Verstärkung der Gehaltsunterschiede
Forscher der Universität Carnegie Mellon haben untersucht, wie sich das Surfverhalten der Nutzer auf die angezeigte Werbung auswirkt. Dabei zeigten sie, dass etwa auf Jobportalen deutliche Unterschiede zwischen Frauen und Männer gemacht wurden: Frauen bekamen weniger Coachings für hoch dotierte Jobs angeboten als Männer.
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Die Forscher der Carnegie-Mellon-Universität schufen ein automatisiertes Testsystem namens AdFisher. Darin legten sie insgesamt 17.370 weibliche und männliche Profile komplett neu an, mit denen sie verschiedene Websites zu unterschiedlichen Themengebieten ansurften. Die Profile agierten dabei genau gleich, sie hatten nur unterschiedliche Angaben zum Geschlecht. Insgesamt werteten die Forscher 600.000 Werbungen aus.
In einem der insgesamt 21 durchgeführten Versuche wurde die Anzeige für ein Coaching für Führungspositionen mit einem jährlichen Gehalt von 200.000 US-Dollar den männlichen Profilen 1.852-mal gezeigt, die weiblichen bekamen sie hingegen laut Forschern nur 318-mal zu sehen. Männliche Kandidaten würden deutlich mehr zu gut bezahlten Jobs ermuntert, so die Forscher, und so werde der bestehende Gehaltsabstand zwischen den Geschlechtern womöglich weiter gefördert. Diskriminierung sei bei Profiling inhärent, so die Forscher, und auch wenn es hilfreich sei, gebe es doch deutlich negative Auswirkungen.
Unterschiede auch bei Substanzmissbrauch
Deutliche Unterschiede gab es auch bei anderen Themen, die die Forscher untersuchten. Nachdem Websites zu Drogen- und Alkoholmissbrauch angesurft wurden, bekamen die Testprofile ebenfalls andere Werbungen angezeigt als die Kontrollgruppe, obwohl sich laut den Forschern die Interessenliste auf der jeweiligen Profilseite bei Googles Ad-Settings nicht geändert hatte.
Unter anderem bekamen die Testprofile Werbungen für ein Rehabilitationszentrum angezeigt, das sie zuvor angesurft hatten. Eine mögliche Erklärung dafür könne eine Marketingstrategie namens Remarketing sein, so die Studienautoren. Dabei werden den Nutzern Websites, die sie zuvor besucht haben, erneut angezeigt, um sie zu einem weiteren Besuch zu animieren.
Negative Auswirkungen
Ein ähnliches Ergebnis gab es bei Websites zum Themenbereich körperliche Beeinträchtigung. Entsprechende Werbungen wie eine für einen Rollstuhl wurden der Testgruppe 1.076-mal gezeigt, der Kontrollgruppe hingegen kein einziges Mal. Im Hintergrund wurden das Interessenprofil bei Google zwar geändert, allerdings auf Interessen, die keinen Bezug zu körperlichen Beeinträchtigungen haben, so die Forscher.
Verhaltensorientierte Werbung im Netz sei per Definition benachteiligend, so der „Guardian“, nachdem die Nutzer dabei unterschiedlich behandelt würden. Zwar würden auch andere Medienkonsumenten in TV, Radio und Print nach Zielgruppen eingeteilt, online sei das aber viel genauer möglich, und je stärker Profiling genutzt werde, desto eher seien auch negative Auswirkungen möglich.
Nutzerverhalten wird protokolliert
Bei verhaltensorientierter Werbung wählen Werbekunden auf Basis des Nutzerverhaltens aus, welche Anzeigen der Nutzer tatsächlich sehen soll. Dazu wird auf Websites unter anderem mitgeloggt, wie lange und wie oft ein Nutzer auf der jeweiligen Website ist, was er dort sucht und welche Links er anklickt - oft auch über viele Websites hinweg. Auf Basis dieser Daten wird ein Profil erstellt, das mit dem Browser beziehungsweise mit dem persönlichen Nutzerprofil verknüpft, wenn der Nutzer auf einer Seite eingeloggt ist.
Websitebetreiber können auf Basis dieser Daten Nutzer mit ähnlichen Profilen in Interessengruppen einteilen, die dann wiederum für Werbetreibende interessanter sind, weil diese dann ihre Werbung entsprechend zielgerichteter ausspielen können. Damit wollen Werber sichergehen, dass ihre Werbeeinschaltungen auch nur jene Personen erreichen, die sich tatsächlich dafür interessieren.
Forscher regen weitere Untersuchung an
Google gibt laut „Guardian“ an, dass zielgerichtete Werbungen in sensiblen Bereichen, dazu zählt etwa Substanzmissbrauch, untersagt ist. Auch das Remarketing gibt es bei diesen Themen demnach nicht. Laut den Forschern können die Nutzer bestimmte Interessen aus ihren Trackingprofilen bei Google streichen, um so tatsächlich bestimmte Werbung, die sie nicht sehen wollen und womöglich sogar störend finden, nicht sehen müssen.
Die Studienautoren können laut eigenen Angaben keinen bestimmten Faktor ausmachen, der für die doch deutlichen Unterschiede bei den gezeigten Werbungen verantwortlich ist. Dazu sei nicht nur Googles Profilingsystem zu komplex, sondern auch zu wenig transparent - ebenso wie die Regeln, nach denen Werber ihre Annoncen schalten. Die Ergebnisse seien aber ein guter Startpunkt für weitere Untersuchungen zu dem Thema - entweder durch die Firmen selbst oder durch entsprechende Aufsichtsbehörden.
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