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Branche zieht Lehren aus MH370-Fall

Flugzeuge in der Luft sollen auch auf langen Distanzen über menschenleeren Gegenden lückenlos überwacht werden. Das ist eine der Konsequenzen, die die Luftfahrtbranche aus dem mysteriösen Verschwinden von Flug MH370 zieht. MH370 war vor einem Jahr mit 239 Menschen an Bord auf dem Flug von Kuala Lumpur nach Peking vom Radar verschwunden und wurde bis heute nicht gefunden.

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„Der Fall hat ein Schlaglicht darauf geworfen, wie schwierig es ist, vermisste Flugzeuge zu orten“, sagte der Generaldirektor des Luftfahrtverbands Asien-Pazifik (AAPA), Andrew Herdman. „Wir müssen uns nur davor hüten, die normale Flugüberwachung mit Daten so zu überlasten, dass es die Sicherheit der 30 Millionen Flüge im Jahr beeinträchtigt“, warnte er.

Gefahr der Datenüberlastung

Ein Ortungssignal könne ohne Aufwand vom ACARS-System an Bord gesendet werden, das im Flug technische Daten übermittelt, sagte Herdman. ACARS (Aircraft Communications Addressing and Reporting System) ist eine technische Einrichtung, die der laufenden Datenübertragung - vor allem an die Fluggesellschaft - dient. „Man darf den normalen Datenverkehr aber nicht überlasten“, so Herdman. Die Kommunikation mit den Piloten etwa über Änderungen der Flughöhe dürfe nicht durch permanente Ortungssignale gestört werden.

Dutzende Satelliten nötig

Für eine lückenlose Ortung über den Weltmeeren seien Dutzende Satelliten nötig, die 2017 bis 2020 in der Umlaufbahn seien, sagte Herdman. Die internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) empfahl Anfang Februar zunächst, dass Piloten sich bei Ozeanüberflügen künftig statt stündlich viertelstündlich melden. Diese Meldungen erfolgen bis heute über altmodischen Funkkontakt.

Längere „Lebensdauer“ der Aufzeichnungsgeräte

Die Branche zieht weitere Konsequenzen aus der seit fast einem Jahr erfolglosen Suche nach dem MH370-Wrack: Neben einer häufigeren Ortung sollen die Aufzeichnungsgeräte der Flug- und Cockpitdaten (Blackbox) und die dazugehörigen Notsignalsender zum Auffinden von verunglückten Maschinen verbessert werden, sagte Herdman. Die Batterien der Notsignalsender sollen künftig deutlich länger als für 30 Tage Energie haben - etwa für drei Monate.

Die Stimmaufzeichnungsgeräte für die Cockpit-Gespräche sollen statt zwei mehr Stunden aufzeichnen, und die technischen Daten aus dem Flugdatenschreiber sollen möglichst schon während des Flugs an eine Bodenstation übermittelt werden.

„Schleudersitz“ für Flugschreiber

Im Gespräch seien auch Black Boxes, die sich im Fall einer Katastrophe vom Flugzeug lösen und beispielsweise an die Wasseroberfläche treiben, statt im Wrack unterzugehen, während sie ein Satellitennotsignal senden, so Herdman. In militärischen Jets werden die Geräte seit langem verwendet. Problematisch sei es aber, wenn sie sich versehentlich lösen und so einen Unfall auslösen.

Airbus arbeite mit der EASA und anderen zusammen, um eine Lösung für die gesamte Industrie voranzutreiben, sagte ein Airbus-Sprecher unlängst. Es gebe allerdings noch keinen Anhaltspunkt, wann die Geräte eingeführt werden sollen. Für den Luftfahrtexperten stehen weniger die Kosten als vielmehr die Bürokratie im Weg.

„Kaum besser als vor 85 Jahren“

Die Internationale Luftverkehrsvereinigung (IATA) gründe lieber Arbeitsgruppen, als sich um konkrete Umsetzungen zu kümmern, kritisierte der Luftfahrtexperte Clive Irving, der mit seiner Kritik nicht alleine dasteht. Das Echtzeittracking von Flugzeugen „ist weder eine technische noch eine finanzielle Herausforderung - sondern eine politische“, sagte etwa auch der Luftfahrtmanager Michael Denis.

Bereits im Sommer ätzten die Luftfahrtexperten Jim Hall und Peter Goelz in einem Kommentar auf CNN: „Wir sind bei der Suche nach dem Flugzeug (MH370, Anm.) kaum besser ausgerüstet, als wir es vor 85 Jahren bei der Suche nach Amelia Earhart waren.“ Bisher habe die IATA aber nichts getan, um das zu ändern, so Hall und Goelz.

Allen Apellen zum Trotz ist auch Irving pessimistisch, dass sich schnell etwas ändern werde. Allerdings hätten die Maßnahmen das Verschwinden der Maschine nicht verhindern, sondern nur helfen können, Zeitpunkt und Ort im Fall eines Unglücks stärker einzugrenzen und Wracks schneller zu finden.

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