Scharfe Kritik an Verfahren
Eine fast unendliche Geschichte geht in die nächste Runde: Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) hat nun die drei Casinolizenzen aufgehoben, die das Finanzministerium erst vor einem Jahr für die beiden Wiener Standorte Prater und Palais Schwarzenberg sowie für Bruck/Leitha (Niederösterreich) vergeben hatte. Das BVG bestätigte die Aufhebung einen entsprechenden Bericht der „Presse“.
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Das Gericht war von den Casinos Austria angerufen worden. „Wir sind über die Entscheidung erfreut, wollen sie aber nicht weiter kommentieren“, sagte Casinos-Austria-Sprecher Martin Himmelbauer in einer ersten Reaktion zur APA. Das Gericht habe eine „ordentliche Revision“ gegen die Entscheidung ausgeschlossen, sei sich seiner Sache also offenbar sicher.
„Natürlich enttäuscht“
Für die beiden ursprünglichen Lizenznehmer ist die Entscheidung ein schwerer Rückschlag. Sie müssen ihre Projekte, in die zum Teil bereits Investitionen geflossen sind, auf Eis legen. Das schweizerisch-deutsche Bewerberkonsortium aus Stadtcasino Baden AG und Gauselmann Gruppe ist eigenen Angaben zufolge „natürlich enttäuscht“: „Wir werden die Gerichtsentscheidung genau prüfen und danach unsere nächsten Schritte festlegen“, teilte der Chef der Stadtcasino Baden AG, Detlef Brose, in einer ersten Stellungnahme mit.
Die Errichtung des Grand Casino Wien im Palais Schwarzenberg verzögere sich dadurch weiter, geplante Investitionen von 50 Mio. Euro würden somit noch nicht schlagend, und zusätzliche Einnahmen für den Fiskus aus der Spielbankenabgabe entfielen vorerst.
Transparenzgebot widersprochen
Das BVG stellte in seinen Entscheidungen im Wesentlichen fest, dass wesentliche Details der Bewertungskriterien im Rahmen der Konzessionserteilungsverfahren den antragstellenden Unternehmen nicht im Vorhinein zur Kenntnis gebracht worden seien, was dem Transparenzgebot widerspreche, teilte das Gericht Dienstagnachmittag mit.
Eine Neubewertung der Konzessionserteilungsanträge durch das BVG auf Grundlage der Ausschreibung scheide aus, da bei der Erstellung der Anträge nicht vollumfänglich erkennbar gewesen sei, worauf es dem Konzessionsgeber ankomme. Die Entscheidungen des Finanzministeriums wurden daher aufgehoben.
Gleich einige Fehler
Das Finanzministerium muss das Vergabeverfahren für die drei Spielbankenlizenzen neu aufrollen, falls es weiterhin welche vergeben möchte. Die Bescheide seien fehlerhaft, das Verfahren sei mangelhaft durchgeführt worden, der Beirat im Finanzressort sei nicht gehörig beigezogen worden, und das Ministerium habe auch widersprüchlich argumentiert, fasst „Die Presse“ die Begründung für die BVG-Entscheidung zusammen.
Schwere Vorwürfe
Die Casinos Austria hatten in ihrer Beschwerde ähnliche Vorwürfe formuliert. So wurde bemängelt, dass das Finanzministerium in der Ausschreibung nicht klargemacht habe, dass einzelne Punkte, die entscheidungsrelevant waren (zum Beispiel der Spielerschutz), in Unterpunkte aufgesplittet würden. Kritik kam auch daran, dass die Betreibergesellschaft um das Palais Schwarzenberg in ihrer Satzung nicht erwähne, dass sie Spielbanken betreibt. Diese wiederum konnten die Kritikpunkte nicht nachvollziehen und gaben sich selbstsicher, die bessere Bewerbung abgegeben zu haben.
Vergabe als Politikum
Nicht zuletzt war die Lizenzvergabe aber auch ein Politikum. Der damalige Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte einen Glücksspielbeirat eingerichtet. Der soll sich zunächst für die Vergabe der drei Lizenzen an die Casinos Austrias ausgesprochen haben, dann aber auf die Konkurrenz umgeschwenkt sein. Der Vorsitzende Wolfgang Nolz bestritt allerdings vehement einen Meinungswechsel wie auch politische Interventionen.
Genau über die wurde aber viel gemunkelt. Spindelegger habe sich in der Zwickmühle befunden, heißt es: Die niederösterreichische Landesregierung und damit der mächtige Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) hatte sich offen gegen das - vergleichsweise viel kleinere - Konkurrenzvorhaben der Casinos Austria in Krems und für den Standort Bruck von Novomatic ausgesprochen. Und auch Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) soll sich für Novomatic starkgemacht haben, um den Konzern für das Verbot des kleinen Glücksspiels zu „entschädigen“.
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