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Malaysische Regierung meldet Fund

Mehr als eine Woche nach dem Fund einer Flügelklappe des verschollenen Fluges MH370 sind laut malaysischen Regierungsangaben weitere Wrackteile auf der französischen Insel La Reunion entdeckt worden. Es seien „Trümmer wie Fenster (...) und Sitzpolster“ gefunden worden, die von einem Flugzeug stammten, sagte der malaysische Verkehrsminister Liow Tiong Lai am Donnerstag. Französische Ermittler dementierten das allerdings umgehend.

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Noch sei unklar, ob sie von der seit 17 Monaten verschollenen malaysischen Boeing 777 stammen. Das müsse von den französischen Behörden geprüft werden. Doch die französische Justiz widersprach den Angaben. „Die Staatsanwaltschaft von Paris dementiert momentan den Fund neuer Wrackteile“, sagte eine Vertreterin der Behörde am Donnerstag der dpa.

In den vergangenen Tagen wurde immer wieder berichtet, es gebe bereits mehrere Fundstücke. So hatte ein Müllsammler dem britischen „Telegraph“ am Wochenende erzählt, er habe schon vor Monaten immer wieder Koffer und sogar Flugzeugsitze am Strand gefunden, diese aber verbrannt. Erst später sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass es sich um Teile des vermissten Flugzeugs handeln könnte.

Wartungssiegel gefunden?

Malaysias Regierungschef Najib Razak hatte in der Nacht auf Donnerstag (Ortszeit) erklärt, das vergangene Woche auf La Reunion entdeckte Wrackteil stamme von der seit fast eineinhalb Jahren verschollenen malaysischen Passagiermaschine. Internationale Untersuchungen in Frankreich hätten den Beweis hierfür erbracht. Verkehrsminister Lai sagte laut der Zeitung „The Star“, auf der Flügelklappe sei ein Wartungssiegel von Malaysia Airlines gefunden worden.

Die französische Staatsanwaltschaft hatte davon nicht berichtet und sich vorsichtiger geäußert. Sie erklärte, sehr viel spreche dafür, dass das Wrackteil Flug MH370 zugeordnet werden könne. Die Identifizierung der Flügelklappe stützte sich auf Informationen des Flugzeugherstellers Boeing und der Fluggesellschaft Malaysia Airlines. Vertreter von Boeing hätten bestätigt, dass das Wrackteil zu einer Boeing 777 gehört, sagte Staatsanwalt Serge Mackowiak in Paris.

Untersuchungen gehen weiter

Außerdem sei die technische Dokumentation der Fluggesellschaft mit dem Wrackteil im Untersuchungszentrum bei Toulouse abgeglichen worden. Das Ergebnis solle noch mit weiteren Analysen bestätigt werden, die am Donnerstag beginnen sollten, sagte Mackowiak. Wie lange diese dauern werden, sei nicht abzusehen.

Experten aus Malaysia, China, Australien, Singapur, Frankreich und den USA hatten das Wrackteil am Mittwoch in Balma bei Toulouse untersucht. Die erste Analyse dauerte am Nachmittag etwa vier Stunden. Das Wrackteil war vergangene Woche auf der zu Frankreich gehörenden Insel La Reunion östlich von Afrika angeschwemmt worden.

Ermittlungsverfahren in Frankreich

Eine Untersuchung der Strömungen zeigte, dass Wrackteile aus dem Gebiet, wo der Absturz vermutet wird, tatsächlich nach La Reunion gedriftet sein könnten. Die Pariser Justiz hatte das Luftfahrttechnikzentrum der Rüstungsbehörde DGA in Balma mit den Begutachtungen beauftragt. In Frankreich läuft ein Ermittlungsverfahren, weil auch Franzosen an Bord der Maschine waren. Paris ermittelt sowohl wegen fahrlässiger Tötung als auch wegen Entführung mit terroristischem Hintergrund.

Karte zu MH370

Grafik: Map Resources/APA/ORF.at; Quelle: APA

Die Fluglinie Malaysia Airlines reagierte erleichtert auf die jüngsten Untersuchungsergebnisse. Die Erkenntnisse der Ermittler, wonach das auf La Reunion angespülte Wrackteil der vermissten Boeing 777 zuzuordnen ist, seien ein „entscheidender Durchbruch“, teilte das Unternehmen laut der Nachrichtenagentur Bernama mit. „Wir hoffen und rechnen damit, dass weitere Objekte gefunden werden, die dabei helfen, dieses Rätsel zu lösen.“

Australische Behörden zuversichtlich

Der Chef der australischen Flugsicherheitsbehörde, Martin Dolan, sagte dem Radiosender ABC am Donnerstag: „Wir sind zuversichtlich, dass wir in der richtigen Gegend suchen, und wir werden das Flugzeug dort finden.“ Das Flugzeug war am 8. März 2014 auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking spurlos verschwunden. An Bord waren 239 Menschen, unter ihnen 153 Chinesen. Satellitensignale legen nahe, dass die Maschine noch sieben Stunden Richtung Süden flog und abstürzte. Die Ursache für den plötzlichen Kurswechsel ist bis heute ein Rätsel.

Muscheln könnten Hinweise liefern

Der französische Luftfahrtexperte Xavier Tytelman erläuterte die anstehende Arbeit der Experten: Sie würden nun der Frage nachgehen, welche Erkenntnisse sich aus dem Wrackteil über den Verlauf des Fluges gewinnen lassen können. So könnte ein Elektronenmikroskop mit bis zu 100.000-facher Vergrößerung Aufschlüsse über den Aufprall des Flugzeugs geben, schrieb Tytelman für die französische Huffington Post. Forscher halten es auch für möglich, dass die Muscheln an dem Wrackteil Hinweise auf die Absturzregion geben.

Forderungen der Angehörigen

Die chinesischen Familien der Opfer an Bord des verschollenen Flugzeugs der Malaysia Airlines reagierten ungläubig auf malaysische Angaben, dass das gefundene Wrackteil von Flug MH370 stammt. „Es ist zu früh zu sagen, dass es vorbei ist“, sagte Wang Zheng, dessen Eltern in der Maschine waren, am Donnerstag der dpa in Peking. „Ich bekomme das Gefühl, dass Malaysia diese Sache so schnell wie möglich abschließen will, anstatt auf unsere Zweifel einzugehen.“ Ähnlich äußerte sich Zhao Shuguo, dessen 19-jährige Tochter an Bord war: „Malaysia will das Problem so schnell wie möglich und so billig wie möglich lösen.“ Die Angehörigen wollen nun Klagen vorbereiten

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