Themenüberblick

Neun Mio. Euro Kopfgeld

Todesmeldungen über Mullah Mohammed Omar, den Anführer der Taliban in Afghanistan, hat es schon öfter gegeben. Am Mittwoch gab es allerdings erstmals von hoher afghanischer Regierungsstelle die Bestätigung dafür, berichtete die BBC. Die Regierung kündigte offiziell an, die Behauptungen zu prüfen. Wenig später bestätigte allerdings der afghanische Geheimdienst die Meldungen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Omar sei in einem Spital im pakistanischen Karachi im April 2013 gestorben, bestätigte der afghanische Geheimdienstsprecher Abdul Hassib Seddiqi Mittwochnachmittag gegenüber der Nachrichtenagentur AP: „Wir bestätigen offiziell, dass er tot ist.“ Auch dem Bericht der BBC zufolge soll Omar bereits seit zwei Jahren tot sein. „Wir haben die Bestätigung von den pakistanischen Behörden und Taliban-Quellen, dass er vor zwei Jahren an einer Krankheit in Pakistan gestorben ist“, sagte der Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte. Auch das afghanische Präsidialamt bestätigte, dass Omar tot sei.

Omar war seit 2001 untergetaucht und wurde in Pakistan vermutet. In einigen Medienberichten aus Afghanistan und Pakistan hieß es zuletzt, dass Omars Sohn in seine Fußstapfen trete. Die USA haben auf seinen Kopf eine Prämie von zehn Millionen Dollar (9,1 Mio. Euro) ausgesetzt. Der Aufenthaltsort des Rebellenführers, der sich während der Herrschaft der Taliban als Amir al-Mu’minin („Befehlshaber/Herrscher der Gläubigen“) bezeichnete, war nicht bekannt. Es wurde jedoch vermutet, dass er die afghanischen Aufständischen von einem Versteck in Pakistan aus steuerte.

Friedensgespräche torpedieren?

Während die USA die Angaben über Omars Tod als „glaubwürdig“ einstuften, gab es vonseiten der Taliban anfangs keine offizielle Stellungnahme. Als stellvertretender Sprecher des afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani teilte Zafar Hashemi bei einer Pressekonferenz am Mittwoch nur mit, dass die Regierung die Todesmeldungen über Omar überprüfe. Ein pakistanischer Sicherheitsbeamter hingegen, der anonym bleiben wollte, bezeichnete die Gerüchte als „Spekulation“, um die Friedensgespräche zu stören.

Zafar Hashemi, Sprecher des afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani

APA/AP/Rahmat Gul

Präsidentensprecher Hashemi bestätigte Omars Tod nicht offiziell

Auch wenn der Tod Omars nun über zwei Jahre später offiziell bestätigt ist, bleibt offen, warum sein Ableben just zu diesem Zeitpunkt öffentlich wurde. Am Freitag sollte die nächste Runde der Verhandlungen zwischen Vertretern der afghanischen Regierung und der Taliban stattfinden. Der offizielle Tod Omars könnte den Friedensprozess komplizierter machen. „Ob er tot oder am Leben ist, ist wichtig, weil er eine kollektive Persönlichkeit für die Taliban ist“, sagte ein westlicher Diplomat mit Kontakten zu den Taliban der Agentur AP. Omar habe die Taliban geeinigt. Diese seien gespalten ob sie tatsächlich mit der afghanischen Regierung verhandeln sollen. Die Gespräche würden nun schwieriger.

Botschaft von Omar übermittelt

Die Taliban traten bisherigen Todesmeldungen Omars immer vehement entgegen. Erst vor wenigen Tagen soll Omar Medienberichten zufolge selbst grünes Licht für Friedensverhandlungen zwischen Taliban-Vertretern und der afghanischen Regierung gegeben haben. Die Gespräche seien „legitim“, wenn sie „das Ende der Besatzung Afghanistans“ zum Ziel hätten, verkündete Omar in einer ihm zugeschriebenen Botschaft. Diese wurde als Zeichen einer höheren Kompromissbereitschaft des Taliban-Führers gewertet. Erst Mitte Juli gab es die ersten direkten Gespräche zwischen Taliban und Regierungsvertretern.

Überläufer zum IS

Der weitere Verlauf der Friedensgespräche hängt auch davon ab, wie stark die Taliban im Land bleiben. Denn immer mehr Taliban-Anhänger laufen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) über. Erst vor wenigen Wochen hatten die Taliban den IS davor gewarnt, in ihren Machtbereich vorzudringen.

Im April veröffentlichten die Taliban eine detaillierte Kurzbiografie Omars und reagierten damit offenbar auf die Abwanderung von Kämpfern zum IS. Mit diesem Text sollte auch Spekulationen entgegnet werden, dass Omar bereits tot sei. Über den Militärkommandant Omar hieß es in der Biografie, er werde vom „Feind“ unablässig verfolgt, setze aber davon unbeeindruckt seine „dschihadistischen Aktivitäten“ gegen die „ungläubigen ausländischen Invasoren“ fort. Omar wurde mehrfach für tot erklärt. 1999 überlebte er ein Attentat. Im Kampf gegen die sowjetischen Truppen büßte er bereits in den 1980er Jahren durch ein Schrapnell ein Auge ein.

Abzug der ausländischen Truppen bis 2016

Der blutige Aufstand der Taliban begann nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Damals vertrieben US-geführte Streitkräfte die Radikalislamisten von der Macht in Kabul. Der Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan gehört für die Taliban zu den Kernforderungen für einen Frieden. Die NATO hatte Ende vergangenen Jahres ihren Kampfeinsatz in Afghanistan beendet. Seit Anfang dieses Jahres unterstützt sie mit dem Einsatz „Resolute Support“ die afghanischen Sicherheitskräfte in der Ausbildung. Bis Ende 2016 sollen alle ausländischen Soldaten vom Hindukusch abgezogen werden.

Links: