Neues Kapitel im Inselstreit
Die Arbeiten an Chinas künstlichen Inseln im Südchinesischen Meer gehen rapide voran, wie neue Satellitenbilder vom Gebiet rund um die Spratly-Inseln zeigen. Seit etwa eineinhalb Jahren zieht China auf den territorial umstrittenen Inseln in Höchstgeschwindigkeit Strukturen hoch und drängt damit seine Nachbarn in die Ecke.
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Ohne Angabe von Details bestätigte die Volksrepublik diese Woche, dass einige der Baumaßnahmen auf den in Besitz genommenen Riffen fertiggestellt seien. Neue Satellitenbilder, veröffentlicht von der US-amerikanischen Asia Maritime Transparency Initiative (AMTI), scheinen das nun zu bestätigen.
Flugpiste und Militärkomplex
Die Bilder des Fiery Cross Reef zeigen laut AMTI etwa eine fast fertiggestellte, drei Kilometer lange Landebahn. Die Insel hat mittlerweile auch einen Hafen mit neun Verladekais, zwei Helikopterlandeplätze, zehn Parabolschüsseln und einen möglichen Radarturm. Die Landebahn könnte laut Experten ein Versuch sein, den Luftraum über den Inseln für sich zu beanspruchen, wie die „Financial Times“ („FT“) schreibt.

AFP/CSIS Asia Maritime Transparency Initiative
Die Flugpiste auf dem Fierry Cross Reef
Auch vom Johnson South Reef, einer weiteren dieser Inseln, gibt es neue Bilder. Hier sind militärische Strukturen zu sehen: Im Zentrum der von einem Damm umringten Insel befindet sich ein mehrstöckiges Militärgebäude mit zwei möglichen Radartürmen. Bis zu sechs Überwachungs- und vier mögliche Waffentürme befinden sich im Bau. Am Johnson South Reef setzt China auf erneuerbare Energie: Es gibt ein Solarkraftwerk mit 44 Paneelen und zwei Windturbinen.

AFP/CSIS Asia Maritime Transparency Initiative
Ein Damm umschließt das Johnson South Reef
Peking schweigt
Binnen eineinhalb Jahren hat China das Fiery Cross Reef mit Sandaufschüttungen von einem Atoll in eine rund 2,7 Quadratkilometer große Insel verwandelt. Obwohl Hunderte Kilometer vom Festland entfernt, beansprucht die Volksrepublik etwa 80 Prozent des Südchinesischen Meers für sich. Überlappende Ansprüche mit den Philippinen, Vietnam, Malaysia, Brunei und Taiwan sorgen regelmäßig für diplomatische Verstimmungen.
In der Frage, wie China seine neuen Strukturen nutzen will, hält sich Peking bedeckt. Neben maritimen Such- und Rettungsaktionen, Katastrophenhilfe und Umweltschutzaktivitäten sollen die Inseln auch nicht weiter definierten Militärzwecke dienen. Das beunruhigt Nachbarn und Kritiker: Sie sehen in der Aufrüstung Drohgebärden, die dazu dienen sollen, territoriale Ansprüche in dem Gebiet zu bekräftigen.
Sorge um Navigationsfreiheit
Wenig begeistert von Chinas Expansionsmaßnahmen zeigen sich auch die USA. Erst letzte Woche hatte der stellvertretende US-Außenminister Antony Blinken Chinas Aktivitäten im Südchinesischen Meer mit dem russischen Vorgehen in der Ukraine verglichen. Die Reklamierungsprojekte seien „eine Bedrohung für Frieden und Stabilität“. Die USA, so Blinken, würden keine Position in der Frage der Ansprüche einnehmen, seien aber sehr daran interessiert, wie diese durchgesetzt würden. Es gehe außerdem um die Sicherstellung des freien Seeverkehrs.
Dieser sei nicht bedroht, versicherte der chinesische Topdiplomat Yang Jiechi nach Gesprächen mit den USA. „Wir glauben, dass es in Zukunft zu keinen Problemen mit der Navigationsfreiheit kommen wird. Wir hoffen, dass die USA unvoreingenommen und objektiv bleiben, damit Frieden und Stabilität in der Region gesichert sind“, so Jiechi in Washington.
USA fordern Diplomatie
Chinas Aktivitäten im Südpazifik tragen auch dazu bei, dass das US-Militär in seinem neuen Strategiebericht nebst Russland auch China als Bedrohung für die nationalen Sicherheitsinteressen einstuft. China würde „Spannungen in der Asien-Pazifik-Region“ verursachen. Im Bericht wird China dazu aufgefordert, „seine Dispute friedlich und in Übereinkommen mit dem internationalen Recht“ zu lösen.

APA/ORF.at
Zankäpfel im Südchinesischen Meer
Die Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer sind seit Jahrzehnten ein Zankapfel zwischen den Anrainerstaaten. Durch die Region mit über 100 weit verstreuten Riffen, Atollen und kleinen Inseln führt eine der weltweit wichtigsten maritimen Verkehrsrouten. Es werden Waren um geschätzte 4,46 Billionen Euro auf der Route transportiert. Zusätzlich gibt es reiche Fischgründe, und es werden erhebliche Erz-, Erdöl- und Gasvorkommen vermutet.
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