Großer Andrang bei Tagung
Der Iran will nach Aufhebung der Wirtschaftssanktionen Europa mittelfristig mit großen Mengen an Erdgas beliefern. „Wir wollen ein großer Lieferant für den internationalen Markt werden“, sagte der iranische Vizeölminister Amir Hossein Samaninia Ende Juli bei einem Investorenforum in Wien. Bei dem zweitägigen Treffen herrschte großer Andrang, auch Österreich hofft auf gute Geschäfte mit dem Iran.
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Der Iran hat die weltweit größten Gasvorkommen und strebt an, bis 2017 die tägliche Produktion von aktuell 700 Millionen Kubikmetern auf 1,1 Mrd. Kubikmeter zu steigern. „Europa könnte mittel- und langfristig möglicherweise ein Markt dafür sein“, sagte Samaninia.
Weniger Abhängigkeit von Russland
Europa ist derzeit zu großen Teilen auf russisches Gas angewiesen. Ratsam wäre, wenn Europa diese Abhängigkeit teilweise reduzieren würde, sagte dazu Lord Norman Lamont, Vorsitzender der Britisch-Iranischen Handelskammer. „Es stünde sehr in Europas Interesse, seine Versorgungsquellen zu diversifizieren.“
Samaninia wies auch darauf hin, dass die Öl- und Gaswirtschaft des Iran „exzellente Möglichkeiten für Partnerschaften und Joint Ventures bietet“. Dafür habe der Iran rund 50 Projekte im Umfang von 185 Mrd. Dollar (169,7 Mrd. Euro) ausgemacht, die bis 2020 realisiert werden könnten. Der Iran hofft, seine Ölproduktion innerhalb eines Jahres um eine Million Barrel (je 159 Liter) pro Tag steigern zu können, sagte Samaninia.
Kurz sieht große Chance
Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte gegenüber der APA und der „Wiener Zeitung“, dass das Atomabkommen eine „Chance für die österreichische Wirtschaft und für die Intensivierung der Beziehungen“ sei. „Wir haben traditionell gute Beziehungen zum Iran, und wenn der Deal implementiert wird und die Sanktionen aufgehoben werden, ergeben sich für österreichische Firmen eine Vielzahl von Möglichkeiten“, so Kurz, der im September gemeinsam mit Bundespräsident Heinz Fischer und einer großen Wirtschaftsdelegation nach Teheran reisen will.
Leitl: Vorbildfunktion für andere Konflikte
Der Iran-Deal könne nun als Vorbild für andere Konfliktlösungen wie etwa des Russland-Ukraine-Konflikts dienen, sagte der Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), Christoph Leitl (ÖVP). Zudem unterstrich Leitl gegenüber APA und „Wiener Zeitung“, dass Österreich nicht erst jetzt nach dem Deal anfangen müsse, Delegationen in den Iran zu schicken und von null anzufangen. „Wir hatten heuer schon sieben Events, und heute ist der achte, und bis Jahresende kommen noch sieben hinzu“, ergänzte er.
Das bilaterale Handelsvolumen soll mittelfristig auf eine Milliarde Euro verfünffacht werden. Österreich habe auch in schwierigen Zeiten immer Kontakte zu Teheran unterhalten, und er sei stolz, dass die Regierung immer Brücken gebaut habe.
Mitterlehner verweist auf „guten Ruf“
Angesprochen auf die Kritik, dass die WKÖ trotz der katastrophalen Menschenrechtslage im Iran nur ans Geschäft denke, meinte Leitl, dass sich die WKÖ an alle Beschlüsse und Sanktionen halte und man nicht „der Schiedsrichter der Welt“ sei. Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wies auf die schon bisher gute Beziehung zum Iran hin. Heimische Unternehmen seien gut auf dem Markt positioniert und würden dort einen guten Ruf genießen.
Der iranische Handelsminister Mohammed Resa Nematsadeh lud EU-Investoren ein, kräftig im Iran tätig zu werden, und kündigte die Bereitschaft Teherans an, der WTO beizutreten, wenn die Sanktionen aufgehoben werden. Das Land wolle in erster Linie seinen Öl- und Gassektor, die Bergbau- und Metallindustrie sowie den Auto- und Autozulieferbereich ausbauen, ergänzte er.
Scharfe Kritik der IKG
Doch auch Kritik am Treffen wurde laut: Vor der WKÖ protestierte währenddessen das irankritische Bündnis „Stop the Bomb“ gegen „den Handel mit den Holocaust-Leugnern und Israel-Feinden“. Auch die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) kritisierte die Konferenz scharf. Die menschenverachtende Politik des Iran werde damit „skrupellos unterstützt“, hieß es in einer Aussendung.
„Die Möglichkeit, ganz offen Geschäfte mit dem Iran zu machen, lässt Verstöße des iranischen Regimes gegen alle bisher geschlossenen Vereinbarungen vergessen. So wird ein Regime als Partner anerkannt, das sich weigert, völkerrechtliche Bestimmungen einzuhalten“, kritisierte die IKG. Die weltweite Gefahr von Terroranschlägen werde zunehmen, denn durch den Wegfall der Sanktionen, könne der Iran wieder ungehindert Terrororganisationen wie Hamas und Hisbollah finanzieren.
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