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Koalition rüstet sich für längeren Einsatz

Trotz internationaler militärischer Anstrengungen konnte das Terrorregime des Islamischen Staats (IS) in weiten Teilen Syriens und dem Irak nicht vertrieben werden. Vor einem Jahr begann die US-geführte Koalition mit Luftschlägen gegen die Dschihadisten - etwa 6.000 Angriffe wurden seither durchgeführt und nach US-Schätzungen dabei 10.000 Kämpfer getötet.

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Seit Beginn des Lufteinsatzes der US-geführten Koalition am 8. August 2014 habe es mehr als 5.900 Bombardements gegen IS-Stellungen im Irak und in Syrien gegeben, teilte das US-Verteidigungsministerium in einer Bilanz über ein Jahr Luftschläge in Washington mit. Ziel der Luftschläge sei gewesen, die Beweglichkeit der IS-Kämpfer einzuschränken, den Nachschub abzuschneiden und die Kommandostruktur der Miliz zu beeinträchtigen, hieß es nach Angaben der US-Kommandeurs der gemeinsamen Luftkampagne, Generalleutnant C. Q. Brown Jr.

Verteidigungsministerium feiert Erfolge

Die Luftschläge hätten die Fähigkeit der Terrormiliz eingeschränkt, selbst große Offensiven zu starten. Dadurch habe man Kräfte, die auf dem Boden gegen die Terrormiliz kämpfen, unterstützen können. „Je eher der IS fällt, desto schneller könnten unschuldige Zivilisten ihr normales, friedfertiges Leben wieder aufnehmen“, sagte Brown weiter. Wie das Verteidigungsministerium am Samstag mitteilte, müssen die Dschihadisten an fast allen Fronten Verluste hinnehmen, Anti-IS-Kräfte kontrollierten inzwischen zwei Drittel der nördlichen syrischen Grenze. Im Irak könnten die Dschihadisten in etwa 25 bis 30 Prozent der einst von ihnen beherrschten, bewohnten Gebiete nicht mehr ungehindert agieren. 

Fronten im Irak kaum verändert

Dennoch ist der IS nach Einschätzung der US-Geheimdienste kaum geschwächt worden und so stark wie vor einem Jahr. Eine Analyse des Magazins „Foreign Policy“ kommt zu dem Schluss, dass sich im Irak die Frontlinien zwischen IS und den Armeekräften seit dem Sommer 2014 kaum verändert haben. Die Städte Mossul, Falludscha, Hit und Ramadi - und mit ihnen Millionen Zivilisten - seien weiter in der Hand der Islamisten.

Und die beinahe täglichen Schreckensmeldungen reißen nicht ab: Am Freitag hieß es vom irakischen Parlamentsvorsitzenden, in Mossul und Umgebung habe der IS seit Juni 2014 mehr als 2.000 Menschen exekutiert. In Syrien haben nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte von Freitag IS-Terroristen 230 muslimische und christliche Zivilisten aus dem Ort Al-Kardschatain verschleppt.

Partielle Erfolge in Syrien

Erfolge konnten in Syrien erzielt werden - was in erster Linie den kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) zu verdanken ist. Nach der Befreiung der Grenzstadt Kobane konnte der IS auch aus der Stadt Hassaka im Nordosten des Landes vertrieben werden. Mit den guten Nachrichten gehen aber auch negative Befürchtungen einher - laut „Foreign Policy“ gibt es Zeichen dafür, dass die Lücke, die der IS in den Gebieten hinterlässt, von anderen Terrororganisationen wie der al-Nusra-Front gefüllt werden könnte. Und in der Türkei ließen die kurdischen Erfolge die gegenseitige Gewalt wieder aufflammen und den Friedensprozess beenden.

Offenbar kein schneller Erfolg erwartet

Mit einem baldigen Ende des Konflikts rechnen offenbar auch die internationalen Koalitionspartner nicht. US-Präsident Barack Obama hatte heuer im Kongress um ein dreijähriges Militärmandat für den Kampf gegen den IS angefragt (und nicht erhalten). Auch andere Staaten bereiten sich offenbar auf einen längeren Einsatz vor: Die Niederlande verlängerten ihre Mission kürzlich bis Oktober 2016, die Briten verschoben unterdessen ihre Pläne, ihre veralteten „Tornado“-Kampfflugzeuge recht bald auszumustern. Außerdem wird erwartet, dass das britische Parlament nächstes Monat für eine Ausweitung der Luftschläge in Syrien stimmen wird.

Koalition schrumpft

Auch wenn der Kampf gegen den IS als große internationale Mission angekündigt wurde, geht das Gros der Einsätze auf US-Kosten. In Syrien flogen die USA etwa 95 Prozent der Einsätze, im Irak sind sie für zwei von drei verantwortlich. Und auch als die Türkei im Juli mit eigenen Einsätzen gegen den IS startete, tat sie das in Zusammenarbeit mit den USA. Die Mitstreiter sind in den vergangenen Monaten aber eher weniger als mehr geworden, so die „Foreign Policy“. Belgien verließ die zwölf Mitgliedsstaaten bereits offiziell, und auch die meisten arabischen Staaten hätten ihre Konzentration nun eher auf den Konflikt im Jemen gerichtet.

Die Terrororganisation beherrscht seit mehr als einem Jahr riesige Gebiete in Syrien und im Irak, in denen sie ein „Kalifat" ausgerufen hat. Der syrische Bürgerkrieg, durch den die Dschihadisten erst stark geworden sind, hat nach UNO-Schätzungen in vier Jahren mehr als 250.000 Menschen das Leben gekostet. Aus Expertensicht ist die IS-Miliz die finanzstärkste Terrororganisation der Welt. Die Einnahmen stammen aus Ölschmuggel, Steuern, Spenden, Schutzgeldern, Beute, Zöllen und Lösegeld. Der US-Geheimdienst CIA ging im März von rund 20.000 IS-Kämpfern allein aus dem Ausland aus.

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