „Bei der Firma Aerosud steht der weltweit bisher leistungsstärkste 3-D-Drucker.“ Es sei möglich, damit Komponenten von zwei Metern Länge herzustellen. Mit der Entscheidung geht Airbus von seiner früheren Linien, Bauteile nur noch von Zulieferern zu beziehen, ab.

„Traum eines jeden Ingenieurs“

Vom 3-D-Druck verspricht man sich bei Airbus, billigere und leichtere Teile produzieren zu können. Eine „große Hilfe“ sei die Technologie auch in den Fertigungsstraßen, da sie eine effizientere Produktion möglich mache, heißt es. Der 3-D-Druck sei „der Traum eines jeden Ingenieurs“, lässt Airbus einen Innovationsmanager zu Wort kommen. „Du hast eine Idee, druckst über Nacht und am nächsten Tag in der Früh hältst du den Teil in deinen Händen.“

Wobei: „Druck“ ist für das Verfahren eigentlich ein etwas irreführender Begriff. Die Geräte drucken nicht, sondern bauen dreidimensionale Werkstücke schichtweise auf, nachdem das eingescannte Bauteil im Rechner zum digitalen Modell verarbeitet wurde. Die korrekte Bezeichnung lautet Additive Layer Manufacturing (ALM) - Fertigung im Schichtaufbau. Bauteile werden so nicht mehr aufwendig aus einem Block herausgefräst, sondern Millimeter für Millimeter aufgebaut.

Serienfertigung für A400M

Sander, der sich gerne von Vorbildern aus der Natur inspirieren lässt, verweist auf das Modell einer Flügelklappe. Das Metallstück besteht nicht mehr aus vernieteten Metallstücken, sondern aus einem Guss. An der Unterseite habe es die stabilen Strukturen einer Seerose. Es sei preisgünstiger, leichter und stabiler und könnte ab 2018 in Serienfertigung gehen. Laut Airbus sind „Drucke“ aus Metallen, Glas und Beton möglich. Das Verfahren mache es einfacher, „sehr komplexe Formen“ herzustellen, so komplex, dass man sie aus einem Materialblock nicht herstellen könne.

Airbus arbeitet beim 3-D-Druck mit der Tochter Premium Aerotec (PAG) zusammen. Das deutsche Luftfahrtbundesamt (LBA) habe den Produktionsbetrieb für den 3-D-Druck bereits zugelassen, bestätigte PAG-Sprecher Jens Krüger und ergänzte: „Mit der Titanserienfertigung für ein Teil des Militärtransporters (Airbus) A400M haben wir schon begonnen.“ Dabei handelt es sich um ein kompliziert herzustellendes Krümmerteil.

Abschied von der „alten“ Montagehalle

Bei Zivilmaschinen wird mit Haltern begonnen, wie sie seit einem Jahr in Testmaschinen vom Typ A350 eingebaut werden. Außerdem sollen Ersatzteilsets aus dem 3-D-Druck angeboten werden, die problemlos bei der Wartung älterer Jets eingebaut werden können. Leichtere Rollen können etwa im Frachtbereich einige Dutzend Kilo Gewicht einsparen.

Sander musste nicht lange Überzeugungsarbeit für den Aufbau seiner Einheit leisten: „Das kam direkt von Konzernchef Tom Enders.“ Seit vier Jahren forscht er nun, wie sich die Produktion verbessern lässt und sieht den 3-D-Druck dabei als Kernelement. Sander: „Nicht nur der Flugzeugbau ist von der Umwälzung durch den 3-D-Druck betroffen - das wird alle Industriezweige betreffen. Aber die meisten Unternehmer bei uns haben das noch nicht so recht begriffen.“

Der 3-D-Druck ist ein Teil der Zukunftsstrategie bei Airbus, die unter dem Titel „Die Fabrik der Zukunft. Neue Wege der Produktion“ zusammengefasst ist. In dem Konzept heißt es einleitend, die Flugzeugherstellung habe schon lange nichts mehr mit der lauten, hektischen Montagehalle von früher zu tun. Die Fertigung laufe automatisiert ab und werde das immer stärker tun. Sie sei „hocheffizient, organisiert und strukturiert“. In dem Konzept gibt es Pläne für eine Art Roboteranzug für die Arbeiter, genannt „Exoskelett“, die Rede ist von „humanoiden Robotern“, die selbstständig arbeiten.

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