Themenüberblick

Screwball-Spaß mit Charme

Mit einer wortreichen Komödie rund um die Neurosen eines Broadway-Ensembles meldet sich Regiealtmeister Peter Bogdanovich („The Last Picture Show“) zurück auf die Leinwand. Owen Wilson spielt einen Regisseur mit Faible für Prostituierte, Jennifer Aniston die aggressivste Psychoanalytikerin New Yorks, und die Britin Imogen Poots kämpft in der Rolle eines Callgirls aus Brooklyn mit ihrem Akzent.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

15 Jahre ist es her, dass Bogdanovich das Drehbuch für „Broadway Therapy“ (Original: „She’s Funny That Way“) mit seiner damaligen Ehefrau Louise Stratten geschrieben hat. Wahrscheinlich wäre es auch nie verfilmt worden, wenn sich nicht Hollywoods Indie-Regiestars Wes Anderson („Grand Budapest Hotel“) und Noah Baumbach („Frances Ha“) für das Projekt stark gemacht und sich in der Rolle der Produzenten engagiert hätten.

Filmstill aus "Broadway Therapy"

Filmladen Filmverleih

Das „bestellte“ Mädchen vom Escortservice (Imogen Poots) und Broadway-Regisseur Arnold (Owen Wilson)

Irgendwie merkt man die verstrichene Zeit. Denn obwohl „Broadway Therapy“ im heutigen New York spielt, werden dort Ferngespräche in Telefonzellen geführt und Groupies verlangen von Schauspielern Autogramme. Handys? Selten. Selfies? Gibt’s nicht. Was auch daran liegen mag, dass das Referenzsystem des 76-jährigen Bogdanovich die klassische Screwball-Comedy der 30er und 40er Jahre ist.

Owen Wilson als freigiebiger Freier

„Broadway Therapy“ handelt von dem prominenten Broadway-Regisseur Arnold Albertson (Wilson), der eine Leidenschaft für Callgirls hegt. Und nicht nur das: Gelegentlich sieht er sich als Lenker des Schicksals und gibt einer jungen Frau, die er besonders mag, 30.000 Dollar - nachdem er ihr das Versprechen abnimmt, nie wieder auf den Strich zu gehen. Dieses Spiel verläuft nach bestimmten Regeln, die unter anderem eine romantische Kutschenfahrt durch den nächtlichen Central Park und das gemeinsame Füttern von Eichhörnchen vorsehen.

Peter Bogdanovich

Bogdanovich wurde 1939 in Kingston (New York) geboren. Er war liiert mit dem 1980 ermordeten Playmate Dorothy Stratten. Deren Schwester Louise war Drehbuch-Koautorin von „Broadway Therapy“ und ebenfalls mit Bogdanovich verheiratet. Er war u. a. Darsteller eines Psychoanalytikers in „Sopranos“.

Filmauswahl

  • „The Last Picture Show“ (1971)
  • „What’s Up, Doc?“ (1972)
  • „They All Laughed“ (1981)
  • „The Cat’s Meow“ (2001)

Auch Izzy (Imogen Poots) gehört zu den „Pretty Women“, die Regisseur Arnold beschenkt. Doch verschwindet sie nicht so einfach aus seinem Leben, sondern begegnet ihm schon am nächsten Morgen bei einem Vorsprechtermin für eines seiner Stücke wieder. Izzy, die sich nun Isabella nennt, will mit Hilfe des Geldes ihren Traum leben und Schauspielerin werden.

Ihr Bühnenauftritt als Prostituierte ist – naheliegend – derart lebensnah, dass es allen im Saal die Tränen in die Augen treibt. Nur Arnold, dessen Ehefrau Delta (Kathryn Hahn) die zweite weibliche Hauptrolle spielen soll, packt die Angst, dass sein wohltätiges Geheimnis auffliegen könnte.

Spiel mit den Komödienstandards

Hollywoods Drehbücher sind und waren schon immer voll von Rollenklischees: der tollpatschige Privatdetektiv, der der untreuen Frau hinterher spioniert; der selbst durch und durch neurotische Psychoanalytiker; und die Prostituierte, die durch die Begegnung mit dem reichen Gönner zur Lady wird. Bogdanovich lässt diese und noch viel mehr Stereotype bewusst in seinem Film antreten (Der Psychoanalytiker ist hier eine Analytikerin). Denn das Spiel mit den Klischees - vielleicht sollte man es positiver formulieren: mit den klassischen Komödienstandards - ist das Metier des Regisseurs, der seine Karriere als Filmkritiker begonnen hat.

Immer wieder zitiert „Broadway Therapy“ aus Klassikern: allen voran aus Ernst Lubitschs letztem Film, der 1946 erschienenen Gesellschaftskomödie „Cluny Brown“. Gedreht noch während des Zweiten Weltkrieges - unter Beteiligung vieler Emigranten vor und hinter der Kamera - erzählt „Cluny Brown“ von Entwurzelung und dem Versuch, auch auf unkonventionelle Weise in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Aus dem Mund der Titelfigur stammt die in „Broadway Therapy“ zitierte Zeile: „Dort, wo du glücklich bist, da ist dein zu Hause.“

Filmstill aus "Broadway Therapy"

Filmladen Filmverleih

Austin Pendleton spielte schon in Bogdanovichs „What’s Up, Doc?“. In „Broadway Therapy“ hat er ein Date mit seiner Analytikerin (Jennifer Aniston).

Das von Bogdanovich etwas überreizte Wortspiel „Nuts to the Squirrels“ und „Squirrels to the Nuts“ („den Eichhörnchen Nüsse“ und „Eichhörnchen zu den Nüssen“) transportiert schon in „Cluny Brown“ den Gedanken, dass man sich nicht mit Almosen der Gesellschaft begnügen, sondern sich aktiv auf die Suche nach dem Glück machen soll.

Ein klassisches Sommervergnügen

In „Broadway Therapy“ läuft Bogdanovich nicht zu alter Größe auf, man sollte die reizende kleine Komödie am besten erst gar nicht mit „What’s Up, Doc?“ (1972) vergleichen. Aber man darf sich auf wunderbare Auftritte des Ausnahmeschauspielers Wilson in der Rolle des verpeilten Künstlers freuen - und auf Aniston, die als Autorin des Buches „Bitchy is Beautiful“ endlich einmal hemmungslos fluchen darf. In der letzten Minute hält „Broadway Therapy“ mit dem Cameo eines der meistgehypten Regisseure dieser Tage noch eine Überraschung parat. Der Film ist ein Sommervergnügen für alle, die es starbesetzt und klassisch mögen.

Maya McKechneay, ORF.at

Links: