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Neue multinationale Truppe vor Einsatz

Bei der laufenden Offensive gegen die radikalislamistische Terrorgruppe Boko Haram hat die nigerianische Armee nach eigenen Angaben fast 180 Geiseln aus der Gewalt der Miliz befreit. 101 der 178 befreiten Menschen seien Kinder, teilte Armeesprecher Tukur Gusau am Sonntag in einer Erklärung mit. Außerdem sei ein Boko-Haram-Kommandant lebend gefasst worden.

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Gusau erklärte, die Soldaten hätten eine Offensive rund um Aulari im Norden des Landes gestartet. Dabei hätten sie 101 Kinder, 67 Frauen und zehn Männer befreit. Zum Zeitpunkt machte der Sprecher keine Angaben. Aulari liegt rund 20 Kilometer südlich von Maiduguri, der größten Stadt im Nordosten Nigerias. Erst wenige Tage zuvor hatte die Armee die Befreiung von 89 Boko-Haram-Geiseln in der Region bekanntgegeben, darunter 25 Kinder.

Bei Luftangriff „viele“ Tote

In den vergangenen Monaten wurden bereits Hunderte Kinder und Frauen aus der Gewalt der Islamisten befreit. Sie waren insbesondere im Sambisa-Wald festgehalten worden, einem wichtigen - und seit jeher bekannten - Rückzugsgebiet von Boko Haram. Im nahe gelegenen Dorf Bita flog die nigerianische Armee am Sonntag Luftangriffe, um einen Boko-Haram-Angriff abzuwehren. Dabei seien „viele“ Islamisten getötet worden, hieß es.

Karte zeigt Nigeria

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Boko Haram kämpft seit sechs Jahren gewaltsam für die Errichtung eines radikalislamischen Staates im muslimisch geprägten Norden Nigerias. In dem Konflikt wurden nach Angaben der Vereinten Nationen bereits mehr als 15.000 Menschen getötet. Im Frühjahr leistete Boko Haram der Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) den Treueeid. Das und ein vermehrtes Übergreifen des Boko-Haram-Terrors auch über die Landesgrenzen Nigerias hinaus beendete das jahrelang nur halbherzige Vorgehen Nigerias gegen die Gruppe.

Zivilisten als Leidtragende

Am militärischen Kampf gegen Boko Haram sind mittlerweile auch mehrere Nachbarländer Nigerias beteiligt. Zudem soll eine neue multinationale Truppe mit 8.700 Soldaten, Polizisten und Zivilisten aus Nigeria, Kamerun, Benin, dem Tschad und Niger bald einsatzbereit sein. Nigers Staatschef Mahamadou Issoufou sagte am Sonntag in einer Fernsehansprache, die multinationale Truppe sei zur endgültigen „Auslöschung“ „des blinden Terrorismus von Boko Haram“ in der Lage.

Vorerst allerdings rächen sich die Islamisten mit weiterem Terror an der Zivilbevölkerung: Der Luftangriff der Armee vom Sonntag war nur die Reaktion auf einen Überfall von Boko Haram auf das Dorf Malari gewesen, bei dem laut Polizeiangaben am Samstag sieben Menschen getötet wurden. Augenzeugen sprachen jedoch von mindestens 13 Leichen sowie von 27 Verletzten, darunter Kinder. Die Angreifer dürften einmal mehr aus dem Sambisa-Wald gekommen sein.

Flüchtenden in den Rücken geschossen

Die Boko-Haram-Kämpfer hätten in Malari Häuser und Geschäfte niedergebrannt, hieß es seitens der Milizen, die auf der Seite der Armee gegen Boko Haram kämpfen. Einigen der Opfer sei in den Rücken geschossen worden, sie seien also auf der Flucht erschossen worden. Die Extremisten hätten sich auf einem Rachefeldzug befunden, berichtete der 32-jährige Bauer Moha Saleh. „Sie haben uns beschuldigt, den Soldaten gesagt zu haben, wo sie sich verstecken.“

Malari war in den vergangenen Monaten bereits mehrfach Ziel blutiger Angriffe. Im Juli hatte sich dort eine jugendliche Selbstmordattentäterin in einer Moschee in die Luft gesprengt; zwölf Menschen starben. Auch in der Stadt Gamboru an der Grenze zu Kamerun zündeten die Islamisten nach Angaben von Bewohnern der Nachbardörfer am Wochenende zahlreiche Häuser an. Ein nach Kamerun geflohener Bürger von Gamboru sagte einer Agentur, in der Stadt lebe mittlerweile niemand mehr.

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