Soll Kampf gegen IS-Miliz vereinfachen
Die USA haben Kampfflugzeuge und Personal zum Einsatz gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf die türkische Basis Incirlik verlegt. Die sechs Maschinen vom Typ F-16 und 300 Soldaten seien bisher in Aviano (Italien) stationiert gewesen und am Sonntag in Incirlik eingetroffen, teilte das US-Europakommando mit.
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Nach zähen Verhandlungen hatte die Türkei den USA kürzlich die Nutzung ihres Luftwaffenstützpunktes erlaubt. Damit verkürzen sich die Flugzeiten der US-Kampfjets, die IS-Ziele in Syrien angreifen, künftig deutlich. Die USA und die Türkei seien als Mitglieder der internationalen Koalition dem Kampf gegen den IS verpflichtet, um Frieden und Stabilität in der Region zu erreichen, hieß es in der US-Mitteilung.
Warnung aus Moskau
Der russische Außenminister Sergej Lawrow warnte die USA mit Nachdruck vor Luftschlägen in Syrien. Ohne Bodentruppen könnten sich die Angreifer im Ziel irren und statt „Regierungsobjekten“ versehentlich Hochzeitsfeiern und Schulbusse bombardieren, sagte er in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview des russischen Fernsehens. In Afghanistan sei das den USA wiederholt passiert.

Reuters/U.S. Air Force/Senior Airman Michael Battles
Die nun verlegten F-16-Jets waren bisher in Italien stationiert
Lawrow sprach sich erneut für Syrien-Verhandlungen aus. Wenn es um Chemiewaffen gehe, sei Machthaber Baschar al-Assad für den Westen ein legitimer Teilnehmer, aber beim Kampf gegen Terror plötzlich nicht mehr, kritisierte er. Moskau ist ein Partner des Regimes in Damaskus.
Lawrow warb für einen Plan von Präsident Wladimir Putin. Moskau strebe eine „Koalition der Gleichgesinnten“ unter Teilnahme der syrischen und der irakischen Armee sowie von Anrainerländern und Kurden gegen den IS an - mit einem Mandat des UNO-Sicherheitsrats. Er habe nach einem Gespräch mit seinem US-Amtskollegen John Kerry aber den Eindruck, dass Washington diesen Plan nicht unterstütze, sagte Lawrow.
PKK warnt vor Aus für Koalition
Unterdessen wird - ein Jahr nach dem Beginn der internationalen Luftschläge gegen den IS - der Kurdenkonflikt zur Belastungsprobe für das Militärbündnis. Zwar sieht das Pentagon den IS inzwischen deutlich geschwächt, doch wegen der türkischen Angriffe auf militante Kurden warnen diese nun vor einem Aus der internationalen Koalition. Die verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK) sieht sich selbst als wichtigsten Unterstützer der syrischen Kurden im Kampf gegen den IS - in der nordsyrischen Grenzregion zur Türkei ist es vor allem der PKK-Ableger YPG (Volksschutzeinheiten), der sich dem IS auf dem Boden entgegenstellt.
„Wenn sich die US-geführte Koalition jetzt aber entscheidet, auf der Seite der Türkei gegen die Kurden zu stehen, dann wird das auch eine Niederlage für die Koalition sein“, sagte der operative PKK-Führer Cemil Bayik dem deutschen Sender ARD bei einem Treffen im nordirakischen Kandil-Gebirge. Die Türkei sei dem Bündnis hauptsächlich beigetreten, um im syrischen Grenzgebiet eine Pufferzone einzurichten, „damit dort die Kurden sich nicht zusammenschließen können“.
Streit über Anzahl toter PKK-Kämpfer
Zugleich bestritt der PKK-Mitbegründer Angaben der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu, wonach im Nordirak bisher 390 Mitglieder der PKK durch türkische Luftangriffe getötet worden seien. Insgesamt seien nur sieben PKK-Kämpfer ums Leben gekommen, sagte Bayik. Die Zahl der getöteten Zivilisten sei jedoch erheblich. Zur Gesamtzahl der Opfer machte er keine Angaben.
Der Kovorsitzende der prokurdischen türkischen Partei HDP, Selahattin Demirtas, forderte die Regierung in Ankara und die PKK zu einem sofortigen Ende der Gewalt auf. Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu begrüßte den Aufruf, sagte laut der Nachrichtenagentur Anadolu aber auch, seine Regierung werde die Ermordung von Sicherheitskräften nicht hinnehmen.
„Außerordentliche“ Leistung erbracht
Das US-Verteidigungsministerium hob indessen hervor, dass die syrischen Kurden eine „außerordentliche“ Leistung erbracht und grenzübergreifende Kommunikationswege der Dschihadisten zwischen Syrien und dem Irak sowie Syrien und der Türkei blockiert hätten. Wie das Pentagon weiter mitteilte, müssen die Dschihadisten an fast jeder Front Verluste hinnehmen. Anti-IS-Kräfte kontrollierten zwei Drittel der nördlichen syrischen Grenze. Im Irak könnten die Dschihadisten in etwa 25 bis 30 Prozent der einst von ihnen beherrschten bewohnten Gebiete nicht mehr ungehindert agieren.
Dem Weißen Haus zufolge wurden die Dschihadisten im vergangenen Jahr in Nordsyrien aus einem 17.000 Quadratkilometer großen Territorium zurückgedrängt - was etwa der Größe der Steiermark entspricht. Von der Grenze zwischen Syrien und der Türkei kontrolliere der IS noch gut 100 Kilometer - zu Hochzeiten waren es fast 300 Kilometer. Gleichwohl beherrscht der IS noch immer riesige Gebiete in Syrien und im Irak.
Fast 6.000 Angriffe geflogen
Am 8. August 2014 hatte die US-geführte Anti-Terror-Koalition aus mehr als 60 Ländern mit den Luftangriffen begonnen. Mittlerweile wurden nach Angaben aus Washington fast 6.000 Einsätze gegen IS-Dschihadisten geflogen. Entgegen der offiziellen Stellungnahme hatten US-Geheimdienste den IS kürzlich allerdings noch als kaum geschwächt eingeschätzt.
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