Zweifel an strukturellem Nulldefizit
Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) hat für 2016 bis 2019 ein strukturelles Nulldefizit angekündigt. Nicht zuletzt aufgrund der Steuerreform äußerte Fiskalratspräsident Bernhard Felderer Anfang Juli Zweifel an diesem Ziel.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Mit 0,5 Prozent erreichte Österreich 2014 das um Konjunkturschwankungen und Einmaleffekte bereinigte Nulldefizit, das die EU mit maximal 0,54 Prozent der Wirtschaftsleistung definiert. Für heuer werde sich das „sehr wahrscheinlich“ auch ausgehen, meinte Felderer bei der Vorstellung des Berichts über die öffentlichen Finanzen 2014.
Aber für nächstes Jahr „scheiden sich die Geister“. Aufgrund seiner Zweifel an der Gegenfinanzierung der Steuerreform rechnet Felderer mit einem strukturellen Defizit von 1,0 Prozent, möglich sind seiner Auffassung nach aber auch 1,6 Prozent.
Aufgabenverteilung vor Finanzen
Bezüglich der angelaufenen Verhandlungen über den Finanzausgleich wünscht sich Felderer, dass man zuerst klärt, wo die einzelnen Aufgaben am besten erledigt werden können. Erst danach sollte man über die Finanzen dazu reden. Nicht einstimmig empfiehlt der Fiskalrat auch, dass die Politik die Eignung einzelner Steuern im Hinblick auf ihre ökonomische Effizienzsteigerung prüfen sollte. Strukturelle Reformen fordert der Rat weiterhin in alterungsbedingten Aufgabenbereichen, etwa bei Pensionen, Pflege, Gesundheit.
Schuldenreduktion entscheidend
Als wichtigste Empfehlung des Fiskalrates an die Regierung nannte Felderer eine Reduzierung der Schulden. Das sei von zentraler Bedeutung, um die Handlungsfähigkeit des Staates auch in Zukunft zu garantieren. Österreich liegt mit Gesamtschulden von 278,1 Mrd. Euro oder 84,5 Prozent des BIP deutlich über den geforderten 60 Prozent.
27,8 Mrd. Euro oder rund zehn Prozent des Schuldenstandes haben die Bankenhilfen verursacht. Davon gehen wiederum alleine 18 Milliarden auf das Konto der Hypo. Dieser Betrag wird sich nach Ansicht des Fiskalrates noch um die 1,23 Mrd. Euro vergrößern, die Österreich aufgrund des mit Bayern geschlossenen Vergleichs überweisen wird. Felderer betonte aber, dass sich dieser Betrag auch noch deutlich verringern könnte, je nachdem, wie gut die verbliebenen Vermögenswerte der früheren Hypo noch verkauft werden können. Insgesamt rechnet er aber mit einem Gesamtschaden durch die Hypo von gut zehn Mrd. Euro.
„Weltmeister“ bei Haftungen
Als ein Problem machte Felderer auch aus, dass Österreich für 35 Prozent seiner Wirtschaftsleistung Haftungen eingegangen ist. Das ist der höchste Wert unter den Euro-Ländern oder, wie Felderer meinte: „Wir sind Weltmeister in einer nicht sehr ehrenhaften Disziplin.“
Der Fiskalrat unterstützt in diesem Zusammenhang auch die Bemühungen des Finanzministeriums, einheitliche Haftungsobergrenzen für die Bundesländer festzulegen. Außerdem fordert der mit Überwachung der EU-Budgetregeln betraute Rat Verfahrensregeln für den Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit, wie es sie etwa in Deutschland gibt. „Kärnten kann auch anderswo passieren“, meinte Felderer.
In Zusammenhang mit der vom Finanzministerium angestrebten Übernahme des neuen Haushaltsrechts auch durch Länder und Gemeinden warnte Felderer davor, die Gemeinden mit Regeln zu überfordern. Auf regionaler Ebene wären nach Ansicht des Fiskalrates einfachere Vorgaben denkbar.
Links: