Preise für Moussaka und Ouzo steigen
Im Griechenland gilt ab Montag eine deutlich höhere Mehrwertsteuer als bisher. Der Steuersatz für viele Produkte und Dienstleistungen steigt von 13 auf 23 Prozent. Die Erhöhung ist eine der Voraussetzungen für den Beginn von Gesprächen mit den Gläubigern des Landes über ein neues Hilfspaket.
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Der neue Steuersatz war vor wenigen Tagen vom griechischen Parlament gebilligt worden. Die griechische Presse listete am Sonntag die Produkte und Dienstleistungen auf, für die sich die Mehrwertsteuer erhöht. In allen Tavernen und Bars etwa werden künftig 23 Prozent für die servierten Getränke und Gerichte fällig. „Unser Ouzo und der Moussaka werden ab Montag leider teurer“, wurde am Sonntag Kostas Sarafis, Kellner einer Taverne nahe der Athener Akropolis von einigen Medien zitiert.
Fleisch, Fisch, Kaffee, Säfte teurer
Auch für alle verarbeiteten Lebensmittel beträgt die Mehrwertsteuer künftig 23 Prozent. Das gilt etwa für frisches und tiefgekühltes Fleisch, Fisch, Kaffee, Tee und Säfte. Eier, Zucker, Kakao, Reis, Mehl, Milchprodukte wie Eis und Joghurt verteuern sich ebenso wie Düngemittel, Kondome und Toilettenpapier. Die griechische Finanzpresse schätzte, dass die Steuererhöhung dem Staat allein bis Jahresende 800 Millionen Euro zusätzlich einbringen wird.
Ministerpräsident Alexis Tsipras ist zwar nach eigenen Worten nicht überzeugt, dass die Reform- und Sparauflagen seinem Land aus der Krise helfen werden, aber er will das Programm dennoch umsetzen. Er entließ die Gegner der Auflagen aus seiner Regierung und ersetzte sie durch enge Mitarbeiter. Die neuen Regierungsmitglieder wurden bereits am Samstag in Athen angelobt.
Banken sperren wieder auf
Unterdessen laufen die Vorbereitungen für eine Wiedereröffnung der seit drei Wochen zwangsweise geschlossenen Banken auf Hochtouren. Ab Montag soll das von der Staatspleite bedrohte Land dann wieder zu etwas Normalität zurückkehren.
Um die Belastungen der Bürger durch die Kapitalverkehrskontrollen etwas zu mindern, sollen die Griechen künftig pro Woche auch auf einmal bis zu 420 Euro abheben dürfen. Bisher waren es höchstens 60 Euro pro Tag. Das führte u. a. zu langen Warteschlangen vor den Automaten. Auf die Geldautomaten sind die Griechen allerdings weiter angewiesen. Am Schalter soll es nach wie vor nicht möglich sein, Geld zu beheben, heißt es in einem Erlass.
Kreditkartenzahlungen im Ausland wieder möglich
Griechische Kreditkarten können ab Montag wieder im Ausland eingesetzt werden - allerdings nur zum Bezahlen von Rechnungen und Einkäufen, nicht für das Abheben von Geld am Automaten. Für Überweisungen ins Ausland brauchen die Griechen nach wie vor eine Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums. Die Finanzlage der Banken gilt nach wie vor als äußerst prekär.
Die Europäische Zentralbank (EZB) weitete deshalb die Notkredite für die unter Druck stehenden griechischen Geldinstitute leicht um 900 Millionen Euro aus. Zuletzt lagen sie bei rund 90 Milliarden Euro. Zudem gewährten die europäischen Partner dem von der Pleite bedrohten Land am Freitag einen Brückenkredit in Höhe von knapp über sieben Milliarden Euro aus dem alten Rettungsfonds EFSM - damit am Montag fällige Kredite beglichen werden können, wie EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis mitteilte.
4,2 Milliarden Euro am Montag fällig
Nach Angaben Dombrovskis’ soll der Kredit von 7,16 Milliarden Euro bis Montag an Athen ausgezahlt werden. Am selben Tag muss Griechenland 4,2 Milliarden Euro an die EZB zurückzahlen. Die EU-Staaten hatten der Brückenfinanzierung bereits am Donnerstag grundsätzlich zugestimmt. Auch die Parlamente in Österreich und Deutschland stimmten dem Beginn von Verhandlungen zu.
Mit dem Brückenkredit soll Zeit gewonnen werden, das im Grundsatz schon vereinbarte neue Griechenland-Hilfsprogramm auszuhandeln. Dafür werden mehrere Wochen veranschlagt. Das neue Paket soll nach bisherigen Planungen bis zu 86 Milliarden Euro für drei Jahre umfassen. Im Gegenzug muss Athen harte Spar- und Reformauflagen erfüllen.
Harte Verhandlungen angekündigt
Mit seiner Regierungsumbildung setzte Tsipras zwar die schärfsten Gegner der von den Geldgebern geforderten Spar- und Reformauflagen vor die Tür - die nun anstehenden Verhandlungen über ein neues Hilfsprogramm dürften damit dennoch nicht leichter werden. Der neue Arbeitsminister Giorgos Katrougalos kündigte vielmehr weiterhin harte Verhandlungen an: „Unser Ziel ist es, das Abkommen nicht einfach abzusegnen, sondern entschieden um die Konditionen zu kämpfen.“
Katrougalos zufolge gibt es jedenfalls noch viele schwammige Bedingungen in dem mit den Geldgebern bisher ausverhandelten Text. Die Regierung werde nun versuchen, das „schlechte Abkommen“ mit den Kreditgebern durch Maßnahmen zur Unterstützung der Armen und des Mittelstands zu „kompensieren“, versprach zudem die ebenfalls neu im Amt befindliche Regierungssprecherin Olga Gerovassili.
Kaum Chancen für das griechische Reformprogramm sieht der ehemalige griechischen Finanzminister Gianis Varoufakis. Dieses sei das „größte Desaster volkswirtschaftlichen Managements der Geschichte“, so Varoufakis in einem Interview mit der BBC. Tsipras habe zwar keine Wahl gehabt, als den Vorgaben zuzustimmen - das Programm sei allerdings „bereits gescheitert“, so Varoufakis. „Wir hatten die Wahl zwischen der Hinrichtung und der Kapitulation“, sagte der Ex-Minister weiter. Und Tsipras habe sich nun für die Kapitulation entschieden.
Kurz sieht Reformdruck
Zumindest leise Zweifel am Erfolg des griechischen Reformprogramms dürfte auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hegen. Er äußerte sich am Samstag sehr vorsichtig dazu, ob Griechenland tatsächlich in der Euro-Zone bleiben wird. Es werde vor allem an den längst überfälligen Reformen liegen, sagte er im Ö1-„Journal zu Gast“. Die Möglichkeit eines „Grexit“, eines Ausstiegs aus der Euro-Zone, ist für Kurz trotz der jetzigen Vereinbarungen kein Tabuthema. Man wisse einfach nicht, wie es in Griechenland politisch weitergehen werde. Die Euro-Zone selbst sei sich jedenfalls einig in ihrer Haltung gegenüber Athen, so der Außenminister.
Rüge für Schäubles „Grexit“ auf Zeit
Bis in die Nationalstaaten hinein scheint diese Einigkeit allerdings nicht immer zu reichen. So erneuerte der deutsche Vizekanzler Sigmar Gabriel am Samstag seine Kritik am deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble und dessen Vorstoß eines vorübergehenden Ausstiegs Griechenlands aus dem Euro. „Diesen Vorschlag als deutschen Vorschlag einzubringen war aus meiner Sicht nicht vernünftig“, sagte Gabriel. Das hätte man „anders machen müssen“, so der SPD-Chef im ZDF-„Sommerinterview“, aus dem die „heute“-Sendung am Samstagabend Ausschnitte zeigte.
Schäuble habe gewusst, so Gabriel, „dass wir in der Sozialdemokratie nur für einen einzigen Fall bereit sind, über ein Aussteigen Griechenlands aus der Euro-Zone zu reden“ - nämlich dann, „wenn die Griechen das selbst wollen“. Kritik an der Verhandlungslinie der deutschen Bundesregierung gegenüber Griechenland wies Gabriel zurück. „Dass wir jetzt einfach sozusagen ins Risiko gehen, ohne dass wir von Griechenland verlangen, dass das Land sich verändert, diese Forderung (...) finde ich nicht richtig“, so der SPD-Chef. „Dann müssten wir es in Italien, Spanien, Portugal genauso machen“, begründete Gabriel die Haltung der Bundesregierung. „Das könnte die Euro-Zone nicht überleben.“
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